TTrockenheit im Kreis Stade: Forst, Landwirtschaft und Allergiker leiden

„Der Pflanzenschutz liegt nur obenauf“: Philip Stallbohm auf einem trockenen Braugerste-Feld. Foto: Bisping
Seit Wochen hat es im Landkreis nicht mehr richtig geregnet. Grillfreunde dürfte das zwar freuen, aber der Umwelt macht es zu schaffen. Wem der Regen besonders fehlt.
Holvede/Rüstje. Gutes Wetter gehört zum Frühling wie Butter zum Brot. Wenn es wie in der aktuellen Trockenperiode allerdings gar nicht mehr regnet, wachsen im Landkreis die Sorgen. Besonders in Forst- und Landwirtschaft könnte die Lage bald prekär werden.
„Wir haben derzeit eine ganz entspannte Situation - vorausgesetzt, es regnet bald.“ Philip Stallbohm aus Holvede ist einer, der sich auskennt. Seit 2014 arbeitet der 37-Jährige als Ringleiter beim Beratungsring Ahlerstedt und berät Landwirte.
Ohne Regen droht Landwirten prekäre Lage
Bis jetzt sei die Trockenheit „eher angenehm“, weil die Landwirte ohne Pause durcharbeiten könnten. „Doch wenn es nicht bald regnet, wird‘s prekär“, sagt Stallbohm. Vor allem für den Winterroggen. Ein weiteres Problem: der Pflanzenschutz.
Da der Pflanzenschutz auf Bodenfeuchte aufbaue, müssten Landwirte jetzt jeden Tautropfen nutzen, sagt Philip Stallbohm. „Die Landwirte müssen sich umstellen und morgens spritzen, denn Tau bindet die Pflanzenschutzmittel.“

Philip Stallbohm mit einer Handvoll Erde vom Braugersten-Feld. Foto: Bisping
Auch die ersten Getreideschläge bräuchten jetzt Wasser. „Die Preise für Getreide sind aber derzeit so schlecht, dass sich Beregnung nicht rechnet“, sagt der Berater. Das Gebot der Stunde heißt also: Wasser sparen, zum Beispiel beim Düngen. „Die Gülle wird direkt streifenförmig eingearbeitet und nicht mehr auf der ganzen Fläche“, sagt Stallbohm.
Kleine Schauer reichen dem Getreide nicht aus
Die Bauern machten sich auch Sorgen um den ersten Schnitt. „Aufgrund der vielen Frostnächte kommt das Grünland nicht aus dem Quark, die Nährstoffe und die ganze Natur warten auf Regen.“ Über das kommende Wetter ist der Berater bestens informiert. „Die ab nächster Woche angekündigten kleinen Schauer werden dem Getreide nicht reichen.“
Die niederschlagsfreie Periode - für Sommergerste, Braugerste und Hafer ist sie herausfordernd. „Sie sind Anfang März gesät worden und haben noch ganz kleine Wurzeln“, sagt Stallbohm, „die werden eher in die Knie gehen.“ Sein Fazit: Ohne Regen gibt es Ertragsprobleme - erst im Wintergetreide, dann im Futterbau und danach bei den Kartoffeln.
Trockenes Laub, trockenes Gras: Vorsicht in den Wäldern
Wie sieht es aus in den Wäldern, herrscht beispielsweise Waldbrandgefahr im Rüstjer Forst? Jobst Böttger, Regionaler Pressesprecher der Niedersächsischen Landesforsten Nordost, sagt: „Viele Leute denken, es kann keine Waldbrandgefahr geben, wenn in der Nacht noch frostige Temperaturen herrschen.“
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Doch aus dem vergangenen Jahr liege sehr trockenes Laub herum und bedeute Brandgefahr. „Die Bäume tragen noch kein Laub, was bedeutet, dass die Sonne auf den Boden fällt und ihn zusätzlich austrocknet, genauso wie der Wind.“
Alles zusammen bedingt Waldbrandgefahr. Auch wenn der Deutsche Wetterdienst für den Landkreis auf seinem Waldbrandgefahrenindex noch Stufe 2 von 5 zeigt. Das sei zwar eine geringe Stufe, sagt Jobst Böttger, aber auch jetzt könne es im Wald brennen, zum Beispiel wenn eine achtlos entsorgte Zigarette auf trockenes Gras treffe.

Gefahr droht bei Funkenflug oder Zigarettenkippen: trockenes Laub aus dem Vorjahr, trockener Boden und trockene Gräser im Rüstjer Forst. Foto: Bisping
„98 Prozent der Waldbrände sind menschengemacht“, weiß Böttger. Ursache seien zum Beispiel Lagerfeuer im Wald. Da gebe es oft nicht beachteten Funkenflug - der sei wahrlich gefährlich.
Im Rüstjer Forst sei die Gefahr jetzt noch nicht so groß. „Dort ist es durch die vielen Laubbäume kühler und feuchter, im Gegensatz zur Lüneburger Heide.“ In Faßberg nahe Munster im Landkreis Celle gelte aufgrund der trockenen Heide und der großen Kiefernwälder jetzt Stufe 4.
Es müsste richtig regnen, und zwar nicht nur einmal. Einen „gesunden Landregen“ wünscht sich Jobst Böttger. Damit sich die Bodenwasserspeicher wieder richtig füllen.
So wirkt sich die Trockenheit auf das Grundwasser aus
Die Trockenheit setzt auch der Grundwasserneubildung zu (das TAGEBLATT berichtete). Laut Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie habe es in den vergangenen Monaten zu wenig Niederschlag gegeben, zu viel Wasser sei verdunstet.
Im März stand so wenig Wasser wie noch nie für die Grundwasserneubildung zur Verfügung. Im Vergleich zur üblichen Menge fehlten 39 Liter pro Quadratmeter.
Zwar seien die Grundwasserspeicher aktuell noch ausreichend gefüllt und die Monate mit den traditionell größten Niederschlagsmengen seien auch April und Mai. Allerdings: Bis Mitte April ist laut dem Deutschen Wetterdienst noch keine Besserung in Sicht.
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Füllen müssten sich auch langsam wieder die Brunnen des Trinkwasserverbands Stader Land. „Wir sind noch nicht besorgt, merken aber, dass der Grundwasserspiegel aufgrund der anhaltenden Trockenheit sinkt“, sagt Geschäftsführer Ralf Burghartz.
Die drei Wasserwerke des Trinkwasserverbands befinden sich in Dollern, Himmelpforten und Heinbockel. „In Dollern ist bisher alles gut, wir sind hier wegen der Marsch in einem feuchteren Gebiet.“ In Himmelpforten hingegen sei das Wasser im Brunnen deutlich zurückgegangen.
„Noch werden Gärten nicht bewässert, der Wasserverbrauch geht derzeit nicht hoch“, sagt Burghartz. Im Moment passe alles noch. „Wenn wir jetzt aber Temperaturen von 18 bis 20 Grad erreichen und alle anfangen zu bewässern, könnte man an Grenzen kommen“, vermutet er.
Gedanken mache sich der Trinkwasserverband schon. „Mit der Wärme sollte der Regen kommen“, sagt Ralf Burghartz, „weil damit der Wasserverbrauch steigt.“
Vermehrter Pollenflug: Allergiker leiden
Die Augen jucken und tränen, die Nase prickelt - Niesalarm: Unter der Trockenheit leiden auch Allergiker sehr, sagt der Apotheker Dr. Mathias Grau aus Horneburg.
„Weil der Boden nicht feucht ist, werden die Pollen durch Wind aufgewirbelt und blockieren die Atemwege von Allergikern“, sagt er. Denn ist der Boden feucht, bleiben Pollen am Boden. Und regnet es, werden sie nach unten gezogen.
Betroffenen empfiehlt er, abends zu duschen und sich die Haare zu waschen - Pollen bleiben eben überall haften. Aus diesem Grund sollten Allergiker ihre getragene Kleidung auch nicht ins Schlafzimmer legen, sondern in einen anderen Raum.
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Könnte denn ein einzelner Schauer schon für Erleichterung sorgen? „Ein täglicher Regenguss wäre für Allergiker gesünder“, sagt Mathias Grau. „Dann können sie im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufatmen.“
Was für Allergiker erschwerend hinzukommt: Pollen seien aufgrund des Klimawandels aggressiver, schreibt Umweltmedizinerin Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann im Gesundheitsmagazin der Krankenkasse AOK unter aok.de.
„Bäume und Gräser haben mehr Stress als früher, weil Temperaturen, Trockenperioden und die Umweltverschmutzung enorm gestiegen sind.“ Als Reaktion darauf produzierten ihre Pollen verstärkt ein bestimmtes Eiweiß. Das sei extrem allergieauslösend für den Menschen.