TFeine Sahne Fischfilet rocken die Elbfähre im Dauerregen

Feines Finale im Regen und auf der Elbe: Ein letzter Song von Feine Sahne Fischfilet auf dem Rückweg nach Wischhafen. Foto: Klempow
Es schüttet. Trotzdem sind 400 Menschen an Bord glücklich. Weil sie mit der Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet diesen Abend und das erste Konzert auf der Elbfähre überhaupt feiern. Von Ticket-Glück und Tanz-Strudeln.
Wischhafen. Es gibt Glückliche, die sind als Gruppe da. Und es gibt Glückliche, die sind alleine da. Aber Hauptsache dabei, beim ersten Music-Cruise-Konzert am Montagabend auf der FRS Elbfähre. „Komm mit aufs Boot“ steht auf dem Plakat.
Mit Feine Sahne Fischfilet hat Tim Kunstmann, FRS-Geschäftsführer, eine Band auf die Fähre gelockt, die es sonst auf Festivals wie dem Hurricane oder Deichbrand auch vor Tausenden krachen lässt. Jetzt spielen sie auf der Wischhafen, nur 400 Menschen dürfen an Bord. Und die Band begrüßt sie persönlich und mit Handschlag am Einlass auf der Fähre.
Fans mit eigener Ticket-Taktik
Die Fans sind aus Braunschweig, Münster oder Schwerin angereist oder aus der Nachbarschaft. Die Tickets waren in zwei Minuten ausverkauft. llka Raap kommt aus Hamelwörden. „Ich wollte für mich und meine Freunde die Tickets buchen.
Klappte aber nicht. Jetzt bin ich alleine da.“ Benjamin Hartmann aus Freiburg ist seit 2015 Fan der Band. Seine Frau Kathrin konnte auch nur eine Karte kaufen - „die zweite konnte ich zum Glück noch auf Ebay ersteigern“, sagt Hartmann.

Konnte nur ein Ticket buchen und hatte dennoch Spaß: Ilka Raap kam aus der Nachbarschaft. Foto: Susanne Helfferich
„Durchhalten, aktualisieren, eine Viertelstunde lang“, sagt Silva Wolf über ihre Ticket-Taktik. Sie ist aus Sachsen in den Norden gefahren, es dürfte ihr 20. Konzert sein. Sie hat sich einen Platz vor der Bühne und eine „Grüne Boje“ gesichert und gleich ausgeschenkt. Der Pfefferminz-Schnaps ist die Hausmarke der Band. Neben ihr freuen sich Dörte Leitermann und Jens Gefken aus Bergedorf auf ihr erstes Feine-Sahne-Konzert: „Auf der Elbe - wie cool ist das denn?“
Backstage gibt es nicht
Die Stimmung ist famos. Fröhlich, ausgelassen. Bier, Weißwein, Aperol und Fischbrötchen serviert der Ankerplatz an Bord. Backstage heißt auf der Fähre unter Deck - hinter der Bühne ist nur noch die Elbe.
Es gibt Regenponchos für alle. Das Wetter ist richtig schlecht, aber das ärgert niemanden. Erstens passt es zum Punkrock, zweitens zu den trüben Wahlergebnissen vom Vortag. Da hilft es, zusammen zu feiern.

Glücklich an Bord (von links) und in der ersten Reihe: Jens Gefken, Frauke Ryll, Dörte Leitermann und Silva Wolf. Foto: Klempow
Fans steigen in Glückstadt zu, die Fähre legt ab, Kapitän Rafael Umland steuert die Wischhafen mit acht Knoten elbaufwärts. Wind und Regen kommen aus Ost. Egal. Als an Steuerbord Krautsand vorbeizieht, verweht künstlicher Nebel ungesehen von der Bühne. Und dann geht’s ab.
Bierduschen sind guter Brauch
Feine Sahne Fischfilet sind auf der Bühne und „Zurück in unserer Stadt“. Tanzen, toben, trinken. Bierduschen von der Bühne sind guter Brauch. Die Fans feiern im Circle Pit - tanzen und springen im Strudel. Alle kennen die Rempel-Regeln, nehmen Rücksicht. Crowd-Surfen bis zur Bühne und von der Menge getragen wieder zurück - sogar bis zum Bierstand. Das hat es an Deck der Wischhafen noch nicht gegeben.
So ein Konzert, mit Wind von Backbord, Regenklatsche von oben und mitten auf dem Fluss, das hat auch die Band noch nicht erlebt. Eigentlich sind sie ausgebucht, aber das Angebot, hier zu spielen, „scheiß drauf, es gibt nichts Schöneres!“, ruft Frontmann Jan Garkow, „Monchi“. Und wenn er „verfickte Fähre“ sagt, klingt das sehr liebevoll.
Zeitloser Moment
Als die grüne Tonne 87 an Steuerbord vorbeizieht, sagt Monchi: „Dankeschön. Es ist so etwas Besonderes, das erleben zu dürfen.“ Die Fans sind da ganz bei ihm. Zusammen singen sie lautstark „Komm, wir reichen uns die Hand und wir werden
sehen, dass diese zeitlosen Momente niemals vergehen“.

Feiern sich gegenseitig: Frontmann Jan Garkow, genannt Monchi, von Feine Sahne Fischfilet und die Fans vor der Bühne. Foto: Klempow
Für alle Leute, die „sich in beschissenen Zeiten gerade machen, in den kleinen Dörfern und Städten“, spielen sie „Geschichten aus Jarmen“. Dort, in Vorpommern, machen sie ihr eigenes Festival, das ausverkauft ist - in einer Gegend, in der 30 Prozent die rechtsextreme AfD wählen. Für seine Eltern ist das Lied „Niemand wie ihr“. Dazu wird an Deck auch Discofox getanzt.
In Höhe Pagensand dreht Kapitän Umland die Fähre um. Die Menge singt: „Und wir sprühn’s an jede Wand, das Leben ist schön, nach grauen Tagen haben wir die Sonne anders angesehn. Komm mit aufs Boot, es holt uns hier raus.“
Plädoyer für die Seenotrettung
„Man kann über vieles streiten, aber man lässt keinen Menschen ertrinken“, ruft Monchi - ein Plädoyer für die Seenotrettung im Mittelmeer - zufällig in Höhe der Rettungsboot-Werft am Ruthenstrom.
Das Wetter wird schlechter, die Stimmung noch besser. Tim Kunstmann hat nur Augen für die Fans und die Band. Einen so großen Act an Bord geholt zu haben, ist das eine. Aber zu erleben, wie Band und Fans diesen Abend auf der Fähre feiern, macht auch ihn sichtlich glücklich: „Schippern mit Geschepper.“ Kurz vor der roten Tonne 83 schenkt die Band von der Bühne noch mal die „Grüne Boje“ aus.

Die Band begrüßt die 400 Konzertbesucher auf der Elbfähre. Foto: Susanne Helfferich
Die Wischhafen nimmt Kurs auf den Anleger. Die Musiker auf und die Fans vor der Bühne geben noch mal alles. Sie sind in diesem Moment eindeutig nicht, was sie singen: „Ich bin komplett im Arsch, hab’ hier wirklich nichts zu verlieren.“
Monchi feiert noch einmal unten im Kreis der Fans. Der letzte Ton verklingt. Jetzt schnell noch ein Bier und ein Fischbrötchen für den Rückweg. Die Fähre legt in Wischhafen an. Klatschnass gehen die Fans von Bord - und glückselig.