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Reitsport

TEmily und Carlo: Mit Geduld, Training und Talent zum Vize-Derbysieg

Emily Schirrmacher und ihr imposanter Reitponywallach Carlo. Mit dem schönen Fuchs ritt sie beim Hamburger Derby auf den zweiten Platz in der Dressur.

Emily Schirrmacher und ihr imposanter Reitponywallach Carlo. Mit dem schönen Fuchs ritt sie beim Hamburger Derby auf den zweiten Platz in der Dressur. Foto: Klempow

Emily Schirrmacher und ihr Pony Carlo sind erst seit einem Jahr ein Team, haben aber schon Großes geleistet: einen zweiten Platz beim Deutschen Pony-Dressur-Derby in Hamburg. Dabei galt Carlo vor kurzem noch als Problempferd.

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Von Grit Klempow
Samstag, 22.06.2024, 17:50 Uhr

Estorf. Emily Schirrmacher aus Estorf ist ein Reittalent. Jahrelang war sie mit ihrer Ponystute Fiorella im Dressursport erfolgreich. Vor zwei Jahren gewann sie ihre erste L-Dressur. Die 14-Jährige gehört zum Landeskader U16 der Ponyreiter. Aber Emily wurde zu groß für ihre Stute Fiorella.

Schirrmachers machten sich auf die Suche nach einem größeren Pony, damit Emily weiter in den hochklassigen Ponyprüfungen, in der FEI-Tour, starten kann. FEI ist die Abkürzung für Fédération Équestre Internationale - der internationale Reitsportverband.

Der Trab ist der entscheidende Moment

Dann kam Carlo. Emily beschreibt den ersten Ritt so: „Es war ziemlich schwierig. Aber im Vergleich zu anderen war es das schönste Gefühl. Vor allem der Trab.“ Auch Emilys Mutter Britta Schirrmacher wusste sofort, was los ist: „Beim ersten Antraben hat sie gegrinst und gesagt: Der ist es.“

„Es gab viele Fragezeichen, aber er hat uns mit seinem Bewegungsablauf überzeugt“, sagt Lutz Schirrmacher. Das Training mit Carlo war nicht einfach. Der zwölfjährige Reitponywallach bringt Klasse mit. Er war gekört, also als Zuchthengst zugelassen, und sogar vierjährig beim Bundeschampionat. Dann wurde er im Umgang immer schwieriger und schließlich kastriert. Vier Jahre lang war er nicht mehr im Turniersport und stand zuletzt als Korrekturpony in einem Profistall. Zu Beginn zeigte er sich vor einem Jahr auch in seinem neuen Zuhause eher unwirsch.

Emily und Carlo beim Hamburger Derby im Dressur-Viereck. Der Trab ist die Stärke des Ponywallachs.

Emily und Carlo beim Hamburger Derby im Dressur-Viereck. Der Trab ist die Stärke des Ponywallachs. Foto: Schirrmacher

Carlo ist Familienmitglied

Längst ist der Blick auf die Pony-Persönlichkeit ein anderer: „Er gehört zur Familie“, sagen Schirrmachers. Carlo durfte ankommen und sich einleben, er hat Muskeln aufgebaut und Ausstrahlung. Die Probleme beim Reiten bekamen Schirrmachers zusammen mit Emilys Trainerin Janina Siemers aus Sittensen in den Griff.

Auch, indem sie Wert auf die Grundsätze guter Pferdeausbildung legten und Takt und Losgelassenheit schulten. Der Takt ist das individuelle Wohlfühltempo des Pferdes in jeder Gangart und ermöglicht ein gutes Gleichgewicht. Die Losgelassenheit baut darauf auf - in diesem Zustand ist das Pferd mental und körperlich in der Lage, konzentriert, aber nicht angespannt, gelassen und kooperativ den Signalen des Reiters zu folgen. Erst, wenn das Pferd losgelassen unter dem Reiter läuft, folgt die nächste Ausbildungsstufe.

Die richtige Trainingstaktik

Carlo hatte Probleme, sich auf einer Seite zu biegen - das machte es ihm unmöglich, „bestimmte Lektionen auszuführen, weil ihm die Elastizität fehlte“, sagt Lutz Schirrmacher. Ihn zu lockern und zu gymnastizieren war die richtige Strategie. Carlo revanchierte sich - und schenkte sein Vertrauen Emily.

Damit stellten sich die Erfolge ein: Der Landesverband nominierte sie - und nach der Sichtung durch Bundestrainerin Caroline Roost Ende März kam die Nachricht, dass Emily mit Carlo beim Deutschen Pony-Dressur-Derby reiten darf - insgesamt gab es nur 13 Startplätze.

Das Finale ist die Königsklasse des Ponysports

Ohne große Erwartungen fuhr die Estorfer Familie im Mai zum Derby. Aber Emily bewies gute Nerven. Zwei Wertungsprüfungen ritt sie mit Carlo auf L**-Niveau. Die drei Besten dieser Prüfungen durften am Sonntag im Finale gegeneinander antreten. Emily und Carlo gehörten dazu.

Es scheint, als würde Carlo sich mit Schleife an der Trense noch einmal richtig groß machen.

Es scheint, als würde Carlo sich mit Schleife an der Trense noch einmal richtig groß machen. Foto: Schirrmacher

Das Spezielle: Zum Finale gehört ein Pferdetausch. Jeder Finalist muss jedes Pony reiten. „Das ist die Königsklasse. Der Grand-Prix des Ponysports, das macht diese Prüfung aus“, sagt Lutz Schirrmacher. Die Richter beurteilen auch, wie gut sich Reiterinnen und Reiter auf die anderen Pferde einstellen können. „Die anderen beiden waren in meinen Augen einfacher zu reiten als Carlo“, sagt Emily.

Eine Winzigkeit entscheidet

Ihre Bestleistung mit 71,8 Prozent lieferte sie im Finale deshalb auf einem der anderen Ponys ab. „Das hat echt Spaß gemacht, weil es so einfach ging.“ Carlo bleibt eben speziell. Aber Emily kennt ihr Pony und weiß, wie sie Carlo unterstützen kann. Am Ende war es die Winzigkeit von nur 0,15 Punkten, die sie vom ersten Platz trennte. Sieger Mats Buck hatte 208,7 Prozentpunkte, Emily 208,55. Vor der beeindruckenden Kulisse von Tausenden von Zuschauern erlebte die 14-Jährige die Siegerehrung.

Siegerehrung vor großer Kulisse. Emily mit Carlo und Britta Schirrmacher beim Hamburger Derby. Beim Deutschen Pony-Dressur-Derby erreichte die 14-jährige Emily Schirrmacher den zweiten Platz.

Siegerehrung vor großer Kulisse. Emily mit Carlo und Britta Schirrmacher beim Hamburger Derby. Beim Deutschen Pony-Dressur-Derby erreichte die 14-jährige Emily Schirrmacher den zweiten Platz. Foto: Schirrmacher

Drei Jahre darf sie noch bei den Ponyreitern starten, im Juli stehen die Landesmeisterschaften an. Die 14-Jährige reitet im Ausbildungsstall ihrer Eltern täglich weitere Pferde - wie auch am Wochenende bei den Kreismeisterschaften in Bargstedt. „Zwei bis fünf können es täglich werden“, sagt sie über ihr Pensum. Was bedeutet, meist von 14 bis 19 Uhr im Stall zu sein - und die Hausaufgaben in den Abend zu schieben. Da bleibt keine Zeit für andere Hobbys. Schon gar nicht, wenn Emily auch noch die Fohlengeburten der Zuchtstuten im Blick hat und begleitet.

Emily vor einem Jahr mit einem der Fohlen aus dem Zuchtstall ihrer Eltern in Estorf. Oft ist sie dabei, wenn Geburten anstehen und hat ein Auge darauf, ob auch alles glatt geht.

Emily vor einem Jahr mit einem der Fohlen aus dem Zuchtstall ihrer Eltern in Estorf. Oft ist sie dabei, wenn Geburten anstehen und hat ein Auge darauf, ob auch alles glatt geht. Foto: Schirrmacher

Auf Emily ist Verlass, sie strahlt Ruhe aus. Das scheint auch Carlo überzeugt zu haben. Er sucht sofort ihre Nähe, wenn er sie sieht. Die beiden habe eine starke Verbindung - die weitere Erfolge und neue Träume möglich machen kann.

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