TAfD-Kandidatin Kaiser sorgt am Holocaust-Gedenktag für Protest

Marie-Thérèse Kaiser ist schon 2021 für die AfD zur Bundestagswahl angetreten. Sie bekam damals 7,1 Prozent der Erststimmen und landete damit hinter den Kandidaten von CDU, SPD, Grünen und FDP auf Platz fünf. Foto: Wisser
„Volksverhetzerin“: Die Einladung der umstrittenen Spitzenkandidatin im Wahlkreis Stade I-Rotenburg II auf ein Schul-Podium löst heftige Kritik aus.
Tarmstedt. Die KGS Tarmstedt im Landkreis Rotenburg veranstaltet an diesem Montag eine Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl. Eingeladen sind dazu die Direktkandidaten des Wahlkreises Stade I-Rotenburg II. Neben Vertretern von CDU, SPD, Grünen, FDP, Die Linke und Volt wird auch Marie-Thérèse Kaiser von der AfD im Schulforum der Europaschule mit gymnasialer Oberstufe vertreten sein.
Das kritisiert das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus in Rotenburg. Schriftlich teilt die Gruppe mit: „Das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus kritisiert die Einladung der in zweiter Instanz verurteilten Volksverhetzerin und angeblichen Mitarbeiterin von Alice Weidel, Marie-Thérèse Kaiser.“
Vorwürfe gegen AfD-Kandidatin Kaiser
Kaiser lasse demnach in der Lokalpolitik nichts von sich sehen, lesen oder hören, hetze dafür umso mehr im Internet, so Bündnissprecher Stefan Klingbeil. „Sie ist vernetzt mit der extremen Rechten rund um die Identitäre Bewegung.“
Schule ist ein Schutzraum für die Entwicklung von Schülern, unterstreicht das Bündnis: „Die Einladung einer verurteilten Volksverhetzerin bedeutet eine Auslieferung gegenüber rechtsextremer Propaganda.“ Sachliche Inhalte seien von der AfD-Vertreterin nicht zu erwarten.

Seit 2022 ist die KGS Tarmstedt ein Teil des Erasmus-Plus Programmes. Schülerinnen und Schüler verweisen dabei auf die Relevanz der Schule als eine Europaschule. Foto: Katarina Gromilina
Rechtsextremisten müsse man nicht einladen, auch nicht, wenn alle anderen dabei sind. Insbesondere am Holocaustgedenktag sei die Einladung von Rechtsextremisten „an Unwürdigkeit kaum zu überbieten ist“, so der Bündnissprecher. Unterstützung erhält das Bündnis vom GEW-Kreisverband. Dessen Vorsitzender, Günther Justen-Stahl, teilt mit, dass der GEW-Kreisvorstand die Meinung des Bündnisses teile und sich dem Aufruf anschließe.
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Nach Kritik: KGS-Lehrer bezieht Stellung
Organisiert wird die Veranstaltung am Montag in der KGS Tarmstedt vom Politikleistungskurs in der Qualifikationsphase (Q) 1. In einer Stellungnahme reagiert KGS-Lehrer Michael Pedrotti schriftlich auf die Kritik.
„Diese Debatte beschäftigt uns hier tatsächlich bereits den ganzen Tag. Wir beraten intensiv über den Umgang damit, im Sinne der Haltung der Schulgemeinschaft, nicht aber über eine Ausladung der Dame aus Sottrum“, so Pedrotti und kündigt an, dass es während der Veranstaltung am Montag vorab ein Statement der KGS geben werde, „in dem wir deutlich machen, dass gerade dieser historische Gedenktag dazu geeignet ist, allen politischen Vertreterinnen und Vertretern auf dem Podium vor Augen zu führen, in welchem Sinne sie Verantwortung in Wort und Tat für dieses Land tragen“.
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Der Pädagoge stellt klar, dass die Schule keine Veranstaltung für „irgendeine Partei, schon gar nicht für die AfD“, mache, sondern für die Schülerinnen und Schüler der KGS, die dies selbst organisieren und sich „bewusst und nach langer Debatte dafür entschieden haben, diese Debatte mit diesen Parteien und ihren Politikern zu führen“.
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Reale Auseinandersetzung mit politischen Positionen ist wichtig
Politische Mündigkeit bei Wahlentscheidungen sei das Ergebnis einer realen Auseinandersetzung mit politischen Positionen. „Dass wir uns mit der AfD beschäftigen müssen, liegt nicht in der Verantwortung der Schülerinnen und Schüler“, so Pedrotti und ergänzt: „Die eigentliche Bühne für die AfD tragen Kinder und Jugendliche täglich, unkommentiert und unkontrolliert in ihrer Hosentasche. Per TikTok und Co bekommen sie Inhalte der AfD aufgedrängt, die tagtäglich eigentlich dringend mit ihnen diskutiert werden müssten.“
Die Podiumsdiskussion sei ein Rahmen, der zusätzlich zum Unterricht genau dieses biete. Zudem macht er deutlich, dass jedes im Rahmen der Veranstaltung getätigte Statement gegen Volksverhetzung, Rassismus und Menschenfeindlichkeit sehr willkommen sei, „solange es die in der KGS üblichen Debattenregeln nicht überschreitet.“
Auch SPD kritisiert Einladung von AfD-Vertreterin Kaiser scharf
Die Podiumsdiskussion bedürfe einer intensiven Begleitung, schreibt Jürgen Marherr, örtlicher SPD-Vorsitzender. Marherr bezeichnet es als gut, dass sich die KGS Tarmstedt dieser Aufgabe annimmt. „Wir sehen es jedoch als nicht hinnehmbar an, wenn die Direktkandidatin der AfD eingeladen wird, die den in Paragraf 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes beschriebenen Bildungsauftrag der Schule missachtet. Darüber hinaus widerspricht es unseres Erachtens ebenfalls dem Bildungsauftrag der Schule, eine strafrechtlich wegen Volksverhetzung verurteilte Vertreterin der AfD einzuladen“, so Marherr weiter.
„Wenn in der Diskussionsrunde eine Parteivertreterin sitzt, die sich auf ein Wahlprogramm beruft, in dem die ‚Remigration‘ als ein Wahlziel beschrieben und dieses Wahlziel in vielen öffentlichen Verlautbarungen immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dann kann das Angst auslösende Folgen für die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben“, erklärt der Sozialdemokrat.
Die AfD verbreite viele ihrer Vorstellungen und Lügen über soziale Netzwerke. Dadurch habe sie einen starken Einfluss auf das politische Denken von Kindern und Jugendlichen. „Es ist aus unserer Sicht Vorsicht geboten, eine Vertreterin einzuladen, die diese sozialen Netzwerke sehr stark nutzt und dort auch als Influencerin sehr bekannt ist. Wir sehen die Gefahr, dass auch diese Podiumsdiskussion in den sozialen Medien und Netzwerken für verfassungsfeindliche Ziele genutzt wird“, befürchtet er. Der Vorstand der SPD Tarmstedt hat den Lehrern der KGS ein Gespräch zum Thema angeboten, lässt der SPD-Mann wissen. (pm)