T31.000 Liter mehr durch Humus: Das Wundermittel gegen Wassermangel
Uwe Mattfeldt ist Geschäftsführer des landwirtschaftlichen Beratungsrings Harsefeld. Foto: Fehlbus
Mehr Wasser auf den Acker zu bringen, ist in der Landwirtschaft schwierig. Es im Boden zu halten, ist der richtige Ansatz, sagt Uwe Mattfeldt vom größten Beratungsring im Landkreis Stade.
Ahlerstedt. Wasser wird knapp, das Wetter extremer. Das ist die Ausgangslage, unter der Beratungsringleiter Uwe Mattfeldt und sein Team Landwirte beraten. Als eine von fünf Institutionen im Landkreis Stade unterstützt der Beratungsring Harsefeld etwa 200 Landwirte. Die von diesen Betrieben bewirtschafteten Flächen von 21.000 Hektar erstrecken sich über sechs Landkreise.
„Die Frage, wie wir mit der knapper werdenden Ressource Wasser umgehen, ist entscheidend für die Landwirtschaft“, sagt der Ahlerstedter. Das „Geheimrezept“: Humus.
Das Wasserspeicherwunder im Boden ist schwarz
„Der beste Umgang mit Wasser ist, es im Boden zu speichern“, sagt Mattfeldt. Das Wasserspeicherwunder im Boden ist schwarz - entstanden durch den Abbau von Pflanzenresten, Kompost oder Mist sowie aus anderen organischen Düngern wie Gülle oder Biogasgärrest. „Humus kann das Drei- bis Fünffache seines Eigengewichts an Wasser speichern“, erklärt Mattfeldt.
Studien der US National Soil Survey zeigten, dass pro einem Prozent mehr Humus im Boden die pflanzenverfügbare Wassermenge um bis zu 1,13 Prozent steigen kann. „Bei einem schluffigen Lehmboden sind das pro Hektar etwa 31.000 Liter mehr nutzbares Wasser“, sagt Mattfeldt.
Ein Prozent mehr Humus wächst in 15 Jahren
Ziel für jeden Landwirt müsse es deshalb sein, die Humusbodenschicht zu erhalten und jedes Jahr ein bisschen wachsen zu lassen. Ein Projekt, das sich nicht über Nacht abschließen lässt: „Ein Prozent mehr Humus dauert rund 15 Jahre, das Abbauen geht schneller, also eine Generationsaufgabe“, sagt Uwe Mattfeldt.
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Mit Einführung der Düngeverordnung 2017 musste der Humusgehalt in den landwirtschaftlichen Betrieben registriert werden. Es ergaben sich Werte von 1,5 Prozent Humus auf richtigem Sandboden. „Auf der Geest sind es 2 bis 4 Prozent im Schwerpunktbereich“, sagt Mattfeldt. „Gibt es eine vielfältige Fruchtfolge sowie organische Düngung und verbleiben viel Erntereste auf der Fläche, kann schnell viel Humus aufgebaut werden“, sagt Mattfeldt. Aber wie geht das, neuen Humus aufbauen?
„Mit Zwischenfrüchten und Gülle“, sagt Mattfeldt. Die beiden ergänzen Stallmist oder Gärreste aus Biogasanlagen als organische Feststoffe. Die Düngeverordnung hat Grenzen gesetzt, aber auch ein Umdenken gefördert.
Veränderungen durch die deutsche Düngeverordnung
Deutschland ist nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Wert von 50mg Nitrat pro Liter im Grundwasser nicht überschritten wird. Das gelang nicht überall.
Die Landwirtschaft wurde als ein Auslöser für die Überschreitung der Grenzwerte ausgemacht. Nach der Novellierung der Verordnung hat sich eine Menge verändert, sagt Mattfeldt. „Früher wurde oft nach der Maisernte auf den kahlen Acker Gülle ausgebracht“, sagt er. Da sei der Stickstoff im Boden versickert. „So etwas macht man heute nicht mehr.“
Zwischenfrüchte wie Senf sammeln Stickstoff ein
Eine weitere Veränderung: Die Berater zeigen die Vorteile von Fruchtfolgen mit der Kombination aus tiefer und flacher wurzelnden Pflanzen auf. Dazu gehören Zwischenfrüchte wie Ölrettich, Wicken, Lupinen oder Senf, die wie eine Hauptfrucht kultiviert werden.
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Sie sammeln Stickstoff ein, bedecken über den Winter den Boden als Erosionsschutz und geben den Stickstoff im Frühjahr zur Vegetationszeit wieder ab. Durch die Wurzeln und Blätter baut sich Humus auf. Bei einigen Kulturen wie Kartoffeln oder Zuckerrüben dienen sie zudem noch als optimale Vorbereitung gegen Schädlinge wie Nematoden im Boden.
Die Marschroute: Weg von Bekämpfung der Symptome
Kartoffeln oder Zuckerrüben werden gelegentlich und bei Bedarf auf der Geest beregnet - anders als Mais oder Grünland. Es ist eine harte Kosten-Nutzen-Rechnung, die Landwirte davon abhält, einfach die große Rundberegnung anzudrehen. „Bis zu 80.000 Euro kann ein Brunnenbau kosten“, sagt Mattfeldt. Der Betrieb ist aufwendig und aufgrund steigender Energiekosten ebenfalls teuer. Allein deshalb geht der Blick in Richtung des richtigen Bewässerungsmanagements.
„Es werden zunehmend trocken- und hitzetolerante Sorten ausgewählt“, sagt Mattfeldt. Es wird hauptsächlich in der Nacht beregnet und Sensoren, Drohnen und Satellitendaten helfen, den Zustand von Boden und Pflanze präzise zu erfassen. Auch in der Landwirtschaft geht es längst ums Wassersparen. „Weg von der Bekämpfung der Symptome, hin zu den Regulationsmechanismen des Bodens“, sagt Uwe Mattfeldt.
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