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Rechtsprechung

T110 neue Schöffen: Sie entscheiden am Landgericht Stade mit

Silvia Pörschmann aus Buxtehude und Ulrich Stahl aus Stade werden für die nächsten Jahre am Landgericht Stade als ehrenamtliche Schöffen arbeiten.

Silvia Pörschmann aus Buxtehude und Ulrich Stahl aus Stade werden für die nächsten Jahre am Landgericht Stade als ehrenamtliche Schöffen arbeiten. Foto: Helfferich

Im Namen des Volkes fällen Gerichte ihr Urteil. Bei Strafprozessen ab einem gewissen Strafrahmen repräsentieren die ehrenamtlichen Schöffen die Bevölkerung. Im Landgerichtsbezirk Stade wurden jetzt mehr als 100 Ehrenamtliche in ihr Amt eingeführt.

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Von Susanne Helfferich
Montag, 18.12.2023, 19:20 Uhr

Landkreis. 110 Anmeldungen gab es für die Einführungsveranstaltung des Landgerichts. Damit hatte Landgerichtspräsidentin Ingrid Stelling nicht gerechnet: „Vor fünf Jahren waren es nur 20 Anmeldungen.“ Diesmal musste ein größerer Raum her. Der Saal im benachbarten Pastor-Behrens-Haus war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Die Schöffen sind frisch gewählt für fünf Jahre und werden nun den Gerichten zugelost. „Sie sind das Bindeglied zwischen der Gesellschaft und den Berufsrichtern“, wandte sich die Präsidentin an die Schöffen, „und Sie haben die Möglichkeit und Aufgabe, Ihr Verständnis von Recht und Gerechtigkeit einzubringen.“ Letztlich übt das Schöffenamt eine demokratische Kontrolle der Justiz aus.

Schöffen haben gleiches Stimmrecht wie Richter

Schöffen werden an allen Überlegungen beteiligt. „Sie werden mit Dingen und Menschen zu tun haben, die Sie sonst nicht kennen. Und Sie werden auch belastende Situationen erleben. Taten werden erörtert, die für Sie unvorstellbar sind. Und Sie müssen objektiv, neutral und fair mitentscheiden“, zeichnete die oberste Richterin im Bezirk Stade auf. Schöffen haben gleiches Stimmrecht wie die Berufsrichter und tragen damit eine große Verantwortung.

Berend Appelkamp und Erik Paarmann, beide Vorsitzende Richter von Großen Strafkammern am Landgericht Stade, zeigten auf, dass das Schöffenamt den Ehrenamtlichen - aber auch Arbeitgebern und Selbstständigen - einiges abverlangt. So werde den Schöffen eine Vielzahl an Terminen mitgeteilt, ohne dass die jeweiligen Strafverfahren bereits feststehen. Ob an allen Terminen tatsächlich verhandelt wird, zeige sich erst in der Hauptverhandlung.

Verhandlungstermine müssen eingehalten werden

Hintergrund ist das Justizgrundrecht auf den „gesetzlichen Richter“. Es legt fest, dass für Rechtsstreitigkeiten und Prozesse bereits zu Jahresbeginn bestimmt sein muss, welches Gericht und welcher Richter sowie welche Schöffen zuständig sind. So wird eine Einflussnahme durch eine gezielte Besetzung im Vorwege verhindert.

Nichtsdestotrotz sind die Termine, durchschnittlich zwölf Sitzungen pro Jahr, verpflichtend. Die Schöffen können nicht während eines Verfahrens ausgetauscht werden. Daher müssten Urlaube rechtzeitig angemeldet werden, erklärte Appelkamp. Und Verhandlungstage haben Vorrang gegenüber beruflichen Verpflichtungen. „Arbeitgeber sind verpflichtet, Ihnen freizugeben“, sagte Appelkamp.

Zu Neutralität und Stillschweigen verpflichtet

Schöffen müssen Neutralität und Stillschweigen über die Beratung bewahren. Sie können sich nicht vorbereiten. Einsicht in die Akten erhalten sie nicht. „Sie sollen ihre Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung schöpfen“, sagt Erik Paarmann, so steht es im Paragrafen 261 StPO. Beruhigend: Weder Berufsrichter noch Schöffe haftet für Fehlentscheidungen.

Erfahrung als Schöffin hat Silvia Pörschmann. Sie hat bereits fünf Jahre beim Amtsgericht Buxtehude das Ehrenamt ausgeübt. „Das war so interessant, dass ich mich jetzt wieder bewarb; diesmal fürs Landgericht“, erzählt sie. Da sie mit einer kleinen Firma selbstständig ist, könne sie sich auch die Zeit einrichten, so die 57-Jährige.

Ulrich Stahl aus Stade ist neu dabei. Er hatte die Notiz im TAGEBLATT gelesen, dass Schöffen gesucht werden. „Ich sehe es als Bürgerpflicht, sich in so ein Amt einzubringen“, sagt der 66-Jährige, „aber da ist auch eine gute Portion Neugier.“ Beide sehen das Amt auch als Chance, Rechtsprechung besser zu verstehen.

So setzt sich das Schöffengericht zusammen

Schöffen werden bei den Amtsgerichten im Schöffengericht, im erweiterten Schöffengericht und im Jugendschöffengericht eingesetzt. Das Schöffengericht und das Jugendschöffengericht sind mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt. Das erweiterte Schöffengericht tagt mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Bei den Landgerichten sind die Schöffen Teil der kleinen und großen Strafkammern, der kleinen und großen Jugendkammern sowie des Schwurgerichts. Die kleinen Kammern sind mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen, die großen Kammern mit zwei oder drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Das Schwurgericht entscheidet mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Das Urteil ist eine Mehrheitsentscheidung: Zwei Schöffen könnten also bei bestimmten Besetzungen den Berufsrichter mit zwei zu eins überstimmen. Und wenn etwa beim erweiterten Schöffengericht eine Patt-Situation entsteht, könnte der Angeklagte nicht verurteilt werden.

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