TExperte: Was für ein Haus oder eine Wohnung Sie sich leisten können

Der Traum von den eigenen vier Wänden muss vor allem finanziell gut geplant werden. Foto: Christian Klose/dpa
Was sollten Sie vor dem Kauf einer Immobilie im Kreis Stade bedenken? Was für ein Haus oder eine Wohnung können Sie finanzieren? Experte Heinz Weber gibt Antworten.
Wer im Landkreis Stade zur Miete wohnt, muss im Durchschnitt mehr bezahlen als im Landes- oder Bundesschnitt. Mieter zahlten 2022 im Durchschnitt 7,33 Euro pro Quadratmeter, wie das Landesamt für Statistik in Hannover mitteilte.
Manch ein Stader überlegt deshalb, sein Geld in einen Hauskauf zu investieren. Der die Haushaltskasse ähnlich belastet, wie Mietzahlungen, dafür im Alter aber mit Mietfreiheit lockt.
Zudem war im Landkreis Stade 2023 wie fast überall in Niedersachsen für Ein- und Zweifamilienhäuser ein Preisrückgang zu verzeichnen. So lag der Durchschnittspreis von 290.000 Euro insgesamt 14 Prozent unter dem des Vorjahres. Somit ist er wieder auf dem Niveau, wie es zu Beginn des Jahrzehnts als normal galt.
Beratung vor dem Kauf sinnvoll
Kaufinteressenten aus der Region suchen dann Rat zum Beispiel bei Heinz Weber, Diplom-Bankbetriebswirt und Wertoptimierer für Finanzanlagen bei der Grotelüschen und Weber AG in Bremerhaven.
„Zu mir kommen Menschen, wenn sie sich entweder schon für ein Haus zum Kauf entschieden haben und wissen wollen, wie sie dieses am besten finanzieren können. Oder um überhaupt zu wissen, was sie sich bei ihrer finanziellen Lage leisten können“, erklärt er.
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Frage der Verantwortung
Im ersten Schritt stelle er den Interessenten immer die Frage, ob sie überhaupt der Typ zum Immobilienkauf seien. „Will ich die Verantwortung tragen, mich vielleicht um einen Garten und auch das ganze Haus zu kümmern? Im Zweifel empfehle ich auch immer erst einmal ein ,Probewohnen‘, also ein Haus zu mieten, mit der Option, es später zu kaufen“, erzählt Weber.

Heinz Weber kennt sich mit der Finanzierung von Immobilien aus und berät Kunden in diesem Bereich. Foto: Photofaszination by Stephan Knud
Notarkosten und Grunderwerbssteuer bedenken
Steht der Kaufwunsch fest, geht es an die Finanzen. Denn diese sind beim Kauf einer Immobilie ausschlaggebend. Wer sich von Weber beraten lässt, muss also Daten wie das Haushaltsnettoeinkommen offenlegen, welches Eigenkapital eingebracht werden kann, sich aber auch mit Werten für Notarkosten oder Grunderwerbsteuer beschäftigen. Diese liegt in Niedersachsen und Bremen bei fünf Prozent des Kaufpreises, Notar und Amtsgerichtskosten werden mit circa zwei Prozent beziffert. Auch eine Maklerprovision von 3,57 Prozent sollte einbezogen werden, wenn der Kauf über einen solchen erfolgt.
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Eigenkapital wichtig
Grundsätzlich sei, natürlich neben dem monatlichen Einkommen zur Tilgung einer Kreditrate, das Eigenkapital einer der entscheidenden Faktoren beim Hauskauf beziehungsweise dessen Finanzierung. „Wer kaufen möchte, sollte maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens als monatliche Rate zur Abzahlung einplanen und mindestens 10 bis 15 Prozent des Preises als Eigenkapital einbringen“, rät der Fachmann. Davon könnten die oben genannten Nebenkosten bezahlt werden, ein Darlehen müsste also „nur“ noch den reinen Kaufpreis abdecken.
Wie attraktiv bin ich für eine Bank?
Hierbei spreche man dann von einer sogenannten 100-Prozent-Finanzierung. „Das machen viele Banken gerne“, weiß Weber aus Erfahrung, der bei der Finanzierung nicht nur die Banken vor Ort um Angebote bittet, sondern deutschlandweit nach attraktiven Angeboten für seine Kunden sucht. Natürlich sei bei allen Banken mehr Eigenkapital, das dann die nötige Darlehenssumme verringere, noch attraktiver. „Wer allerdings weniger Eigenkapital hat oder sogar gar keins, dem rate ich, erst einmal zu sparen“, so Weber. Denn dann würde eine Finanzierung für viele Banken unattraktiv, sprich nur wenige seien überhaupt bereit, ein Darlehen zu geben. „Und wenn sie es doch machen, wird es teuer“, weiß Weber aus Erfahrung.
Zinsbindung eher länger wählen
Im Schnitt müssen Kaufinteressenten aktuell mit einem Zinssatz von etwa vier Prozent rechnen. Entscheidende Faktoren für Angebote der Bank sei, neben Darlehenssumme, Eigenkapital und Haushaltsnettoeinkommen, die Frage der Zinsbindung. Sprich, wie lange möchte ich einen aktuellen Zins für Zahlungen einfrieren. „Ich empfehle immer eine lange Zinsbindung, dann kann ich länger ruhig schlafen, weil ich weiß, was auf mich zukommt. Andererseits ist hier dann aber in der Regel der Zinssatz etwas höher.“
Arbeitsverhältnis wichtig
Grundsätzlich würden Banken zudem auf die Arbeitsverhältnisse der Antragssteller schauen. „Befristete Arbeitsverhältnisse sind hier oft ein Problem, auch die Probezeit in einem neuen Job sollte am besten vorbei sein“, rät der Experte. Auch das Wohnumfeld, also zum Beispiel eine hohe Arbeitslosigkeit wie in Bremerhaven, kann sich negativ auf die Bonität auswirken, sprich Bürger weniger attraktiv für einen Kredit machen.
Fördermöglichkeiten prüfen
In seiner Beratung gibt Weber auch Tipps für Fördermittel, zum Beispiel für Familien von der KfW-Bank. Oder bringt Möglichkeiten wie ein Verkäuferdarlehen ins Spiel, mit dem Käufer einen Teil der Kaufsumme finanzieren kann. Dabei wird das Darlehen direkt zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart, ohne die Beteiligung eines traditionellen Kreditgebers. Grundsätzlich rät Weber jedem Kaufinteressenten dazu, sich nicht nur ein Angebot und nicht nur aus dem direkten räumlichen Umfeld einzuholen. „Hier kann es große Unterschiede geben.“ Und nach dem Hauskauf regelmäßig Rücklagen zu bilden. „Denn Hausbesitz bedeutet auch immer wieder Investitionen.“
Beispiele zur Finanzierung
Szenario 1:
- 30-jähriger Mieter zahlt aktuell 580 Euro kalt für eine 85-Quadratmeter-Wohnung pro Monat.
- Innerhalb von 30 Jahren kommen mindestens 208.800 Euro zusammen, ohne Mieterhöhungen. Zusätzlich muss er im Alter weiter Miete zahlen.
- Beim Wohnungskauf könnte er Eigenkapital von 7000 Euro für die Kaufnebenkosten einbringen, würde 100.000 Euro als Darlehen (reiner Kaufpreis) finanzieren, bei 30 Jahren Zinsbindung in Höhe von 4,58 Prozent und Volltilgung nach 30 Jahren.
- Auf ihn kämen im Monat Rückzahlungen in Höhe von 505 Euro zu, über 30 Jahre macht das 181.800 Euro. Nach 30 Jahren wäre er schulden- und mietfrei.
Szenario 2:
- Junge Familie, Mitte 30, möchte Haus für 300.000 Euro kaufen.
- Kaufnebenkosten werden aus Eigenkapital bezahlt.
- Darlehen läuft über 30 Jahre bei 4,47 Prozent Zinssatz.
- Monatlich müsste die Familie dafür 1498 Euro zahlen, macht nach 30 Jahren 539.280 Euro.