TDieser Dorfladen kommt im Fernsehen groß raus

Ein Grundsortiment an Lebensmitteln hat Dorfladenbetreiberin Gabriele Cierlitzki immer in ihrem kleinen Geschäft in Midlum vorrätig. Foto: Leuschner
Mit Herzblut und viel Improvisationstalent hat Gabriele Cierlitzki in Midlum einen tot geglaubten kleinen Dorfladen zu neuem Leben erweckt. Jetzt steht das Geschäft im Mittelpunkt einer TV-Reportage.
Midlum. Gabriele Cierlitzki ist wieder angekommen. Nicht nur mit Inventar und ihrem kleinen Team, sondern auch im Herzen. Seit gut fünf Monaten bedient die 72-Jährige die Dorfladen-Kundschaft wieder am gewohnten Ort an der Dorfstraße 6 in Midlum.
Das Ladenlokal im Kioskformat hatte sie im Sommer 2020 mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Helmut entdeckt. Wenige Wochen später eröffnete das Paar das mit Baumarkt-Regalen und gebrauchtem Tresen spartanisch möblierte Geschäft. Der Laden kam so gut an, dass Cierlitzki über eine Erweiterung nachdachte.
Profiküche für die hausgemachten Frikadellen
Neben einer kleinen Profiküche für ihre hausgemachten Frikadellen stand eine Café-Terrasse auf ihrer Wunschliste. Die Gemeinde Wurster Nordseeküste, der die Immobilie gehört, erkannte das Potenzial für das Dorf. Sie investierte – inklusive Fördermitteln – mehr als eine halbe Million Euro in den Ausbau des Gebäudes.

Der Midlumer Dorfladen während der Sanierungsphase. Mittlerweile ist der beigefarbene Putz einer weiß-gelben Streifenfassade gewichen. Foto: Leuschner
Gabriele Cierlitzki zog während der Umbauphase mit ihrem Personal zweimal um. „Vor allem, um den Kontakt zu den Kunden zu halten“, sagt sie und erinnert sich an eine herausfordernde Zeit, denn immer wieder gab es auf der Baustelle Probleme. Doch aufgeben ist nicht Cierlitzkis Sache. Am Ende gefiel es ihr und ihrem Team in der zweiten Ausweichverkaufsstelle, dem Midlumer Heimathaus, so gut, dass sie gar nicht so recht zurück wollte in den runderneuerten Dorfladen.
„Mittlerweile fühlen wir uns hier aber wieder sehr wohl“, resümiert die 72-Jährige. „Die Kunden nehmen uns sehr gut an.“ Die Kundenzahl sei sogar gestiegen, auch wenn der Monat Dezember ruhiger verlaufen sei. Sorgen macht sich Cierlitzki deswegen nicht: „Das ist jahreszeitbedingt. Sobald die Sonne wieder mehr scheint, sind die Leute da.“
Dorfladen bietet auch Ware von regionalen Erzeugern an
Vom Bäckerbrot bis zum Käse und vom Weißwein bis zur Druckerpatrone kann man in dem kleinen Laden (fast) alles für den täglichen Bedarf bekommen. Auch mit Eiern, Wurst, Obst und Kartoffeln von regionalen Erzeugern füllt Cierlitzki die Auslagen. Doch das ist nicht der Grund, warum das kleine Geschäft mit Lotto- und Postservice so beliebt ist.

Bestandteil des Dorfladens ist eine kleine Profiküche, in der Betreiberin Gabriele Cierlitzki kocht oder – wie hier – Brötchen belegt. Foto: Leuschner
„Kunden kaufen hier vor allem Brötchen, Zigaretten und das, was sie im Supermarkt vergessen haben. Davon kann man nicht existieren“, macht Cierlitzki deutlich. Nach fünf Jahren Dorfladen-Erfahrung in ihrer Wahlheimat Wurster Nordseeküste weiß die gebürtige Ruhrpottlerin: „Man muss die Leute hereinlocken in den Laden.“ Mit ihren hausgemachten Frikadellen funktioniert das längst.
Mittlerweile bietet sie nicht mehr nur Fleischklöße, sondern – einmal in der Woche – ein deftiges, selbst gekochtes Mittagessen an. „20 bis 25 Leute reservieren das immer“, erzählt sie. Ein Motorradclub treffe sich sogar extra wegen des Essens samstagmittags zum Stammtisch bei ihr.
Cateringservice und Café-Betrieb an den Wochenenden
Obendrein hat sie einen kleinen Cateringservice in ihr Portfolio aufgenommen. „Das läuft richtig gut“, freut sich Cierlitzki. Ab Frühjahr soll auch die neu gebaute Terrasse hinter dem Laden verstärkt zum Einsatz kommen. Dann wird der Laden sonnabends und sonntags nicht nur vormittags, sondern bis 18 Uhr geöffnet sein. „Kaffee, Kuchen und Eisbecher gehen nachmittags nun mal am besten.“
Die Idee, wenigstens einen der sieben Wochentage zum Ruhetag zu erklären, hat sie vorerst verworfen. „Da spielen meine Mitarbeiterinnen nicht mit“, sagt sie lachend.

Viel mehr als Kolleginnen: Dorfladen-Betreiberin Gabriele Cierlitzki (rechts) mit ihrer Mitarbeiterin und Freundin Marianne „Mary“ Krzyzostanek. Foto: Leuschner
Nicht nur im Hinblick auf Kundenservice, auch technisch ist Gabriele Cierlitzki auf der Höhe der Zeit. Weil niederländische Kunden vom nahe gelegenen Campingareal ihre EC-Karten bei ihr im Laden nicht nutzen konnten, hat sie ein neues EC-Gerät mit erweiterten Bezahloptionen angeschafft. „Ansonsten“, sagt sie, „würde ich sehr viele Kunden verlieren.“
Eine kurze Auszeit vom Dorfladen-Alltag
Sogar eine Auszubildende betreut Cierlitzki. Sie hofft, dass die junge Frau den Laden einmal übernimmt, wenn sie sich selbst nicht mehr fit genug fühlt. In den nächsten Monaten steht gemeinsames Lernen auf dem Programm, um dem Lehrling bei der Abschlussprüfung zum Erfolg zu verhelfen. „Dafür habe ich mir bei der IHK Prüfungsfragen aus dem vergangenen Jahr besorgt, die wir dann gemeinsam durchgehen.“
Doch manchmal muss der Dorfladen-Alltag auch pausieren. Wie am gestrigen Donnerstag, als sie das Geschäft eine Stunde früher schloss. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie die Erstausstrahlung der Nordreportage „auf einem richtigen Fernseher“ angesehen. Gleich mehrmals war ein Fernsehteam vor Ort, um den Laden und sein Team zu porträtieren. Nach der 30-minütigen Sendung ging es allerdings wieder zurück ins Geschäft. „Die Abrechnung macht sich nicht von alleine“, sagt die Dorfladenbetreiberin und lacht.
Die Nordreportage
Für das NDR-Magazin „Die Nordreportage“ hat ein Kamerateam den Dorfladen in Midlum besucht und den Umzug des Tante-Emma-Ladens in neue Räumlichkeiten begleitet. Zum ersten Mal ausgestrahlt wird die 30-minütige Nordreportage mit dem Titel „Ein kleiner Dorfladen ganz groß“ am Donnerstag, 23. Januar, ab 18.15 Uhr im NDR-Fernsehen. Außerdem ist die Episode in der ARD-Mediathek zu sehen.