Bundesweites Netzwerk „Kein Täter werden“ ist auf gutem Weg
Seit ihrer Gründung vor fünf Jahren hat die Präventionsambulanz des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) 500 Männer mit pädophilen Neigungen beraten. Die Einrichtung sei ein wichtiger Beitrag, Kinder vor sexuellem Missbrauch zu schützen, sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne). „Das Projekt setzt genau dort an, wo es nötig ist: bevor etwas passiert.“ Die Einrichtung arbeitet in Kooperation mit dem Hamburger Kinderschutzzentrum. Nach Angaben von Projektleiter Professor Peer Briken bietet die Ambulanz in Altona neben Beratung auch Therapie in zwei Gruppen mit jeweils 20 Plätzen an. „Wir haben gute Hinweise dafür, dass unsere Arbeit funktioniert“, sagte Briken, der auch Direktor des Instituts für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie ist. In die Therapie aufgenommen werden nur Menschen, gegen die kein Strafverfahren läuft oder die nicht schon verurteilt wurden. Laut einer Studie sehen sich 3,5 Prozent aller deutschen Männer Missbrauchsabbildungen von Kindern an oder hätten dies schon einmal getan, erklärte Briken. In einer repräsentativen Online-Befragung unter 8500 Männern habe mehr als ein Prozent ein sexuelles Interesse an Kindern angegeben. Nur 0,1 Prozent der Befragten hätten allerdings gesagt, dies sei ihre sexuelle Vorliebe. Pädophile gebe es nicht nur in sozial prekären Verhältnissen, die Neigung komme auch vor „bei den ganz normal unbescholtenen Bürgern wie Lehrern, Kinderärzten und Leuten, wie wir sie alle sind“. Ob Pädophilie heilbar ist, sei in der Wissenschaft umstritten. Die Mehrheit der Forscher meine aber, dass es sich um ein sehr konstantes Phänomen handele, das sich nicht wegtherapieren lasse. Es gehe darum vor allem um die Stärkung der Verhaltenskontrolle, damit die Betroffenen nicht übergriffig würden. Er selbst habe allerdings erlebt, dass ältere Patienten ihre pädophilen Interessen im Laufe einer Therapie verloren, sagte Briken. Das Projekt gehört zum bundesweiten Netzwerk „Kein Täter werden“ und wird von der Justizbehörde mit jährlich 100 000 Euro finanziert. Steffen forderte, dass die Krankenkassen die Therapiekosten regulär übernehmen. Deutschlandweit gibt es zehn weitere Anlaufstellen dieser Art, unter anderem in Kiel, Hannover und Stralsund.