TFinale von „The Taste“: Küchenkrimi um Cuxhavenerin
„The Taste“-Finalistin Anne Brandes setzt auch nach ihrem TV-Löffelkochen auf kleine Portionen. Gemeinsam mit ihrem Vater, dem Koch und Berufsschullehrer Stefan Brandes, richtet sie für Fans in Cuxhaven unter dem Motto „Alles vom Feld“ auf Löffeln an. Foto: Leuschner
Für „The Taste“-Teilnehmerin Anne Brandes wird ein französischer Küchenklassiker zur Stolperfalle. Nach einer Stunde Hochdruckkochen endet der Traum der Cuxhavenerin schneller als erhofft.
Cuxhaven. Das Aus kommt bei Beurre Rouge. Der französische Rotwein-Butter-Saucen-Klassiker bringt Anne Brandes kein Glück. In der ersten Runde des Finales der TV-Kochsendung The Taste scheitert die ambitionierte Köchin aus Cuxhaven an den sensiblen Geschmacksnerven des Drei-Sterne-Kochs und Gastjuroren Edip Sigl.
Ihr letzter Einsatz im Sat1-Studio für einen perfekten Löffel hat der 29-Jährigen noch einmal viel abverlangt. Die Anspannung, als Edip Sigl die auf Porzellanlöffeln angerichteten Mini-Gerichte nach einer Stunde Kochzeit verkostet, steht Anne Brandes ins Gesicht geschrieben.
Elegante Variante vom Hamburger Pannfisch
Ihr Coach, der Berliner Spitzenkoch Tim Raue, hat ihre Komposition aus Fisch, Gemüse und Beurre Rouge gerade noch gelobt. Jetzt scheint er das Schlimmste zu befürchten.
Dabei hatte Ende Oktober alles ziemlich entspannt angefangen – jedenfalls aus der Zuschauerperspektive. Anne Brandes präsentiert der Jury ihr Können als Köchin mit einer eleganten Version des Hamburger Pannfischs.
Soufflierte Kartoffelkugel mit Kartoffel-Senf-Espuma
Die Senfsoße ist bei ihr ein Kartoffel-Senf-Espuma, das sie in einer etwa 10-Cent-großen soufflierten Kartoffelkugel auf einem Happen Lachs kredenzt.
Dazu dekoriert sie confierte Schalotten, einen knusprigen Speckchip, Schnittlauch. Und eine Bärlauchblüte, die der Garten- und Pflanzenfan im eigenen Garten geerntet hat. Bodenständige Küche mit Twist, das ist ihr Ding.
Annes Vater Stefan Brandes, selbst Koch und Berufsschullehrer an den Berufsbildenden Schulen in Cuxhaven, verrät später, dass seine Tochter ihr Bewerbungsgericht durchaus häufiger zur Probe gekocht habe. In der vierköpfigen The Taste-Jury sitzen Elif Oskan, Tim Raue, Steffen Henssler und Alexander Hermann.

Blick zurück: Anne Brandes und Coach Tim Raue gaben im Halbfinale alles, um mit dem letzten Löffel noch das Finale zu erreichen. Foto: Joyn/Benedikt Müller
Von Anfang an will Anne Brandes ins Team von Tim Raue
Anne macht kein Geheimnis aus ihrer Aufregung. Dabei strahlt sie mit ihrem Humor und ihrer norddeutschen Sachlichkeit äußerlich Gelassenheit aus. Die Fernsehkamera liebt ihre unverkrampfte Art.
Und Anne verehrt Tim Raue. Der Berliner gehört seit vielen Jahren zu Deutschlands bekanntesten Köchen. Sein nach ihm benanntes Restaurant trägt zwei Michelin-Sterne. „Seine Biografie“, sagt sie, „hab ich verschlungen.“ Als Raue wie alle anderen Juroren von ihrem Bewerbungslöffel schwärmt und sie für sein Team gewinnen will, muss Anne Brandes nicht lange überlegen. „Ich wollte von Anfang an zu ihm.“
Nach dem Abitur Surflehrerin auf Norderney
Aufgewachsen als Tochter eines Kochs und einer Restaurantfachfrau, absolviert sie in Cuxhaven ihr Abitur und geht anschließend für ein Jahr als Surflehrerin nach Norderney. Im Winter arbeitet sie in der Gastronomie. „Alle wollten damals nach Australien“, erzählt sie und lacht. „Ich bin hier geblieben.“ Für sie „die richtige Entscheidung“.
Zwölf Monate später zieht sie nach Göttingen. Sie studiert Sprachwissenschaften und Germanistik, träumt davon, Journalistin zu werden. Kurz vor dem Ende ihres Bachelor-Studiums bewirbt sie sich als Koch-Azubi. „Ich wollte nicht mehr den ganzen Tag in Bibliotheken sitzen und tote Sprachen studieren“, erklärt sie ihren Sinneswandel.
Kochausbildung in Hamburg und nebenbei Bachelorarbeit
2019 beginnt sie ihre Lehre im Ameron, einem Spitzenhotel in der Hamburger Speicherstadt. Teile der Ausbildung absolviert sie in der Schweiz und in Dublin. Während sie sich zur Profiköchin ausbilden lässt, schreibt sie ihre Bachelorarbeit und schließt ihr Studium ab.
Nach der Ausbildung arbeitet sie zunächst im Ameron weiter. Später lässt sie sich von ihrem Arbeitgeber zu einem Hotelpartner in Süddeutschland vermitteln. Sie hat Lust auf die Fine Dining-Gourmetküche.
Erste Frau, die den Next Chef Award gewinnt
Während ihrer Kochausbildung merkt Anne Brandes, dass es ihr Spaß macht, sich mit anderen Köchen zu messen. 2023 gewinnt sie als erste Frau den Next Chef Award, einen von Johann Lafer mitorganisierten Nachwuchsköche-Wettbewerb auf der INTERNORGA. Der Hauptpreis: ein Kochbuchvertrag mit dem Verlag Gräfe und Unzer. „Einfach kochen“ heißt es und ist Anfang dieses Jahres erschienen.
Ihr Sieg spricht sich auch im Redaktionsteam von „The Taste“ herum. Brandes, die Fan der Kochsendung ist, wird ermuntert, sich als Kandidatin zu bewerben.
Sie habe schon länger damit geliebäugelt, gesteht sie. Nachdem sie Anfang des Jahres ihre Stelle als Köchin bei Cornelia Poletto in Hamburg aufgegeben hat, habe sie endlich auch die Zeit dafür gehabt.
Aufzeichnungen für „The Taste“ dauern mehrere Wochen
Während der mehrwöchigen Aufzeichnungen für das TV-Format im Sommer war sie noch in Teilzeit als Köchin in einem Pflegeheim angestellt. Diese Arbeit hat sie mittlerweile aufgegeben.
Anne Brandes will sich ausprobieren. Sie hat sich als Privatköchin selbstständig gemacht und unterstützt ihre Eltern in deren „Café Löwenzahn“ in Cuxhaven-Altenbruch. Dort gibt sie auch Kochkurse.
Die Palette reicht von Pasta über Sushi bis zu Spargel und veganer Küche und ist damit genauso breit gefächert wie Anne Brandes‘ persönliche Genussvorlieben. „Ich schau, was funktioniert, was in der Stadt gut ankommt“, sagt sie.
Anne Brandes lädt Hobbyköche zum „Löffel kochen“ ein
Im Januar können Hobbyköche bei ihr auch einen Workshop „Löffel kochen“ absolvieren, der natürlich inspiriert von ihrer jüngsten TV-Koch-Erfahrung ist.
Als die Sendung ab Ende Oktober ausgestrahlt wurde, will sie ein paar Menschen aus Altenbruch an ihrem Wettbewerbsabenteuer teilhaben lassen. „Wir dachten, wir machen das im Café Löwenzahn und haben mit 25, 30, vielleicht auch 40 Anmeldungen gerechnet“, erzählt die 29-Jährige. Als binnen 48 Stunden rund 100 Anmeldungen eingegangen waren, konnte sie es kaum fassen.
„Ich sag immer, es liegt nicht an meinen Eltern.“
Ihre gerade gestartete Selbstständigkeit ist der Versuch, in der Region Fuß zu fassen, in der sie aufgewachsen und in die sie nur allzu gern zurückgekehrt ist. Ob ihre Eltern sie letztlich zu ihrem Berufsweg inspiriert haben?
„Ich sag immer, es liegt nicht an meinen Eltern. Aber letztlich bin ich mit frisch gekochtem Essen aufgewachsen, es wurde gemeinsam gekocht, ich war schon immer dabei. Es wäre gelogen zu sagen, dass es nicht im Hinterkopf war.“
Tim Raue zu Anne Brandes: „Du hast das grandios gemacht.“
Zurück zu The Taste. Anne Brandes hat gerade erfahren, dass sie im Finale nicht um den Titel kämpfen wird. Tim Raue verabschiedet sich von der Cuxhavenerin mit den Worten „Du hast das grandios gemacht.“
Und Anne selbst sagt mit ein bisschen Abstand vor der Kamera: „Das war eine wundervolle Zeit bei The Taste. Ich würde es nicht missen wollen. Klar, wäre ich gern noch ‚ne Runde weitergekommen, aber ich kann viel mitnehmen und habe tolle Menschen kennengelernt.“