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Irish Pub

TAbschied mit Tränen: Die letzte Feier im Fiddler‘s in Stade

Kirsten „Kirsche“ Quell zapft eines der letzten Biere im Fiddler's.

Kirsten „Kirsche“ Quell zapft eines der letzten Biere im Fiddler's. Foto: Alexandra Bisping

„Time to say Goodbye“: Am Donnerstag öffnete Inhaberin Kirsten „Kirsche“ Quell ein letztes Mal die Türen des Fiddler‘s. Viele kamen in den Irish Pub, um sich von ihr und dem Team zu verabschieden. So verlief der emotionale Abend.

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Von Alexandra Bisping
Freitag, 01.03.2024, 19:20 Uhr

Stade. Volles Haus am Donnerstagabend im Fiddler’s. Die Stimmung ist gut - trotz des traurigen Anlasses. Inhaberin Kirsten „Kirsche“ Quell macht noch einmal auf - und dann endgültig dicht. 150 Gäste hatten sich auf den Weg in die Stader Kultkneipe gemacht, um den Irish Pub und die Gastwirtin noch einmal zu feiern.

Doch gerade in diesen letzten Stunden muss „Kirsche“ auf Zeichensprache, Block und Stift ausweichen. Seit Tagen versagt ihre Stimme. Wie emotional „Kirsche“ heute unterwegs ist, zeigt sie warmherzig auf eine andere Art.

Knapp 22 Jahre lang hat sie ihren Pub am Pferdemarkt geführt. Hat ihre Besucher gut unterhalten mit Veranstaltungen, mit Auftritten von Livemusikern, mit Feiern wie jener, als Deutschland 2014 Fußballweltmeister wurde. Es gab Grüne Hochzeiten und andere Feste. Doch jetzt ist Schluss.

Volles Haus am letzten Abend im Fiddler's.

Volles Haus am letzten Abend im Fiddler's. Foto: Alexandra Bisping

Wie berichtet, gibt es für „Kirsche“ mehrere Gründe, einen Schlussstrich zu ziehen. Einer davon: Die Gastwirtin betreibt seit zwei Jahren auch das Eysten auf dem Gelände des Deinster Golfclubs. Zwei Clubs parallel zu lenken wurde zu viel.

Nach der Rede kommen ihr die ersten Tränen

„Kirsche, Kirsche.“ Oft schallt ihr Name am Donnerstagabend durch den Pub. Dann läuft sie los, umarmt Gäste, wird umarmt, wieder und wieder. Stammgäste sprechen auch von der „Fiddler‘s Family“. Es wird deutlich, was sie meinen. Die ersten Tränen fließen, als „Kirsches“ Mann Martin „Mats“ Bube auf der kleinen Bühne die von ihr zu Hause verfasste Rede vorliest. Bewegende Worte, bei denen vermutlich so manchem ein Kloß im Hals sitzt.

„Kirsche“ bedankt sich für eine „unglaublich tolle Zeit“. Aus einem Song von Sarah Connor zitiert sie „Seid nicht traurig“ und fügt mit kleinem Augenzwinkern hinzu „vielleicht ein bisschen“. Die Anwesenden sollten die letzten Jahre feiern und in Erinnerung behalten. Einen großen Dank schickt die Gastwirtin an ihr Team und die Gäste.

Stammgäste mit lustigen Erlebnissen: Katinka Ducksch (von links), Matthias Sobek, Martin Schütt, Dagobert Tiedemann und Melanie Söhl.

Stammgäste mit lustigen Erlebnissen: Katinka Ducksch (von links), Matthias Sobek, Martin Schütt, Dagobert Tiedemann und Melanie Söhl. Foto: Alexandra Bisping

Sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inklusive Security sorgen für das Wohl der Besucher. Horst „Hoschi“ Reelitz fällt leider aus. Ein Urgestein des Fiddler‘s, 26 Jahre war er dabei. Heute liegt „Hoschi“ krank danieder, gibt dem TAGEBLATT aber via Handy Auskunft. Er hatte als Abwäscher im Fiddler‘s begonnen und jetzt unter anderem als Bühnentechniker und Betreuer der Musiker aufgehört. Er sei traurig, sagt er, dass er nicht dabei sein könne.

Bekannte Musiker standen auf der Fiddler‘s-Bühne

Ein paar Berühmtheiten seien einst da gewesen, zum Beispiel Inga Rumpf, Abi Wallenstein und der Gitarrist von Udo Lindenberg, Hannes Bauer. Nicht zu vergessen all die irischen Musiker. „Alles, was in Deutschland rumgereist ist, hatten wir im Laden“, sagt „Hoschi“. Das Pubquiz, sagt er, sei ein „ganz großer Renner“.

Jedes Wochenende habe es Livemusik gegeben. Er selbst sei auch Musiker und habe zum Abschluss noch einmal auf der Bühne des Fiddler‘s gestanden. „Da geht Stade wirklich was verloren“, findet er. „Hoschi“ will weiter als Techniker arbeiten. Trotz aller Traurigkeit zeigt er Humor. „Wenn ich nichts finde, mache ich vorm Rathaus Musik.“

Irish Pub in Stade schließt: Der letzte Abend im Fiddler‘s

Foto: Alexandra Bisping

Waren 15 Jahre lang dem „Fiddler’s“ treu: die beiden Mitarbeiterinnen Sabrina „S...
Waren 15 Jahre lang dem „Fiddler’s“ treu: die beiden Mitarbeiterinnen Sabrina „Sabse“ Arends (links) mit Kirsche Quell und Annalena „Al“ Klintworth. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Kirsten Quell

Kirsche Quell holt die anwesenden Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter für ein letztes...
Kirsche Quell holt die anwesenden Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter für ein letztes Foto auf die Bühne. Foto: Kirsten Quell

Foto: Kirsten Quell

Das Ehemaligen-Treffen aus der vergangenen Woche. „Das waren noch längst nicht a...
Das Ehemaligen-Treffen aus der vergangenen Woche. „Das waren noch längst nicht alle“, sagt Kirsche Quell. Foto: Kirsten Quell

Foto: Alexandra Bisping

Auch Kirsche Quells Patenkind Leah Maria Wehnert ist am letzten Abend dabei.
Auch Kirsche Quells Patenkind Leah Maria Wehnert ist am letzten Abend dabei. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Die Tür des „Fiddler’s“ ist zum letzten Mal für Gäste geöffnet.
Die Tür des „Fiddler’s“ ist zum letzten Mal für Gäste geöffnet. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Martin „Mats“ Bube führt durch das Pubquiz.
Martin „Mats“ Bube führt durch das Pubquiz. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Auch TAGEBLATT-Mitarbeiter feiern mit: Frank Gutberlet (von links), Michael Brun...
Auch TAGEBLATT-Mitarbeiter feiern mit: Frank Gutberlet (von links), Michael Brunsch und Ex-Mitarbeiter Frank Michael. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Er nahm immer zwei Kilkenny und zwei Whiskey Irish Mist: Stammgast Andre Ahlf.
Er nahm immer zwei Kilkenny und zwei Whiskey Irish Mist: Stammgast Andre Ahlf. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Sie mögen besonders die Barkeeper: Nele Meschke (links) und Valea Krause.
Sie mögen besonders die Barkeeper: Nele Meschke (links) und Valea Krause. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Kirsche Quell holt die anwesenden Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter für ein letztes...
Kirsche Quell holt die anwesenden Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter für ein letztes Foto auf die Bühne. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Ein Turm aus Flaschen, erbaut vom Pubquiz-Team „Vorsicht, Falle!“.
Ein Turm aus Flaschen, erbaut vom Pubquiz-Team „Vorsicht, Falle!“. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Die Party im „Fiddler’s“ geht dem Ende entgegen.
Die Party im „Fiddler’s“ geht dem Ende entgegen. Foto: Alexandra Bisping

Foto: Alexandra Bisping

Noch einmal umdrehen und den Blick über das „Fiddler’s schweifen lassen: Kirsche...
Noch einmal umdrehen und den Blick über das „Fiddler’s schweifen lassen: Kirsche Quell tritt den Heimweg an. Foto: Alexandra Bisping

Vor allem für Stammgäste geht eine Ära zu Ende. Viele genießen noch einmal das Pubquiz, das an diesem Donnerstag wie gewohnt stattfindet. Nach eigenen Angaben immer unter den Top drei: das Team „Hauptsache, Alkohol“. Eine große Gruppe junger Leute, die sich aus der Schulzeit kennt oder über Freunde kennengelernt hat. Gut gelaunt sitzen sie an ihrem Tisch, doch das Ende des Fiddler’s bedauern sie sehr. „Ich bin einmal hier gewesen und habe sofort Feuer gefangen“, erzählt Ansgar Walter aus Bliedersdorf. Er sei erst seit einem halben Jahr dabei und finde die Entwicklung „extrem schade“.

Genauso bedauert Teammitglied Chenyang Albert, Student aus Hamburg, das Ende des Pubs. „Es hat sich immer gelohnt, sich für alte Freunde eineinhalb Stunden in den Zug zu setzen und herzufahren“, sagt der gebürtige Deinster. Ein weiteres Teammitglied ist Nils Köhnen. „Wir wollen im Eysten weitermachen und schauen, wie es da ist.“ Die Jungs, echte Fiddler‘s-Fans, sind sich einig: „Hier gibt‘s ein Zuhause-Gefühl, hier treffen wir Freunde. Wir wollen Kirsche auf jeden Fall treu bleiben.“

Viele Gäste sehen in Stade keine Alternative

„Das Fiddler‘s ist der einzige Laden in Stade mit Livemusik und großer Bierauswahl.“ Dieser Meinung sind die Stader Stammgäste Hendrik und Melanie Specht, Thomas Schlosser und Katharina Lechler. Ihr Lieblingsgetränk: Bier, frisch gezapft. Das Gesamtpaket sei hier stimmig. Es habe immer schöne Sonder-Events gegeben und on top eine nette Gastgeberin. Andere Gäste antworten auf die Frage, wo sie in Zukunft hingehen werden: Das Fiddler‘s sei alternativlos - eines der schönsten Komplimente für die Gastwirtin.

Noch einmal hoch das Glas: Die Stammgäste Hendrik und Melanie Specht (von links), Thomas Schlosser und Katharina Lechler.

Noch einmal hoch das Glas: Die Stammgäste Hendrik und Melanie Specht (von links), Thomas Schlosser und Katharina Lechler. Foto: Alexandra Bisping

Wie Chenyang Albert hat auch so manch anderer Stammgast eine weitere Anreise nicht gescheut. Katinka Ducksch ist extra aus Oldenburg nach Stade gekommen. Vor zwei Jahren sei sie umgezogen, bis dahin regelmäßig im Fiddler‘s gewesen. Auch sie sagt, das Fiddler‘s sei „alternativlos - vor allem in dieser Größe“.

Sie ist in Begleitung von Matthias Sobeck, Martin Schütt, Dagobert Tiedemann und Melanie Söhl. „Ein Stück Geschichte geht verloren“, findet Melanie Söhl. Sie habe hier viel erlebt und erinnert sich an einen besonderen Abend. Sie sei schwanger und mit ihrem Mann bis um eins im Fiddler‘s gewesen. „Dann haben um drei zu Hause die Wehen eingesetzt“, erzählt sie. Ihr Mann sei aber noch nicht fahrtüchtig gewesen. „Ich habe dann so lange gewartet, bis er wieder fahren konnte.“

Standing Ovations für Inhaberin „Kirsche“ Quell

Gegen 21.30 Uhr wird vielen schwer ums Herz. Andrea Bocelli und Sarah Brightman intonieren „Time to say Goodbye“. Den Text zum Mitsingen lässt Mats Bube über einen großen Bildschirm laufen. Am Ende dann Standing Ovations für die „tollste Wirtin der Welt“, wie ihr Mann kommentiert. Dabei bekommt nicht nur die Angesprochene feuchte Augen, vielen Gästen geht es ähnlich. Es sei „anstrengend, aber schön“, so „Kirsche“ Quell, sie habe „ein gebrochenes Herz“.

„Mats“ Bube schaut derweil positiv in die Zukunft. Er habe eben auf der Bühne schon zu kämpfen gehabt, sagt er. „Aber im Eysten geht es weiter.“ Das Fiddler‘s nach 22 Jahren loszulassen, falle „Kirsche“ schwer. „Es wird ihr guttun. Und ich bekomme meine Frau wieder“, sagt er lächelnd. Übrigens melden sich im Laufe des Abends für das kommende Pubquiz im Eysten schon mal sechs Teams an.

Die Besten der Besten: Das Team "Vorsicht, Falle!" hat das legendäre Pubquizz am häufigsten gewonnen - nach eigener Statistik.

Die Besten der Besten: Das Team "Vorsicht, Falle!" hat das legendäre Pubquizz am häufigsten gewonnen - nach eigener Statistik. Foto: Alexandra Bisping

Daran werden sicher auch die Mitglieder vom Team „Vorsicht, Falle!“ teilnehmen. Sie waren in viereinhalb Jahren jeden Donnerstag mit dabei - und haben nach eigenen Statistiken 60 Prozent aller Quizze gewonnen.

Auch Vorbesitzer Markus Scheliga verabschiedet sich

Sie sei gerade hin- und hergerissen, sagt „Kirsche“, „aber voller Liebe und Dankbarkeit für die letzten Jahre“. Besonders Markus Scheliga kann sich gut in sie hineinversetzen. Bevor „Kirsche“ den Laden übernommen hatte, war der jetzige Athenaeum-Lehrer vier Jahre lang Betreiber. Es sei „bewundernswert, was sie aus dem Pub gemacht hat“. Ihn verbinde noch mehr mit dem Fiddler‘s, sagt er. Denn er habe seine Frau „hier kennen und lieben gelernt“.

Abschied vom Vorgänger: Markus Scheliga hat den Pub vor Kirsche Quell betrieben.

Abschied vom Vorgänger: Markus Scheliga hat den Pub vor Kirsche Quell betrieben. Foto: Alexandra Bisping

Kurz nach halb eins ist für „Kirsche“ endgültig Schluss. Ihr Mann und sie tragen ein paar Geschenke aus dem Pub ins Auto. Die letzten Gäste werden noch einmal herzlich gedrückt. „Ich bin glücklich und traurig, wie es gelaufen ist“, sagt sie. „Und dankbar.“

Große Fiddler's- und Kirsche-Fans: das Pubquiz-Team "Hauptsache, Alkohol".

Große Fiddler's- und Kirsche-Fans: das Pubquiz-Team "Hauptsache, Alkohol". Foto: Alexandra Bisping

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