TAmeos muss Bremerhavener Klinikum Mitte schließen

Das Ameos-Klinikum Mitte wird ab Mai geschlossen. Entstehen soll ein ambulantes OP-Zentrum. Foto: Scheschonka
Das ist ein Paukenschlag für die Patientenversorgung in Bremerhaven: Wegen des enormen Kostendrucks muss Ameos das Klinikum Mitte ab Mai schließen. Was das für Patienten und Mitarbeiter bedeutet - die ganzen Hintergründe.
Bremerhaven. Ab Mai wird es in Bremerhaven nur noch zwei Krankenhäuser geben. Wegen des enormen Kostendrucks muss Ameos das Klinikum Mitte an der Wiener Straße schließen. Einige Abteilungen werden an das Bürgerpark-Klinikum verlagert, andere Fachbereiche komplett geschlossen. Das Ameos-Klinikum Mitte soll zu einem ambulanten Operations-Zentrum umgebaut werden.
„Wir müssen jetzt handeln, um zu überleben“, begründet Ameos-Regionalgeschäftsführer Stephan Freitag diesen Schritt. Andernfalls wären beide Krankenhausstandorte in Gefahr.
Abteilungen werden geschlossen
Die Fachbereiche Kardiologie, Gefäßchirurgie, Plastische Chirurgie und Nuklearmedizin werden bei Ameos in Bremerhaven ab dem 1. Mai komplett geschlossen. Die Intensivstationen werden zusammengelegt, um Synergien zu nutzen.
Seit Monaten hatte es Gespräche zwischen Ameos, dem Klinikum Reinkenheide und dem Gesundheitsressort in Bremen gegeben - es ging um den Abbau von Doppelstrukturen und um Kooperationen. Zu einer konstruktiven Lösung kam es nicht.
„Wir werden die Standorte neu ausrichten und die stationären medizinischen Leistungen auf das Klinikum am Bürgerpark konzentrieren“, betont die für Bremerhaven zuständige Ameos-Krankenhausdirektorin Katja Loesche.
Ärzte müssen sich neuen Job suchen
Für die Kardiologie hatte Ameos keinen Versorgungsauftrag - der liegt in Reinkenheide. Seit Jahren führt Ameos darüber einen Rechtsstreit mit dem Gesundheitsressort. Trotzdem wurden bei Ameos mehrere hundert Herzinfarktpatienten pro Jahr versorgt.
„Wir haben in unserem Herzkatheterlabor seit Januar schon 200 Herzinfarktpatienten behandelt - oft auch deswegen, weil Reinkenheide oder Cuxhaven keine Patienten mehr aufnehmen konnte“, hatte Kardiologie-Chefarzt Dr. Kadir Yilmaz in einem Interview mit der NORDSEE-ZEITUNG Ende März 2023 gesagt. „Der Bedarf ist groß.“
Der Mediziner muss sich jetzt einen neuen Job suchen, genauso wie sein Kollege und Gefäßchirurgie-Chefarzt Matthias Trede, der vor einem Jahr mit seinem kompletten Team aus dem Klinikum Bremen-Nord nach Bremerhaven gewechselt war. Die Kündigung wird insgesamt bis zu zehn Ärzte treffen.
„Keine Kündigungen für Pflegekräfte“
„Entlassungen von Pflegefachkräften und Funktionspersonal sind hingegen nicht geplant“, betont Loesche. „Wegen des Fachkräftemangels sind wir auf sie angewiesen und möchten ihnen ein Angebot für den Bürgerpark machen. Wir werden mit allen Mitarbeitern jetzt in Einzelgespräche gehen.“
Die Krankenhausleitung informierte die Beschäftigten am Mittwoch über die notwendigen Einschnitte.
Freitag betont, dass der Schritt jetzt notwendig ist, um wenigstens einen Krankenhausstandort von Ameos in Bremerhaven zu sichern und zukunftsfähig aufzustellen.
„Es ist die Konsequenz aus den nicht refinanzierten Kostensteigerungen von 13 Prozent in den vergangenen beiden Jahren durch Inflation und Energiekrise“, erklärt Freitag. „Die Entscheidung fiel auf den Erhalt des Klinikums am Bürgerpark, weil der Standort baulich besser aufgestellt ist und weitere Abteilungen aufnehmen kann.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe beim Krisenmanagement versagt und damit „den Sargnagel für das Klinikum Mitte“ geliefert, betont Freitag.
Ameos hatte die Krankenhäuser in Bremerhaven im Jahr 2014 übernommen. Seitdem gab es immer wieder Stimmen, die in Bremerhaven einen Krankenhausstandort zu viel sahen - zuletzt war ein Gutachter im Auftrag des Gesundheitsressorts zu diesem Schluss gekommen.
Die Behörde von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) muss den Plänen noch zustimmen.
Betriebsrat: Dramatische Botschaft für die Mitarbeiter
Betriebsratsvorsitzender Sönke Petersen spricht von „einer dramatischen Botschaft“ für die Beschäftigten. Der Betriebsrat beobachte seit Jahren, dass Mitarbeiter „aufgrund der Tarifflucht des Arbeitgebers und der belastenden Arbeitsbedingungen das Unternehmen verlassen, zur Konkurrenz wechseln beziehungsweise gar nicht erst zu Ameos kommen.“
Outsourcing und eine hohe Anzahl an Leiharbeitnehmern belasteten zusätzlich das Budget der Krankenhäuser und die Bestandsmitarbeiter. „Dies sind jedoch hausgemachte Ursachen, die – neben den bekannten Problemen, die Krankenhäuser haben - auch dazu führen, dass Abteilungen nicht mehr erfolgreich betrieben werden können“, so Petersen.
„War schon der mehrfach neu geplante Umzug von Geestland nach Bremerhaven vor gerade mal vier Monaten ein Hin und Her, dann ist die jetzige Ankündigung, ein Krankenhaus zu schließen, eine noch dramatischere Botschaft für die Kolleginnen und Kollegen. Die Betroffenen können das Vertrauen in die Handlungen des Managements endgültig verlieren.“ Der Betriebsrat werde alles daran setzen, „Nachteile für Betroffene zu verhindern oder zu mildern“, so Petersen.
So ist die Lage in den Elbe Kliniken in Stade und Buxtehude und der Ostemed-Klinik
„Der Bundesgesundheitsminister nimmt die dramatische Lage nicht ernst“, sagt Seefried. Vielmehr verlasse sich Karl Lauterbach (SPD) offenbar auf die kommunalen Träger. Im Stader Kreishaushalt waren im vergangenen Jahr 15 Millionen Euro als Liquiditätshilfe für die Elbe Kliniken eingeplant, der Kreis Rotenburg zahlte zehn Millionen Euro als Defizitausgleich an die Bremervörder Ostemed-Klinik.
Der Standort in Bremervörde wird auf 150 Betten erweitert. Aktuell sind es 100 Betten. Das sorge für eine Aufbruchstimmung, die bei der Personalgewinnung helfe. Von den 45 Millionen Euro Investitionskosten übernehme das zuständige Land Niedersachsen aber nur zwei Drittel. Der Rest bleibe beim Landkreis Rotenburg hängen. Prietz: „Die Ausgaben für die Krankenhäuser bringen uns schon an finanzielle Grenzen.“
In den Stader Standort der Elbe Kliniken investiert der Landkreis Stade in diesem Jahr 19 Millionen Euro. Die drei Kliniken in Stade, Buxtehude und Bremervörde seien durch Lauterbachs Reformpläne nicht in Frage gestellt.