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Himmelpforten

T„Böses Blut war mir egal“: Warum von Holt alles für den MTV gibt

Willi von Holt widmete sein halbes Leben dem MTV Himmelpforten.

Willi von Holt widmete sein halbes Leben dem MTV Himmelpforten. Foto: Wertgen

Willi von Holt hat dem MTV Himmelpforten 51 Jahre gedient. Als Ballwart pflegte er vier Lederbälle, als Platzwart spulte er 1000 Kilometer ab. Der Sportplatz war sein Wohnzimmer.

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Von Lars Wertgen
Mittwoch, 17.12.2025, 05:50 Uhr

Himmelpforten. Wenn beim MTV Himmelpforten etwas zu tun war, war Willi von Holt da. Über Jahrzehnte galt dieser Satz auf dem Sportplatz wie ein ungeschriebenes Gesetz.

Der 84-Jährige hat dem Verein ein halbes Jahrhundert seines Lebens geschenkt – als Ballwart, Linienrichter, Gerätewart, Platzwart und Kassierer. Der Sportplatz wurde für ihn zu einem zweiten Zuhause, das sauber und gepflegt sein musste.

Kaputte Bälle repariert

Alles beginnt 1973 mit einem erzwungenen Ende. Der damals 31-Jährige hört mit dem Fußball auf. Der Rücken zwingt ihn dazu. Kaputte Nerven lähmen sein rechtes Bein teilweise.

Vom MTV Himmelpforten trennen will er sich nicht. Er bleibt dem Verein als Betreuer der zweiten Mannschaft treu und übernimmt später den Posten des Ballwarts. Der MTV besitzt in den 70ern nur vier Lederbälle.

Von Holt pflegt sie. Er fettet sie ein, pumpt sie per Hand auf. Kaputte Bälle lässt er beim Schuster im Ort reparieren.

Von 1973 bis 1983 ist von Holt Vereinslinienrichter. Damals stellt jedes Team Offizielle für Heim- und Auswärtsspiele. Später fährt er mit Freunden als Zuschauer zu den Auswärtsspielen.

Der Mann für alle Fälle

Als Gerätewart wird von Holt für den MTV zu einem Schweizer Taschenmesser. Er streicht Duschen, repariert Spülkästen und Wasserhähne, bringt Maschinen zum Laufen.

Ab 2002 kommt die Platzpflege dazu: Er mäht den Rasen und kreidet die Spielfelder. Rund 20 Tonnen Kreide und über 1000 Liter Farbe bringt er auf die Plätze, spult fast 1000 Kilometer ab.

Sein Wohnzimmer, seine Ordnung

Keiner kennt den Sportplatz so gut wie von Holt. Wenn es zu stark regnet und ein Spiel auf der Kippe steht, verzichten die Offiziellen sogar auf eine Platzprüfung vor dem Spiel.

„Sie wussten, dass auf unsere Einschätzung Verlass ist“, sagt von Holt. Dieses Vertrauen ist ihm wichtig – genauso wie die Ordnung in seinem Wohnzimmer.

Auf dem Sportplatz steht eine Blockhütte, die man für Feiern mieten kann. Wer das Gelände nicht sauber macht, bevor die Gästemannschaften kommen, den ermahnt von Holt unmissverständlich.

„Das gab vielleicht auch mal böses Blut, aber das war mir egal. Den Nachruf hätte der MTV bekommen, und das wollte ich nicht“, sagt er.

Der Kassierer mit Herz

1992 verpflichtet Walter Kühlke, damaliger Obmann, von Holt als Kassierer. Erst einmal für ein Jahrzehnt. Der „Vertrag“ wird dann immer für weitere zehn Jahre verlängert, lacht von Holt.

An der Kasse zeigt er sein Herz und drückt auch mal ein Auge zu, wenn jemand sein Geld vergessen hat. Einer nutzt dies aus. Er behauptet, nur einen statt der geforderten zwei Euro dabei zu haben.

Von Holt lässt ihn rein. Als dessen Freunde nachkommen - angeblich ohne Geld - zückt der Mann für sie einen Zehn-Euro-Schein. „Der durfte dann auch gleich nachzahlen“, sagt von Holt.

Für 51 Jahre Ehrenamt ausgezeichnet

Am Tag des Ehrenamts zeichnet der NFV-Kreis Stade von Holt zuletzt für mehr als ein halbes Jahrhundert Ehrenamt aus. Eigentlich soll er bereits 2024 geehrt werden, er fällt aber kurz vorher und bricht sich die Kniescheibe.

Damals ruft ihn der mittlerweile verstorbene stellvertretende Vorsitzende des NFV-Kreis Stade, Michael Koch, an und sagt: „Dann machen wir das im nächsten Jahr, und wenn ich dich selbst herfahre“, erzählt von Holt. Die Ehrung hat ihn sehr gerührt.

Auch die Spieler des MTV Himmelpforten zeigen Respekt. Sie grüßen vor Spielen an der Kasse, obwohl es für sie nicht der direkte Weg auf den Rasen ist. „Das ist eine kleine Geste, aber für mich eine schöne Art der Wertschätzung“, sagt von Holt.

Zweimal verheiratet

Fußball sei sein Leben, und manchmal fühle es sich an, als sei er mit dem MTV verheiratet. Sein Herz gehört aber auch seiner Frau Hanna.

Die beiden sind seit 1963 verheiratet, haben drei Töchter, acht Enkelkinder, 13 Ur-Enkel und einen Ur-Urenkel. Dem Nachwuchs, der im Verein spielt, spendiert von Holt Fußballschuhe.

Als ein Enkel mit dem Post SV gegen Himmelpforten spielt und trifft, fällt er jubelnd seinem Opa - dem MTV-Urgestein - in die Arme.

„Die Himmelpfortener haben verdutzt geschaut“, so von Holt. In dem Spiel schlagen zwei Herzen in seiner Brust - und das für seinen Enkel ein bisschen mehr, sagt er.

Gute alte Zeit

Was ihn in den letzten Jahren stört: Die Hilfe wird weniger und die Zusammenarbeit unpersönlicher. Vieles läuft über Nachrichten im Handy.

Er hat wenig Verständnis, wenn sich für Sportplatzdienste nur wenige von mehr als 20 Spielern melden. „Warum machen wir das Ganze eigentlich immer und andere nicht?“, fragt er sich.

„Ich würde nicht Nein sagen.“

Aktuell macht von Holt nichts mehr für den Verein. Der MTV spielt seine Heimspiele am Freitagabend. Für ihn ist es zu gefährlich, im Dunkeln unterwegs zu sein. „Das ergibt keinen Sinn mehr“, sagt der 84-Jährige

Wenn im Sommer aber wieder der Brödenfeldt-Cup ansteht und der MTV ihn fragt, sei seine Antwort klar: „Ich würde nicht Nein sagen.“ Das hat er noch nie gemacht.

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