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Wohnungsmarkt

TFür blinde Schwangere hagelt es bei der Wohnungssuche in Stade nur Absagen

Jacqueline Noormann und Hund Gustl suchen eine neue Wohnung.

Jacqueline Noormann und Hund Gustl suchen eine neue Wohnung. Foto: Bisping

Auf Wohnungssuche in Stade? Manchmal ist Glück im Spiel und es geht schnell. Bei Jacqueline Noormann nicht, doch die Zeit drängt: Sie braucht mehr Platz, weil sie schwanger ist - und blind.

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Von Alexandra Bisping
Samstag, 09.12.2023, 11:50 Uhr

Stade. Gustl empfängt Besucher freudig mit dem Schwanz wedelnd. Der zweieinhalbjährige Hund geht Jacqueline Noormann beinahe bis zur Hüfte. Er ist ihr größtes Hobby - und eine unverzichtbare Unterstützung. Gustl ist ein ausgebildeter Blindenhund. „Er findet sich draußen gut zurecht“, sagt die 32-Jährige stolz. Sie muss sich auf das Tier verlassen können, denn die junge Frau ist seit 2012 komplett erblindet.

Vor gut sechs Monaten hatte Jacqueline Noormann mit ihrer Wohnungssuche begonnen. Der Auslöser: Sie ist schwanger und wird bald wesentlich mehr Platz brauchen, als ihr in der jetzigen Wohnung in Stade-Hahle zur Verfügung steht. Und seit gut sechs Monaten bekommt Jacqueline Noormann eine Absage nach der anderen. Sie vermutet, dass es auch an Gustl liegt. Aber es gibt für die bald alleinerziehende Mutter noch ein zweites Hindernis.

Die Zeit drängt, doch es hagelt Absagen

„Sobald die Vermieter hören, dass ich Bürgergeld beziehe, kommt die Absage.“ Schon seit 2016 erhält Jacqueline Noormann staatliche Unterstützung. Dabei hat sie einige Ausbildungen vorzuweisen. „Ich bin gelernte Sozialassistentin, bin MTU, also Medizinische Tastuntersucherin in der Brustkrebsvorsorge, und Verwaltungsfachangestellte.“ Trotzdem bekommt sie einfach keinen Job. „Weil ich blind bin“, sagt sie.

Dabei war die gebürtige Oldendorferin nicht von Geburt an blind. Ihr Sehvermögen war zwar schon immer eingeschränkt, aber erst seit 2012 sieht sie gar nichts mehr. Eigentlich brauche sie jetzt einen Job dringender denn je. Doch mit Kind werde diese Suche noch schwieriger, befürchtet sie.

Anbindungen an öffentliche Verkehrsmittel sind wichtig

Also erstmal eine neue Bleibe. Stade gefällt ihr, Ärzte und Freunde sind in der Nähe. In ihrem Heimatort Oldendorf waren die Anbindungen für sie schlecht, sagt sie. Sie kann sich aber vorstellen, woanders als in Stade zu wohnen. Vorausgesetzt, die Anbindungen an öffentliche Verkehrsmittel stimmen. Denn darauf ist sie angewiesen.

Bei ihrer Wohnungssuche muss sie einiges berücksichtigen. Ein Zuhause mit drei Zimmern im Erdgeschoss ist ihr am liebsten. „Sollte es ein Haus ohne Fahrstuhl sein, hätte ich später mit Hund, Kinderwagen und Einkäufen Probleme, in höhere Stockwerke zu kommen.“ Außerdem muss die Wohnung eine gewisse Größe haben, damit Jacqueline Noormann sich gut darin bewegen kann. Bis 75 Quadratmeter stünden ihr in ihrer Situation zu. Aber wie sieht es denn eigentlich auf dem Stader Wohnungsmarkt aus?

Der Neubaubedarf wird in Stade wachsen

Eine Nachfrage bei der Stadt hat ergeben, dass diese sich im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts Stade 2040 (ISEK) die „Bevölkerungsentwicklung sowie die damit verbundenen Wohnraumbedarfe“ angeschaut habe, sagt Pressesprecher Stephan Voigt. „Bis 2030 haben wir so einen Neubaubedarf von bis zu 2120 Wohnungen ermittelt - das entspricht 193 Einheiten pro Jahr.“ Der Gesamtbedarf erhöhe sich bis 2040 auf 3520 Wohnungen beziehungsweise 168 pro Jahr. Aktuell sei „eine feste Zahl des Wohnbedarfs allerdings nicht bestimmbar“.

Könnte sie, würde Jacqueline Noormann wohl in ihrer derzeitigen Wohnung bleiben. Sie gefällt ihr, ist aber ungünstig geschnitten. „Ich kann nicht mal ein Kinderbett reinstellen.“ Die junge Frau braucht also dringend Unterstützung. Wer Jacqueline Noormann weiterhelfen kann, erreicht sie unter ihrer E-Mail-Adresse j.noormann@gmx.net.

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