TMillionenfach verkaufte Bücher: Wie eine Nottensdorferin weltweit bekannt wurde

Das letzte Buch „Bergkristall“ von Barbara Bartos-Höppner erschien im Juni 2006, einen Monat vor ihrem Tod. Foto: Buchmann
Die 2006 verstorbene Autorin Barbara Bartos-Höppner aus Nottensdorf hatte zahlreiche Kinder- und Jugendbücher geschrieben, millionenfach aufgelegt und in 20 Sprachen übersetzt. Nun wäre sie 100 Jahre alt geworden. Was sie der Welt hinterließ.
Nottensdorf. Stapelweise fremde Bücher auf dem Boden um den rustikalen Jogltisch aus Bayern, aufgeschlagene Landkarten und ein prasselndes Kaminfeuer: So traf Burghard Bartos häufig seine Mutter an, die Autorin Barbara Bartos-Höppner, die bis spät in die Nacht an ihren Büchern arbeitete.

Mit ihren lebhaften Lesungen begeisterte die Autorin Jung und Alt. Foto: privat
„Man musste immer schauen, wo man sich setzen kann“, sagt der 71-jährige Sohn, der während seiner Studienzeit auch den Weg ins Verlegen und Schreiben fand. Barbara Höppner-Bartos schrieb zu Lebzeiten für alle Altersgruppen, von Kinderbüchern wie „Schnüpperle“ oder „Hein Schlotterbüx aus Buxtehude“ bis hin zu prämierten historischen Abenteuerromanen wie „Silvermoon“ oder „Kosaken gegen Kutschum-Khan“.
Ein Leben für das Schreiben
Ihr ganzes Leben habe sie ihren Geschichten gewidmet, sagt Burghard Bartos. Versiert und vielseitig beschrieb Otfried Preußler im Nachruf 2006 die befreundete Kollegin. Konzentriert, abwartend und bedacht skizzierte Kulturkritikerin Sybil Gräfin Schönfeldt 1976 die Autorin, jedoch „besitze sie eine Leidenschaft für jene, von denen sie schreibt und erzählt, die ihre Stimme so tönen lässt, dass es die Zuhörer bezaubert“. So habe sie authentische Bücher über fremde Kulturen geschrieben, ohne selbst jemals dort gewesen zu sein, sagt ihr Sohn. Ihr wichtigster Arbeitsgrundsatz: „Recherche, Recherche, Recherche und eine gehörige Portion Fantasie“, wie sie in einem Interview 2005 bestätigte.

Eine „Erzählrunde“ im Hessischen Fernsehen - anno 1970.Von links: James Krüss, Barbara Bartos-Höppner, Peter Härtling, Otfried Preußler. Foto: privat
Eigentlich wollte seine Mutter, die am 4. November 1923 in Eckersdorf in Schlesien als jüngstes von sechs Geschwistern zur Welt kam, zum Theater gehen, erinnert sich Burghard Bartos. Aber wegen des Krieges sei dies nicht möglich gewesen. 1950 verschlug es die damals 27-Jährige nach Tostedt in den Landkreis Harburg, wo sie als Leiterin einer schlesischen Landsmannschaft ihren späteren Ehemann Christoph Bartos kennenlernte. „Sie war schon damals eine sehr bestimmende Frau, die genau wusste, was sie wollte“, erinnert sich der heute 92-jährige Christoph Bartos und lächelt.
Von Reiselust und lebhaften Lesungen
1954 begann Bartos-Höppner, erste Mundarttexte in schlesischen Zeitungen und Zeitschriften zu veröffentlichen. „Ob Schlesien fest in meinem Gedächtnis präsent ist? Außerordentlich!“, sagte die Autorin 2005 der Zeitschrift „Silesia Nova“. In ihren Büchern hätten schlesische Motive jedoch nur zu Anfang eine Rolle gespielt. So etwa in ihren Märchenbänden, aber auch Büchern wie „Aus einer Handvoll Ton“ oder dem Bilderbuch „Rübezahl“. 1969 bezog die Familie dann ihr eigenes „Haus im Bärenwinkel“ in Nottensdorf, wo Ehemann und Sohn bis heute leben. Einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte Barbara Bartos-Höppner mit ihren Kinder- und Jugendbüchern. Bis heute holen die sogenannten „Schnüpperle-Kinder“ in der Adventszeit die Bücher hervor und lesen sie ihren Kindern und Enkelkindern vor, weiß Burghold Bartos.

In einem kleinen Privatarchiv bewahrt die Familie das Werk der Autorin auf. Ihr literarischer Nachlass wurde an die Universitätsbibliothek Braunschweig gespendet. Foto: Buchmann
Die Autorin sei oft auf Lesereise gewesen, „immer mit einem Übernachtungskoffer und einem Koffer mit Büchern dabei“, so Bartos. Meist sei sie mit dem Zug gereist oder habe sich von Sohn oder Ehemann fahren lassen, denn einen Führerschein besaß die Autorin nicht. Die Reisen und die Lesungen waren ihr jedoch bis ins hohe Alter wichtig, sagt Bartos. Sie habe die Geschichten nicht nur vorgelesen, sondern gelebt. Gestikulierend, flüsternd, lachend, schreiend: „Ihre Lesungen waren eine Ein-Frau-Show.“
Das literarische Erbe
Monika Mönkemeier, die 33 Jahre die Stadtbibliothek in Buxtehude leitete, lernte dort die Autorin kennen. Lesungen der Autorin in Buxtehude waren immer sehr gut besucht, sagt Mönkemeier. In besonderer Erinnerung seien ihr die lebhaften Diskussionen und Gespräche mit der gestandenen und immer neugierigen Frau geblieben, mit der sie bis zuletzt gut befreundet war.

Burghard Bartos (links) und sein Vater Christoph Bartos wahren bis heute das Andenken an die 2006 verstorbene Autorin. Foto: Buchmann
Sie erinnere sich noch an ihren ersten Besuch im Hause Bartos in der Adventszeit. „Dort stand ein hübsch geschmückter Christbaum“, erinnert sie sich. „Jedes Stück wirkte mit so viel Sorgfalt ausgewählt, es war eine wahre Pracht.“ Aber welche literarischen Spuren hinterlässt die Autorin nach ihrem Tod? „Gerade die Silvermoon-Bücher oder die Elbsaga zähle ich zu den Werken, die auch noch weit über ihren Tod hinaus bedeutsam bleiben werden“, sagt Mönkemeier. Am 4. November wäre Barbara Bartos-Höppner 100 Jahre alt geworden. „Was für ein reiches Lebenswerk!“, wie Otfried Preußler in seinem Nachruf auf Barbara Bartos-Höppner schrieb.