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Interview

TFür diesen Musical-Star reisen Fans aus der ganzen Welt nach Hamburg

Feiert demnächst ihr 25-jähriges Jubiläum auf der Musical-Bühne: Willemijn Verkaik, hier bei der Premiere von „Best of Musicals Live in Concert“ am 31. März im Stage Theater Neue Flora Hamburg.

Feiert demnächst ihr 25-jähriges Jubiläum auf der Musical-Bühne: Willemijn Verkaik, hier bei der Premiere von „Best of Musicals Live in Concert“ am 31. März im Stage Theater Neue Flora Hamburg. Foto: Stage Entertainment

Seit 25 Jahren ist Willemijn Verkaik eine feste Größe auf Musical-Bühnen, derzeit spielt sie bei „& Julia“ in Hamburg mit und plant ein Jubiläumsevent. Aber sie musste auch mit Rückschlägen umgehen.

Von Guido Behsen Samstag, 31.05.2025, 07:50 Uhr

Hamburg. TAGEBLATT: Sie stehen aktuell als Anne Hathaway in „& Julia“ auf der Bühne des Operettenhauses. Was macht die Rolle der Shakespeare-Gattin für Sie besonders?

Willemijn Verkaik: Dass es Comedy ist. Ich bin es gewohnt, große Songs zu singen. In diesem Stück ist es nur einer, dafür spiele ich sehr viel. Und für Comedy braucht es eine besondere Expertise. Da lerne ich jeden Tag noch dazu und es macht unglaublichen Spaß, diese Geschichte zu erzählen.

Comedy ist ja für die, die sie machen, eine eher ernste Angelegenheit. Die größten Komödianten sollen persönlich oft wahre Miesepeter sein ...

Es ist tatsächlich ein schwieriges Genre. Man muss bei jeder Aufführung sehr offen und flexibel sein. Wie agiert mein Bühnenpartner, was ist im Saal los? Dass das Publikum an einem Abend auf einen Witz anspringt, muss nicht heißen, dass es das am nächsten Abend auch tut.

Ist das tatsächlich so unberechenbar?

Es gibt schon Sprüche und Szenen, die eigentlich immer funktionieren. Doch das ist eher die Ausnahme, man kann es vorher nie genau wissen. Aber wenn man sechs Shows in der Woche spielt, lernt man, sich entsprechend anzupassen. So wird die Rolle nie zur Routine.

Haben Sie manchmal Angst davor, dass die Späße des Stücks beim Publikum gar nicht zünden könnten?

Am Anfang hat man es sich vielleicht noch zu Herzen genommen, wenn ein Scherz mal verpufft ist. Mittlerweile weiß ich, dass das oft weniger mit mir und dem Text zu tun hat, sondern mehr mit der Atmosphäre an dem Abend. Eine dominante Gruppe im Publikum kann alle anderen mit Begeisterung anstecken, aber auch dem ganzen Abend ihren Stempel aufdrücken. Darauf kann ich als Darstellerin aber einwirken. Lasse ich diese Gruppe weiter dominant sein oder gebe ich dem Ganzen eine andere Richtung?

Darauf haben Sie tatsächlich Einfluss?

Ja, im Zusammenspiel können Riccardo Greco als Shakespeare und ich als Anne Hathaway durchaus deutlich machen, wer der Boss ist (lacht). Wir kommunizieren mit dem Publikum und freuen uns immer sehr, wenn es darauf anspringt und mitmacht.

Den Norddeutschen wird ja nachgesagt, dass sie etwas länger brauchen, um anzuspringen. Können Sie das bestätigen?

Was „& Julia“ angeht, zum Glück gar nicht. Die Leute stehen regelmäßig auf den Stühlen.

Wie sieht es mit Ihnen aus? Sind Sie leicht zu begeistern?

Als Zuschauerin bei einem Musical bin ich leider sehr kritisch, weil ich es meist nicht schaffe, die professionelle Brille abzunehmen. Einfacher habe ich es da bei einem Popkonzert. Andererseits weiß ich natürlich sehr zu schätzen, was meine Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne leisten, und versuche sie aus dem Publikum heraus zu unterstützen.

Haben Sie so etwas wie ein Lieblings-Musical?

Eine schwierige Frage. „Billy Elliot“ hat mich sehr berührt, als ich es in London gesehen habe. Aktuell ist es „Come from Away“, das ich in den Niederlanden selbst gespielt habe und das jetzt auch in Deutschland zu sehen ist. Es basiert auf einer wahren Geschichte und hat viel mit Gemeinsamkeit zu tun, das hat sich auch auf den Cast übertragen.

Dafür, dass Sie schon auf so vielen Musical-Bühnen gestanden haben, ist Ihre persönliche Hamburg-Geschichte noch relativ jung ...

... und das, obwohl Hamburg die deutsche Musical-Hauptstadt ist, stimmt. Ich habe hier die „Eiskönigin“ gemacht und jetzt „& Julia“. Endlich bin ich da.

Und wie gefällt es Ihnen hier?

Super. Ich habe 15 Jahre in Rotterdam gelebt, auch so eine pulsierende Hafenstadt, und mich dort sehr wohlgefühlt. Dieses weltoffene Flair hat Hamburg auch. Es fängt schon damit an, dass man sich auf der Straße unbekannterweise grüßt. So etwas gefällt mir. Dass ich von meiner Wohnung in Altona zu Fuß an die Elbe komme, ist auch sehr schön. Und in der Innenstadt ist die Alster - je mehr Wasser, desto besser.

Aber es ist eine Heimat auf Zeit, richtig?

Richtig. Ich bin für die Zeit der Shows hier, aber mein Mann und ich sind in Holland zu Hause, in einem kleinen Dorf. Immer, wenn ich nach dem ganzen Musical-Trubel dorthin zurückkehre, höre ich den Vögeln zu und das war‘s.

Jetzt steht aber erst einmal ordentlicher Trubel an: Am 16. Juni feiern Sie Ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum mit einer Show im Stage Theater Neue Flora. Was macht das mit Ihnen?

In diesem Job blickt man eigentlich immer nur nach vorn. Was kommt als nächstes, wo bin ich in einem Jahr? Es tut gut, zu diesem Anlass auch einmal zurückblicken und sich an besondere Momente erinnern zu dürfen. Es macht mich stolz, das mit dem Publikum teilen zu können.

Teilen Sie doch einmal die eine oder andere Erinnerung.

Vor allem denke ich natürlich an die Anfänge. Ich bin keine ausgebildete Musical-Darstellerin, sondern Popsängerin. Über eine Freundin kam ich zu einem Musical-Casting. Ich wurde zwar nicht genommen, aber für ein weiteres Casting vorgeschlagen. Tatsächlich bekam ich eine Rolle im Musical „Elisabeth“ in Scheveningen, Den Haag. Ich habe schnell gemerkt, dass dieses Musical-Regelwerk zu mir passt. Über einen gewissen Zeitraum jeden Tag vor einem Publikum aufzutreten, das etwas Bestimmtes von mir erwartet - das lag mir.

Offensichtlich, Sie haben eine beachtliche Karriere hingelegt.

„Wicked“ in Stuttgart war 2007 der Durchbruch, die anschließende Reise mit dem Musical an den Broadway und ins Londoner Westend natürlich ein absolutes Highlight. Aber auch die Rückschläge gehören dazu.

Nennen Sie uns einen, auch wenn‘s weh tut.

2014 hatte ich derart große Rückenprobleme, dass ich nicht weiterarbeiten konnte. Ich musste mein Engagement in London vorzeitig beenden und operiert werden. Nach vier Monaten konnte ich zurück auf die Bühne, aber eine größere Rolle, wie aktuell die der Anne Hathaway, hätte ich nicht spielen können. Dann ging es wieder bergauf. 2020 fand ich mich plötzlich sogar bei der Oscar-Verleihung wieder und habe die Elsa gesungen. Von der Einladung bis zum Auftritt waren es drei Wochen ...

Genug Songs, Rollen und Geschichten für eine große Willemjin-Verkaik-Show gibt es also.

Vor allem geht es tatsächlich darum, meinen Fans etwas zurückzugeben. Das ist nicht nur so dahingesagt. Ich habe Fans, die mir zu meinen Shows nachreisen, nach London, Wien, New York und nun auch Hamburg. Für Sie haben wir ein sehr anspruchsvolles Programm zusammengestellt. Das liegt allein schon daran, dass ich in der Regel für Rollen gecastet werde, die große Songs zu singen haben. Und das werde ich an dem Abend auch tun.

Das Singen ist und bleibt also Ihre Lieblingsdisziplin?

Ja. Damit bin ich groß geworden, das ist mein Ding, seit ich elf, zwölf Jahre alt bin. Ich war als Mädchen eher ruhig, nicht verschüchtert, aber doch eher in mich gekehrt. Aber sobald ich singen durfte, fühlte ich mich gut und stark. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Gab es nie Überlegungen, etwas ganz Bodenständiges, Sicheres zu tun?

Ganz am Anfang nicht, etwas später, als ich bereits am Konservatorium studiert habe, schon. Da habe ich gemerkt, welchen Preis man für das Leben auf der Bühne zahlt. Dass man immer die eigene Persönlichkeit mit einbringt, dass man viel Kraft braucht, um mit Kritik und Missgunst umzugehen. Dabei habe ich nie gesungen, um reich und berühmt zu werden. Ich bin eigentlich sehr bodenständig. Darum bin ich damals auch zur Berufsberatung gegangen.

Mit welchem Ergebnis?

Dass ich unbedingt etwas Kreatives, Künstlerisches machen sollte. Also gut, dachte ich mir, dann bist du hier wohl doch richtig (lacht). Meine Familie hat mich zum Glück immer unterstützt.

Gibt es auch so etwas wie eine Musical-Familie?

Über die Jahre lernt man zu differenzieren. Am Anfang meiner Karriere habe ich mein Herz immer sehr schnell an alle möglichen Menschen verloren, ich hatte jede Menge Freundinnen. Irgendwann stellt man fest: Das ist nicht für immer, sondern eher eine Familie für ein Jahr. Ich musste lernen, nicht immer gleich mein ganzes Herz zu geben. Aber das ist auch überhaupt nicht schlimm, das hat etwas mit Selbstschutz zu tun. Ich komme pro Stück, das ich gespielt habe, auf vielleicht eine Freundschaft, die all die Jahre überdauert hat.

Was hören wir als Nächstes von Willemijn Verkaik?

Ich fühle mich der Popmusik nach wie vor sehr verbunden. Das nächste Projekt wird sicher etwas mit Pop zu tun haben. Aber jetzt fühle ich mich in Hamburg sehr wohl. Und bis nach Hause sind es ja auch nur vier Stunden.

Zur Person

Willemijn Verkaik wurde 1975 in Son en Breugel nahe Eindhoven (Niederlande) geboren. 1999 schloss sie ihre Ausbildung zur Pop- und Jazz-Sängerin in Rotterdam ab, ein Jahr später wechselte sie ins Musical-Fach. Seitdem wirkte sie in mehr als 20 Produktionen mit. Ihren Durchbruch feierte Verkaik 2007 in Stuttgart als Hexe Elphaba im Musical „Wicked“, das sie später auch in die Metropolen New York und London führte. Einem Millionenpublikum ist vor allem Verkaiks Stimme bekannt: Sie singt die Songs der Elsa in der deutschen Fassung der „Eiskönigin“-Filme. Diese Rolle brachte sie 2023 auch erstmals nach Hamburg, wo sie aktuell in „& Julia“ am Operettenhaus auftritt. Willemijn Verkaik spielt Gitarre und ist mit dem Multiinstrumentalisten Bart van Hoof verheiratet. Das Paar lebt in den Niederlanden.

Persönliches

Mein Lieblingsort in Hamburg ... ist die Alster.

Ich entspanne, wenn ... ich Vögel beobachte.

Fischbrötchen oder Franzbrötchen? Ich bin Vegetarierin, also fällt das Fischbrötchen weg. Aber was ist ein Franzbrötchen? (lacht)

Lachen kann ich über ... kleine Dinge, die auf der Bühne anders laufen als geplant.

Nicht ertragen kann ich ... Tierquälerei.

Ich liebe die Musik von ... Wham! Mit den Songs bin ich aufgewachsen - und sie machen mich immer noch glücklich!

Willemijn Verkaik bei der Premiere von „Best of Musicals Live in Concert“ am 31. März im Stage Theater Neue Flora Hamburg.

Willemijn Verkaik bei der Premiere von „Best of Musicals Live in Concert“ am 31. März im Stage Theater Neue Flora Hamburg. Foto: Stage Entertainment

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