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TEine Ära endet: Im Aschhorner Moor wird kein Torf mehr abgebaut

Nach gut 60 Jahren ging bis zum Jahreswechsel 2024 im Aschhorner Moor die Ära des Torfabbaus zu Ende.

Nach gut 60 Jahren ging bis zum Jahreswechsel 2024 im Aschhorner Moor die Ära des Torfabbaus zu Ende. Foto: Knappe

Nach mehr als 60 Jahren endete 2024 im Aschhorner Moor die Ära des Torfabbaus. Auch die letzte Abbaufläche im Norden des Moores soll wiedervernässt und Wildnis werden.

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Von Katja Knappe
Mittwoch, 15.01.2025, 19:45 Uhr

Drochtersen. Das Aschhorner Moor ist ein Teil des großen Kehdinger Moorgürtels, der sich zwischen Oederquart und Stade auf einer Länge von rund 22 Kilometern im Laufe von 7000 Jahren entwickelt hat. Seit den 1960er Jahren wurde im Aschhorner Moor Torf abgebaut.

Bereits seit rund 25 Jahren wiedervernässen die Euflor-Humuswerke, die inzwischen zur Stender AG gehören, die abgetorfte Fläche, inzwischen rund 400 Hektar. Die Unternehmensgruppe stellt nach eigenen Angaben die Produktion um auf torffreie Pflanz- und Blumenerden.

Wildnis statt Torfabbau

2022 kaufte die Deutsche Wildtierstiftung rund 471 Hektar des Aschhorner Moores von den Humuswerken mit Mitteln des Wildnisfonds des Bundesumweltministeriums. Um ein vorzeitiges Ende des Torfabbaus zu erreichen, das heißt, sechs Jahre eher als geplant, wurden für die noch aktiven Torfabbauflächen die Abbaurechte erworben. Die Stiftung will ein neues Moor-Wildnisgebiet schaffen. Bereits 2022 hatte der Landkreis Stade große Teile des Kehdinger Moores, darunter auch Flächen in Aschhorn, unter Naturschutz gestellt.

Intakte Moore leisten wichtige Beiträge zum Klimaschutz, sie gelten als die größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher. Pro Hektar können intakte Moorböden 700 Tonnen Kohlenstoff binden. Ein Hektar wachsendes Hochmoor kann der Luft mehr als eine Tonne Kohlendioxid pro Jahr entziehen.

Letzte Abtorffläche wurde dünner abgebaut

Seit dem Kauf sei auf der letzten, rund 74 Hektar großen Abtorffläche im Norden des Aschhorner Moores weniger tief abgetorft worden, berichtet Flächenmanagerin Petra Riemann von der Wildtierstiftung. Das Moor verfügt über eine Torfmächtigkeit von rund 6,5 Metern. Normalerweise werde eine Schichtstärke von rund 1 bis 1,20 Meter abgebaut. Durch eine entsprechende Vereinbarung sei aber seit dem Flächenkauf auf der Restfläche weniger tief abgebaut worden, berichtet Riemann: Damit mehr Rohtorfvorrat im Moor verbleibt - das verbessert die Bedingungen für die Renaturierung.

Die Deutsche Wildtierstiftung hat mittlerweile weitere Fördermittel beantragt, um in den kommenden Jahren noch knapp 30 Hektar Fläche im Bereich Aschhorner Moor dazukaufen zu können: Damit soll das Projektgebiet auf 500 Hektar vergrößert werden. Das ist die Mindestgröße, die für Moor-Wildnisgebiete im Sinne der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) gefordert wird.

Gräben werden geschlossen und Dämme gebaut

Petra Riemann von der Stiftung freut sich, dass nun auch die letzte Abtorffläche renaturiert werden kann. Die Wiedervernässung übernimmt das Humuswerk. Entwässerungsgräben werden wieder geschlossen und Dämme errichtet. So sollen Senken entstehen, in denen sich das Wasser stauen kann. „Wir brauchen dazu das Regenwasser. Dann quillt der vorhandene Moorkörper auf. Wenn das Nährstoffmilieu sich angeglichen hat, kommen die Torfmoose“, erläutert Riemann. Bei guten Bedingungen wächst ein Torfboden pro Jahr um einen Millimeter.

Im Aschhorner Moor zeigt sich ein Mosaik aus unterschiedlichen Stadien der Moorrenaturierung. Wasserflächen - regelrechte Seenlandschaften -, die durch die Moorrenaturierung entstehen, wachsen in späteren Stadien der Moorentwicklung wieder zu.

Jungclaus-Heide braucht dringend Dichtwände

„Im Aschhorner Moor gibt es auch eine rund sechs Hektar große Fläche, die Jungclaus-Heide, die ist nie abgetorft worden“, erzählt Riemann. Dort wächst der moortypische Sonnentau. Allerdings degradiere diese wertvolle Moorfläche gerade, weil sie nicht ausreichend Wasser halten könne. Deshalb müssten an den umgebenden Gräben Dichtwände aus Torf errichtet werden. Dafür habe die Wildtierstiftung inzwischen Fördergeld beantragt, sagt Riemann.

Der Verein zur Förderung von Naturerlebnissen fährt im Moorkieker, einer umgebauten Torfbahn, regelmäßig Naturinteressierte und Touristen über das Gelände. Diese Art der touristischen Nutzung soll auch künftig möglich sein.

Vor drei Jahren hatte die Wildtierstiftung mit Kartierungen begonnen. Es finden sich im Aschhorner Moor fünf Biotoptypen: Nasse Brachen, Birkenbruch, Flachseen, kleinere Stillseen und Röhrichte. 75 Brutvogelarten seien festgestellt worden, darunter auch gefährdete Rote-Liste-Arten wie Kleinspecht, Pirol, Löffelente, Bluthänfling und der Rohrmilan. Außerdem gibt es zahlreiche Teich- und Moorfrösche und 24 Libellenarten, darunter die seltene nordische Moosjungfer.

Drüsiges Springkraut zwingt zu Rupfaktionen

Für dieses Jahr sei zudem eine Bestandsaufnahme von Tagfaltern, also Schmetterlingen, geplant, sagt Riemann. Außerdem soll es ein hydrologisches Gutachten mit Luftaufnahmen geben. Die sollen Aufschluss darüber geben, ob und wo Bodenarbeiten zu Nivellierungszwecken nötig sind. Auch zehn Torfwasser-Messstellen und zehn Vegetations-Kontroll-Quadrate wurden mittlerweile angelegt, die regelmäßig kontrolliert werden.

An einigen Stellen wuchert im Moor das eingeschleppte Drüsige Springkraut. Dem invasiven Neophyt soll bei Rupfaktionen im Mai und Juli der Garaus gemacht werden.

Die grünen Fitzelchen in der gefrorenen Wasseroberfläche sind wertvolle Torfmoose. Sie zeigen, dass auf etlichen bereits wiedervernässten Flächen im Aschhorner Moor die Neubildung von Moor bereits eingesetzt hat, erläutert Petra Riemann von der Wildtierstiftung, die die Flächen des Aschhorner Moors gekauft hat.

Die grünen Fitzelchen in der gefrorenen Wasseroberfläche sind wertvolle Torfmoose. Sie zeigen, dass auf etlichen bereits wiedervernässten Flächen im Aschhorner Moor die Neubildung von Moor bereits eingesetzt hat, erläutert Petra Riemann von der Wildtierstiftung, die die Flächen des Aschhorner Moors gekauft hat. Foto: Knappe

Dieses Bodenmodell des Vereins zur Förderung von Naturerlebnissen zeigt die verschiedenen Torfschichten im Moor. Auf der letzten Abbaufläche haben die Euflor-Humuswerke nach entsprechenden Vereinbarungen mit der Wildtierstiftung weniger stark abgetorft.

Dieses Bodenmodell des Vereins zur Förderung von Naturerlebnissen zeigt die verschiedenen Torfschichten im Moor. Auf der letzten Abbaufläche haben die Euflor-Humuswerke nach entsprechenden Vereinbarungen mit der Wildtierstiftung weniger stark abgetorft. Foto: Knappe

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