TGeretteter Atlantik-Segler reist mit Drochterser Frachter zum Happy End

Martin Daldrup an Bord der „Alanis“, die auf dem Weg nach Südfrika ist. Foto: Privat/Martin Daldrup/dpa
20 Stunden allein im offenen Atlantik: Nach seiner dramatischen Rettung spricht Abenteurer Martin Daldrup über seine Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod. Die „Alanis“ der Asseler Reederei Rambow nahm den Schiffbrüchigen auf. Am Montag erreichte sie Südafrika.
Nur wenige Tage nach seiner dramatischen Rettung aus dem Atlantik steht für den havarierten Segler Martin Daldrup schon fest, dass er wieder segeln will. „Bei einem Reiter sagt man: Wenn er vom Pferd gefallen ist, soll er so schnell wie möglich wieder aufsteigen. Ich denke, das gilt ähnlich für den Segler“, sagt Daldrup.
Noch immer ist der 59-Jährige aus Westfalen auf dem Frachter „Alanis“ der Drochterser Reederei Rambow, der ihn am vergangenen Freitagmorgen unter dramatischen Umständen gerettet hatte.
Segler Daldrup nach 20 Stunden in Rettungsinsel aus Atlantik gerettet
Am Montagvormittag kreuzte das Schiff noch vor der Küste Südafrikas und wartete darauf, in den Hafen Saldanha Bay bei Kapstadt einlaufen zu können. Dann kann Dalsdrup endlich seine Lebensgefährtin Anke wieder in die Arme schließen, die um ihn gebangt hatte, während Daldrup 20 Stunden lang auf das einzige Schiff wartete, das in der Nähe war, als er etwa 1000 Seemeilen östlich von Brasilien, weit ab von den üblichen Schiffsrouten, seine Jacht „Jambo“ sinken sah.
Es war Kapitän Uwe Rottwinkel, der am Freitagmorgen bei der alteingesessenen kleinen Reederei Rambow in Assel Dienst hatte und von der Seerettungsleitstelle in Bremen informiert wurde. Rotwinkel nahm Kontakt mit Kapitän Olek Mozgov von der MS Alanis auf. Schnell habe sich herausgestellt, dass es nur zwei Schiffe gab, die für eine Rettung des Schiffbrüchigen in Frage kamen, erzählt Rottwinkel dem TAGEBLATT. Die MS Alanis, eines von 15 Schiffen der Reederei, war am nächsten dran - aber immer noch 20 Stunden von der Rettungsinsel Daldrups entfernt. Das Schwergutschiff, das Linienbusse für Australien geladen hat, war gerade auf dem Weg von Brasilien nach Kapstadt.
Kapitän Rottwinkel koordiniert Rettung aus Assel
Für die Reederei und für ihn selbst sei es die erste Rettung eines Schiffbrüchigen gewesen, die er zu koordinieren hatte, erzählt Rottwinkel. Aufgeregt sei er nicht gewesen: „Man muss in solchen Fällen einfach alles abarbeiten,“ erläutert der 58-Jährige pragmatisch. Es sei sehr hilfreich gewesen, dass Martin Daldrup fortlaufend via Handy aktuelle GPS-Daten zu seiner Position abgesetzt habe, betont Rottwinkel. Hätte das Team der MS-Alanis sich nur auf die Position des ersten Notrufs verlassen müssen, hätte das die Suche nach der kleinen Rettungsinsel mitten im Südostatlantik sehr erschwert, da die Insel durch die Strömung ja ihre Position ständig verändere. Daldrup habe Wasser- und Powerbanks dabei gehabt, um das Handy in Betrieb zu halten.
Als die Alanis nach rund 20 Stunden und mitten in der Nacht in der Nähe der Rettungsinsel war, wurde mit Daldrup telefonisch verabredet, er solle nun Lichtzeichen per Taschenlampe geben. „Sonst ist es schwer, die Rettugnsinsel bei drei, vier Meter hohen Wellen im Dunkeln auf hoher See zu finden“, erläutert Rottwinkel. Die Alanis-Crew habe die Rettungsinsel dann ohne Probleme entdecken können, nahm den Schiffbrüchigen an Bord und versorgte ihn. Daldrup habe an Unterkühlung gelitten, sagt Rottwinkel. „Ich bin froh, dass alles so sauber und glatt abgelaufen ist. Das freut einen natürlich“.
Den Rückflug nach Düsseldorf will Daldrup in ein paar Tagen gemeinsam mit seiner Freundin antreten. Durch seinen Schiffbruch ist er - Glück im Unglück - etwa zwei Wochen früher in Südafrika angekommen - die MS Alanis hatte zufällig das gleiche Ziel. Die Heimat des Weltenbummlers ist Hamminkeln am Niederrhein. Die MS Alanis wird in Südafrika noch zusätzliche Ladung aufnehmen und dann weiterfahren nach Australien.
Wie es sich an Bord der „Alanis“ lebt
Seit er am frühen Freitagmorgen bei Windstärke 5 und etwa vier Meter Wellengang die Strickleiter des Frachters hochkletterte, um ans sichere Deck zu gelangen, hat der erfahrene Segler und Ingenieur viel nachgedacht. Daldrup hat eine Grenzerfahrung gemacht, die Dank seiner Routine, einer Prise Kaltblütigkeit und letztlich auch mit viel Glück ein gutes Ende nahm. „Ich werde mir die notwendige Zeit geben, um das Erlebte angemessen zu verarbeiten“, sagt Daldrup.

Die Rettungsinsel bewahrte Daldrup vor dem Tod. 20 Stunden musste er ausharren. Foto: Privat/Martin Daldrup/dpa
Todesangst habe er nicht wirklich gehabt, resümiert er. „Aber habe ich zwischendurch mal gedacht, dass ich es nicht schaffe? Ja, habe ich!“, räumt er ein. „Ich dachte ab und zu darüber nach, dass die Rettungsinsel die Luft verlieren könnte - entweder durch äußeren Einfluss oder einen Materialfehler.“
Per Satelliten-Telefon konnte Daldrup nach der Havarie Kontakt zu Anke und seinem Freund Chris halten und wusste daher bald, dass Rettung unterwegs war. Mit seinem Schock und einer starken Unterkühlung musste er aber stundenlang allein zurechtkommen.
Wie es zu der Havarie mitten auf dem Atlantik kam
„Ich vermute, dass eine Unterwasserkollision das Ruder abgerissen hat und dabei auch ein Loch in den Rumpf am Heck gerissen wurde“, erklärt sich Daldrup den lauten Knall, mit dem das Unglück vor einer Woche seinen Lauf nahm. Obwohl er eine Tauchpumpe nach eigenen Worten „immer griff- und einsatzbereit“ hat, lief seine Jacht schnell voll.
„Meine ,Jambo‘ aufgeben zu müssen, fällt mir sehr schwer“, räumt Daldrup ein. Seit 2013 habe er so viel mit ihr erlebt. Jetzt blutet sein Segler-Herz: „Liebevoll habe ich sie über Jahre ausgestattet und dabei viel Zeit, Arbeit und auch Geld in sie investiert.“ Bis das Unglück am 65. Tag seines Törns von New York nach Kapstadt passierte, sei die Yacht 7000 Seemeilen ohne technische Probleme gesegelt. (dpa)