TAbschalten, beten und Ruhe finden: Sie halten die Liebfrauenkirche offen

Sie machen das Angebot möglich: ein Teil des Teams der offenen Kirche in Horneburg. Foto: Felsch
Die Liebfrauenkirche ist nicht nur sonntags, sondern auch in der Woche offen. Möglich machen das Ehrenamtliche. Warum sie es wichtig finden, dass es dieses Angebot gibt.
Horneburg. In katholisch geprägten Landstrichen sind viele Kirchen auch außerhalb der Sonntagsgottesdienste zu bestimmten Zeiten offen für jedermann. Immer mehr evangelische Kirchen folgen. So auch in Horneburg. „Das haben wir den Ehrenamtlichen zu verdanken, die dieses Projekt betreuen“, sagt Pastorin Dorlies Schulze. „Das ist wirklich fantastisch“, freut sich die Pastorin, das Angebot werde häufig angenommen.
In der Kirche zur Ruhe kommen und abschalten
„Es gibt viele Gründe, hierher zu kommen“, sagt Karin Kühn, die federführend das Projekt nach der Kirchenrenovierung ins Leben gerufen hat. Bereits vor Corona gab es immer mal den Versuch, aber es lief nie so richtig an, erinnert sie sich.
Im Sommer 2023 ging es richtig los. Am 27. August waren die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen, nur einen Tag später konnten die ersten Besucher die „offene Kirche“ in Anspruch nehmen.
Die Idee dahinter: den Menschen ein niedrigschwelliges Angebot anbieten, die sich sonst vielleicht nicht so recht in ein Gotteshaus wagen, erklärt Kühn, die ein Team zusammengetrommelt hat, so dass die Kirche verlässlich von Ostern bis zum Herbstmarkt von Montag bis Sonnabend zwischen 10 und 17 Uhr offen gehalten werden kann. Bisher sind es elf Menschen, die sich dieser Aufgabe widmen. „Weitere Ehrenamtliche werden gesucht, dann könnten wir die Öffnungszeiten ausdehnen“, meint Karin Kühn.
Zwischenstation für Pilger und Reisende
„Da wir auf zwei Pilgerwegen liegen, kommen immer wieder Pilger vorbei, die auf dem Jakobsweg oder auf dem Mönchsweg unterwegs sind“, erklärt die engagierte ehrenamtliche Mitarbeiterin. Sie zeigt die neuen Stempel, mit denen man sich die Zwischenstation bestätigen lassen kann.
Touristen zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto und auch Einheimische - Menschen aller Generationen - nutzen in der Woche die Möglichkeit, eine Kerze anzuzünden, zu beten, sich über Geschichtliches zu informieren oder mal kurz aufzutanken und Ruhe zu finden.
„Wir wollen Menschen die Chance geben, Stille zu erleben“, sagt Evemarie Stephan-Ambacher. Kirchenräume sind mit ihrer klaren Gestaltung und ihrer Ruhe einzigartig, bestätigen Inke Koch und Hannelore Kathenbach, die zum Helferteam gehören.
Offensichtlich sehen die Besucher das genauso, wie die zahlreichen Einträge im Gästebuch zeigen: „Hier fanden wir Ruhe und Geborgenheit“, grüßen drei Pilgerfrauen. Andere Besucher loben die Architektur und die Innenausstattung. „Wer sich für Kirchen interessiert, sollte sich diese unbedingt ansehen“, heißt es auf einer Seite. Und ein anderer schreibt: „Ich brauche Hilfe, bitte beten Sie für mich.“
Gespräche über Gott, die Menschen und die Welt
Erst kürzlich hat die Pastorin eine Frau mit ihrer Tochter in der Kirche angetroffen, die gerade jemanden verloren hatten. „Ich spreche die Leute immer an und frage, was sie hierher führt. Daraus entwickeln sich oftmals interessante Gespräche über alles Mögliche.“
Jugendbeirat
T Jugendliche mischen Horneburger Politik mächtig auf
„Vielerorts beklagen die Kirchen, dass ihnen die Mitglieder wegbleiben, in Horneburg scheint das Gegenteil der Fall“, so der Eindruck von Karin Kühn. Das führt sie auf das Engagement von Pastorin Dorlies Schulze zurück - und auf das ihrer Vorgänger. „Vor 30 Jahren sah das ganz anders aus, es ist schön, dass sich so viel Positives in der Gemeinde getan hat.“ Damit das so bleibt, sind neben der offenen Kirche weitere neue Angebote geplant. Eines davon: An jedem Dienstagnachmittag, ab 15 Uhr, gibt es für die Besucher eine Tasse Kaffee. Damit sich der Aufenthalt in der schönen Kirche doppelt lohnt.
Superintendent Dr. Martin Krarup: Angebot für alle Menschen
Laut dem EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) sind 20.000 evangelische Kirchengebäude in ganz Deutschland für Besucher geöffnet. Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die Menschen, die diese Aktion in den Sommermonaten wahrnehmen, willkommen geheißen werden. Die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers berät Gemeinden, die dieses gastfreundliche Angebot anbieten wollen.
Im Kirchenkreis Buxtehude, zu dem Horneburg gehört, nehmen weitere evangelische Kirchen im Sommer zu unterschiedlichen Zeiten teil, einige nur unter der Woche. Ahlerstedt, Bargstedt, Bliedersdorf (nur am Wochenende), die Petri-Kirche in Buxtehude, Harsefeld, Horneburg - eventuell noch weitere, aber die Homepage der landeskirchlichen Seite wird noch vervollständigt - so Superintendent Dr. Martin Krarup, der sich dafür ausspricht, denn: „Auch viele Menschen, die nicht regelmäßig in den Gottesdienst gehen, sehen die Kirche als Rückzugsort, deshalb ist es wichtig, dass dieses Programm offene Kirche vielerorts umgesetzt wird.“

Hereinspaziert: Karin Kühn, Hannelore Kathenbach, Pastorin Dorlies Schulze, Inke Koch und Evemarie Stephan-Ambacher (von links). Foto: Felsch

Die Horneburger Kirche ist seit 2023 auch in der Woche für Besucher geöffnet. Foto: Felsch
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