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TDieses Projekt berührt: Wie Schüler in Riensförde von Senioren lernen

Adolf Bastron und Mia Schleicher bauen gemeinsam ein Geschicklichkeitsspiel.

Adolf Bastron und Mia Schleicher bauen gemeinsam ein Geschicklichkeitsspiel. Foto: privat

Im Stader Stadtteil Riensförde prallen zwei Welten aufeinander - die der Oberschüler und die der Pflegeheimbewohner. Ein Projekt bringt beide zusammen.

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Von Lena Stehr
Mittwoch, 22.10.2025, 15:50 Uhr

Stade. Mittwochmorgen in der Tagespflege des Pflegeheims Haus Heidbeck im Stader Stadtteil Riensförde. Der 90-jährige Adolf Bastron schneidet Schaumstoffteile zurecht und bohrt große Löcher in eine Sperrholzplatte.

Er baut ein Geschicklichkeitsspiel, in dem sich die Senioren gleich in mehreren Wettkämpfen messen werden. Hilfe bekommt der ehemalige Tischler heute nicht nur vom Pflegeteam, sondern auch von zwei Schülerinnen.

Schüler kommen einmal pro Woche ins Pflegeheim

Anastasia Pfeil und Mia Schleicher nehmen am neuen Wahlpflichtkurs der Oberschule Riensförde teil. Insgesamt 18 Siebtklässler sind einmal in der Woche im Pflegeheim und begleiten beim sogenannten Job Shadowing wie ein Schatten - auf Englisch Shadow - die Mitarbeiter bei der Arbeit. Job Shadowing ist die Vorstufe eines Praktikums.

Im Haus Heidbeck verbringen Oberschüler einmal in der Woche Zeit mit den Senioren.

Im Haus Heidbeck verbringen Oberschüler einmal in der Woche Zeit mit den Senioren. Foto: Stehr

Einige Schüler gehen dabei mit dem Hausmeister auf Tour, andere helfen im Garten oder in der Küche, wieder andere bekommen Einblicke in IT und Verwaltung. Manche nehmen auch an der Senioren-Gymnastikgruppe teil, die von angehenden Physiotherapeuten geleitet wird. Egal, welchen Job die Schüler beobachten, immer kommen sie dabei auch mit den Heimbewohnern oder den Gästen aus der Tagespflege in Kontakt. Darum geht es auch in erster Linie.

„Uns liegt daran, dass die Jugendlichen nicht nur mögliche Jobperspektiven bekommen und Vorbilder finden, sondern auch lernen, respektvoll mit älteren Menschen umzugehen und ihr Sozialverhalten verbessern“, sagt Oberschullehrerin Susanne Boinowitz.

Sie macht keinen Hehl daraus, dass so mancher Oberschüler womöglich Unruhe in die einst ruhige Wohnsiedlung bringt. Nicht alle nähmen immer Rücksicht und drängelten zum Beispiel auch mal an der Bushaltestelle, wenn neben ihnen Senioren stehen. Vor kurzem musste sogar die Polizei anrücken, weil sich Jugendliche - darunter auch zwei Oberschüler - auf dem Schulgelände und auf dem Famila-Parkplatz geprügelt hatten. Das wirft kein gutes Licht auf die 2023 eröffnete Schule.

Diese Oberschüler helfen einmal in der Woche dabei, den Garten am Haus Heidbeck zu pflegen.

Diese Oberschüler helfen einmal in der Woche dabei, den Garten am Haus Heidbeck zu pflegen. Foto: Stehr

Mit dem Projekt, das zunächst für ein Schulhalbjahr läuft, sollen die Bindung zum Quartier und gute Nachbarschaft gefördert werden. „Wir wollen zusammenwachsen“, sagt Susanne Boinowitz.

Der Heimalltag wird bunter und lebendiger

Von der Idee war auch Einrichtungsleiterin Ann-Christin Martens schnell überzeugt. „Vorurteile werden abgebaut, alle lernen voneinander, der Alltag wird bunter und lebendiger für unsere Bewohner und Gäste und auch für die Mitarbeiter“, sagt sie. Inzwischen hätten sich die Schüler-Mitarbeiter-Teams gut eingespielt. Die Jugendlichen, die anfangs sehr aufgeregt und laut gewesen seien, gehörten richtig dazu. Und die Bewohner freuten sich auf jeden Mittwoch.

Alina und Madina von der Oberschule haben heute Blumenzwiebeln eingesetzt.

Alina und Madina von der Oberschule haben heute Blumenzwiebeln eingesetzt. Foto: Stehr

Das ist besonders in der Tagespflege zu spüren. Hier sitzen sich gerade Mia Schleicher und Adolf Bastron gegenüber. Beide halten die große Sperrholzplatte fest und versuchen, grüne Bälle in die Löcher zu bugsieren. Gar nicht so einfach. Anastasia versucht, zusammen mit Tagespflegebesucherin Simone Stelling schneller zu sein als die anderen beiden. Alle vier lachen viel.

„Wir kommen gerne her, spielen und basteln mit den Senioren, gehen mit ihnen spazieren und unterhalten uns“, sagt Mia. Neulich hat die Zwölfjährige eine Frau aus der Tagespflege auf der Straße wieder erkannt und kurz mit ihr gesprochen. Das habe die Seniorin so sehr gefreut, dass sie es am nächsten Tag gleich erzählt habe, sagt Pflegedienstleiterin Ilka Lippert.

Mittlerweile spielen Mia und Anastasia auch mit anderen Senioren das Geschicklichkeitsspiel. Die Stimmung ist super. Wer am Ende gewinnt, ist nebensächlich. Wichtiger ist, dass die Schülerinnen am nächsten Mittwoch wiederkommen. Darauf freuen sich alle.

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