Zähl Pixel
Geburtstag

TFreiburger Kornspeicher: Zehn Jahre voller Höhen und Tiefen

Wolfgang Scherff, Jörg Petersen und Jan Sumfleth (von links) vor der Kulturstätte Historischer Kornspeicher.

Wolfgang Scherff, Jörg Petersen und Jan Sumfleth (von links) vor der Kulturstätte Historischer Kornspeicher. Foto: Susanne Helfferich

Der Freiburger Kornspeicher ist eine Institution. In den zehn Jahren seines Bestehens mussten die Menschen hinter dem Projekt einige Hindernisse aus dem Weg räumen.

author
Von Susanne Helfferich
Donnerstag, 19.09.2024, 11:00 Uhr

Freiburg. Zur Erfolgsgeschichte als Kulturstätte gehört eine Vorgeschichte: Der 282 Jahre alte Speicher am Freiburger Hafen sollte Anfang der 2000er Jahre abgerissen werden. Dagegen erhob sich Widerstand im Flecken. Eine Bürgerinitiative gründete sich, aus der 2003 der heutige Förderverein entstand.

Ein Bild aus dem Jahr 2003: Der marode Kornspeicher im Freiburger Dorfzentrum, daneben die ehemalige Pizzeria.

Ein Bild aus dem Jahr 2003: Der marode Kornspeicher im Freiburger Dorfzentrum, daneben die ehemalige Pizzeria. Foto: Stader Tageblatt

Seit 2009 ist der Förderverein Historischer Kornspeicher Freiburg alleiniger Besitzer des dreistöckigen Gebäudes. Von Anfang an waren Kulturveranstaltungen geplant. Doch zunächst musste Geld herbeigeschafft werden, um das Gebäude auszubauen.

Nicht abgerufene Gelder gingen an den Kornspeicher

„Für das Gelingen eines solchen Projektes braucht es viel Arbeit und Glück“, sagt Jörg Petersen, seit 2016 Vorsitzender des Vereins. Sein Vorgänger Herbert Bruns fuhr Ende 2012 nach Hannover zum Kulturministerium, um eine Fördersumme von 60.000 Euro einzuwerben. Da bot ihm die zuständige Dezernentin fast das Zehnfache an. „Das waren Mittel, die nicht abgerufen worden sind und verfallen wären“, erinnert sich Petersen.

Auch die Vorstandsmitglieder packten beim Umbau 2013 mit an: Hans-Jürgen Roß, Jörg Petersen und Herbert Bruns (von links).

Auch die Vorstandsmitglieder packten beim Umbau 2013 mit an: Hans-Jürgen Roß, Jörg Petersen und Herbert Bruns (von links). Foto: Susanne Helfferich

Mit diesem Geldsegen konnte der Verein durchstarten. Zwei Jahre wurde durchgebaut, begleitet von einem kulturellen Baustellenprogramm, das Appetit machte auf mehr, und so konnte der Kornspeicher am 11. September 2014 eröffnen. „Keiner hatte damals abgesehen, was danach auf uns zukam“, gibt der Vorsitzende zu.

Eigene Gastronomie zahlte sich nicht aus

Denn nicht nur ein Kulturprogramm musste auf die Beine gestellt und am Laufen gehalten werden. Der Verein versuchte sich auch als Gastronom. Im Erdgeschoss war ein komplettes Restaurant mit Profi-Küche eingerichtet. Doch das Konzept ging nicht auf. „Schließlich konzentrierten wir uns auf die Kultur und auf Vermietungen“, erzählt Petersen, „damit waren wir hohe Personalkosten und das Risiko der Warenvorhaltung und -entsorgung los.“

Appletown Washboard Worms sind regelmäßig Gast auf der Bühne des Kornspeichers.

Appletown Washboard Worms sind regelmäßig Gast auf der Bühne des Kornspeichers. Foto: Jörg Petersen

Keine Probleme gab es mit der Programmgestaltung. „Die Kulturangebote sind uns von Anfang an zugeflogen“, sagt Petersen, „regionale Künstler traten auf und empfahlen uns weiter.“ Kassenwart Jan Sumfleth ergänzt: „Inzwischen haben wir mehrere Formate. Wir bieten im Gastro-Bereich Hutkonzerte mit regionalen Musikern an, da haben wir kein finanzielles Risiko.“ Was durch den Kartenverkauf finanziert werden muss, finde im Dachgeschoss mit Bühne, Technik und Bestuhlung statt, so auch die Konzert-Reihe „Bunte Stunde“.

Speichergespräche entpuppten sich als Erfolgsformat

Ein Erfolgsformat ist die Reihe „Speichergespräche“, die weitgehend mit Bordmitteln bestückt wird. Eine Vortragsreihe zu gesellschaftlichen, politischen oder geschichtlichen Themen. Sie ist Teil der Angebote, die der Kornspeicher als Mitglied des Landesverbandes Soziokultur anbietet.

Die Mitteletage des alten Kornspeichers bietet Kunstausstellungen Raum, hier Bilder von Elisabeth Holzhausen aus Wedel.

Die Mitteletage des alten Kornspeichers bietet Kunstausstellungen Raum, hier Bilder von Elisabeth Holzhausen aus Wedel. Foto: Jörg Petersen

Verzweifelt sei der Vorstand im Frühjahr 2020 gewesen. „Durch den Lockdown drohte uns, nicht mehr liquide zu sein“, erinnert sich Petersen. Erst als die Soforthilfe griff, und nachdem er zwischen 2 und 3 Uhr morgens online den Antrag losschicken konnte und drei Tage später das Geld auf dem Konto hatte, konnte der Verein wieder durchatmen.

Förderung vom Landkreis und der Samtgemeinde

Kritisch wurde es für den Speicher auch, als die Förderung der Personalstelle (jetzt Büroleitung) durch die Niedersächsische Sozio-Kultur auslief. „Wir hatten es nicht geschafft, den Wegfall zu kompensieren“, erzählt der Vorsitzende. Ein Jahr konnte über Spenden überbrückt werden. 2020 gelang es, Landkreis und die Samtgemeinde Nordkehdingen zu überzeugen, einzuspringen.

Nicht immer glücklich war der Vorstand bei der Wahl des Personals. Die Büroleiterstelle - als Geschäftsleitung ausgeschrieben - ist inzwischen mit Wolfgang Scherf zum achten Mal besetzt. Die häufigen Wechsel irritierten. Doch Jan Sumfleth stellt klar, dass in den meisten Fällen die persönliche Lebensplanung ursächlich gewesen sei. Unterm Strich überwiege die Zahl der gelungenen Bestzungen mit fünf zu drei.

60 Veranstaltungen in diesem Jahr

Zurück zur Kultur: „Ein Glücksfall war, dass wir Spielstätte der Niedersächsischen Sparkassenstiftung wurden“, erzählt Jörg Petersen, „das hat uns hochwertige Musik ins Haus gebracht und machte uns über die Region hinaus bekannt.“ Ein Mäzen habe zudem über mehrere Jahre guten Jazz ins Haus geholt. Als seine persönlichen Highlights nennt der Vorsitzende im Literaturbereich Hasnain Kasim, in der Unterhaltung Werner Momsen und im Bereich Musik Fjarill und Feuerbach Quartett.

Kultur auch für die Kleinsten: Kirschkern Compes&Co spielte im Kornspeicher für Grundschüler das Neinhorn von Marc-Uwe Klinge.

Kultur auch für die Kleinsten: Kirschkern Compes&Co spielte im Kornspeicher für Grundschüler das Neinhorn von Marc-Uwe Klinge. Foto: Jörg Petersen

„Das Besondere des Kornspeichers ist die Breite unserer Angebote mit Konzerten, Kino, Speichergesprächen, Theater, Lesungen, Kneipenquiz, Ausstellungen und Kinder-Uni“, zählt Jan Sumfleth auf. Im zehnten Jahr werde der Verein auf 60 Veranstaltungen kommen, davon zehn bis zwölf Konzerte. Um die Zukunft ist dem Vorstand nicht bange. Aber er weiß auch, dass der Betrieb nur läuft, weil 25 Ehrenamtliche - und noch mehr im Hintergrund - den Laden am Laufen halten.

Weitere Artikel