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Breitbrandausbau

TErdrakete fehlgeleitet: Glasfaser-Schäden ärgern Nottensdorfer

Seit Monaten versuchen Britta Stuhlmacher und Ursula Terne, eine Lösung mit der Deutschen Glasfaser zu finden - bisher vergebens.

Seit Monaten versuchen Britta Stuhlmacher und Ursula Terne, eine Lösung mit der Deutschen Glasfaser zu finden - bisher vergebens. Foto: Buchmann

Verpfuschte Einfahrt, zerstörte Küchengeräte: Zwei Familien aus Nottensdorf kämpfen seit Monaten für Entschädigungen wegen des Glasfaser-Ausbaus.

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Von Steffen Buchmann
Donnerstag, 23.01.2025, 18:36 Uhr

Nottensdorf. „Das ist ein absolutes Unding“, schimpft Ursula Terne. Seit Monaten versucht die Nottensdorferin, eine Lösung mit der Deutschen Glasfaser zu erreichen - jedoch nicht wegen schnelleren Internets, sondern wegen des Backofens.

Was war passiert? Am 10. Mai 2024 kam es Am Stühbusch in Nottensdorf zu einem Stromausfall. „Mein Mann und ich saßen gerade am Frühstückstisch, als unser Backofen plötzlich laut knisterte und die Uhr ausging“, erinnert sich Ursula Terne. Das Einbaugerät war nicht mehr zu retten, der Schadenswert: rund 700 Euro. War es ein Fehler im Sicherungskasten? Die Ternes zerbrachen sich den Kopf darüber - bis sie sich mit den Nachbarn darüber unterhielten.

Umgeleitete Erdrakete zerschießt Stromkabel

Zeitgleich mit den Ternes machte auch Familie Stuhlmacher eine bittere Entdeckung. „Bei uns sind eine Lampe, ein Induktionsfeld und die Dunstabzugshaube beschädigt worden“, sagt Britta Stuhlmacher. Etwa 300 Euro fielen an, um die defekten Geräte zu ersetzen. Ihr Verdacht: Es muss mit den Glasfaserarbeiten zusammenhängen, die gleichzeitig in Nottensdorf stattfanden.

Seit Mai 2024 steht der defekte Backofen auf der Terrasse von Familie Terne. Eine Entschädigung hat sie bis heute nicht bekommen.

Seit Mai 2024 steht der defekte Backofen auf der Terrasse von Familie Terne. Eine Entschädigung hat sie bis heute nicht bekommen. Foto: Buchmann

„Es kam wegen einer fehlgeleiteten Erdrakete zu einem Kurzschluss“, bestätigt Dennis Slobodian, Pressesprecher der Deutschen Glasfaser, dem TAGEBLATT auf Nachfrage. Der sogenannte Bodenverdrängungshammer sei von Gestein im Untergrund abgeprallt und habe so das Kabel durchtrennt. „Trotz aller Maßnahmen zur Schadensprävention lassen sich Schäden nicht immer gänzlich vermeiden“, sagt Slobodian.

Glasfaser-Firmen reißen Straßen immer wieder auf

Die Deutsche Glasfaser hat für die Arbeiten im Landkreis Stade die Tiefbaufirma Libra aus Steinfurt beauftragt. Bevor die Bauarbeiter loslegen, würden vorliegende Pläne über Fremdleitungen wie Strom, Gas oder Wasser geprüft, so Slobodian. Häufig lägen Versorgungsleitungen jedoch nicht so tief wie angegeben, insbesondere ältere Leitungen. So komme es zu Schäden.

In den vergangenen Jahren lieferten sich Deutsche Glasfaser und Konkurrent Glasfaser Nordwest ein Wettrennen um die Breitband-Vorherrschaft im Landkreis Stade. Die Kommunen und Städte haben kaum Mitspracherecht, der Wettbewerb ist im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt.

Kein seltenes Bild: Fußgängerwege wurden notdürfig mit unpassenden Pflastersteinen verschlossen.

Kein seltenes Bild: Fußgängerwege wurden notdürfig mit unpassenden Pflastersteinen verschlossen. Foto: Buchmann

„Das TKG ermöglicht es allen Anbietern, ihre Glasfaserinfrastrukturen in öffentlichen Straßen und Wegen zu verlegen“, erklärt der Horneburger Bauamtsleiter Roger Courtault. Dadurch komme es immer wieder zu Doppelausbauten.

So auch ins Nottensdorf: Denn nachdem die Deutsche Glasfaser die Tiefbauarbeiten dort vergangenen Sommer beendet hatte, riss Glasfaser Nordwest die frisch versiegelten Straßen im November 2024 wieder auf.

Schlechte Kommunikation sorgt für Frust

Die Kommunikation mit der Deutschen Glasfaser und insbesondere den Baufirmen sei „katastrophal“, sagt Courtault. Auch Nottensdorfs Bürgermeister Hartmut Huber (CDU) äußert seinen Unmut über die Glasfaser-Baustellen. „Ich bin überhaupt nicht zufrieden“, sagt Huber. So sei etwa die Qualität der Pflasterarbeiten im Anschluss an die Kabelverlegung eines der größten Probleme.

Die Suche nach einem Verantwortlichen entpuppte sich für die Familien Terne und Stuhlmacher als Odyssee. Telefonisch sei Ursula Terne bei der Hotline nicht weitergekommen - sie ist nämlich keine Kundin.

Im Juni sprang Britta Stuhlmachers Tochter in die Bresche und suchte Kontakt zu den Firmen. Mitte Juli antwortete Libra dann, dass sich die Nottensdorfer an den Subunternehmer wenden sollten, „da dieser den Schaden verursacht hat“. Dies geht aus dem Schriftverkehr hervor, der dem TAGEBLATT vorliegt. Einen Ortstermin im Oktober habe der Bauleiter jedoch unentschuldigt platzen lassen, sagt Ursula Terne.

Unfertiger Hausanschluss und verpfuschte Hofeinfahrt

Ein Hinweis machte die Familien stutzig. Laut Libra könne die Versicherung des Subunternehmers wahrscheinlich einen Nachweis darüber verlangen, „dass die Beschädigungen der Geräte tatsächlich auf den Stromausfall zurückzuführen sind“.

Inzwischen waren jedoch schon über zwei Monate seit dem Vorfall vergangen, ein Gutachten erschien den Ternes daher nicht sinnvoll. Das Gerät steht jedoch bis heute noch auf der Terrasse, „als Beweisstück“. Die Rechnungen habe sie eingereicht, auch ein Schadensformular bei der Deutschen Glasfaser ausgefüllt. „Passiert ist aber nichts“, sagt Ursula Terne resigniert.

Viele E-Mails, wenige Antworten: Die beiden Nachbarinnen sind verzweifelt.

Viele E-Mails, wenige Antworten: Die beiden Nachbarinnen sind verzweifelt. Foto: Buchmann

Auch Britta Stuhlmacher ist genervt. Sie hatte einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abgeschlossen, die Arbeiter waren bereits in ihrer Hofeinfahrt zugange. Doch der Hausanschluss sei noch nicht fertig. Wann das passieren soll, habe ihr bisher niemand sagen können. Dafür sei die Einfahrt schlecht zugepflastert worden. Auch hier warte sie noch auf Ausbesserung.

Eine TAGEBLATT-Anfrage ließ die Firma Libra unbeantwortet. „Die Schäden sind nicht über das Schadensformular eingereicht worden“, sagt Dennis Slobodian von der Deutschen Glasfaser. Die Schadensregulierung sei jedoch „kurz vor dem Abschluss“. Für die Mängel bei den Pflasterarbeiten stehe noch eine finale Abnahme an, einen Termin gebe es bisher noch nicht.

Schlecht gepflastert: So hinterließen die Bauarbeiter die Hofeinfahrt der Familie Stuhlmacher.

Schlecht gepflastert: So hinterließen die Bauarbeiter die Hofeinfahrt der Familie Stuhlmacher. Foto: Buchmann

Und was ist mit den Hausanschlüssen? „Der Tiefbau in der Samtgemeinde Horneburg ist abgeschlossen“, bestätigt Slobodian. Die Fertigstellung der Hausanschlüsse folge als Nächstes - Zeitpunkt offen.

Sie haben auch Probleme wegen Glasfaser-Arbeiten? Bürger der Samtgemeinde Horneburg können sich mit ihrem Anliegen per E-Mail an breitbandausbau@horneburg.de wenden.

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