THimmelpfortens Dorf-Sheriff geht – Nachfolger steht fest

Ralf Bartsch wollte nie etwas anderes sein als Dorf-Sheriff. Jetzt geht er in den Ruhestand. Foto: Klempow
Er war Schutzmann und Kummerkasten: Ralf Bartsch geht als Leiter der Polizeistation Himmelpforten in Ruhestand. Ihn und seinen Nachfolger verbindet viel.
Himmelpforten. Es ist sein letzter Arbeitstag in Himmelpforten. Als „Dorf-Sheriff“, wie er selbst sagt. Das Frühstück mit den Kollegen der Polizeistation liegt hinter ihm, die Freude über sein geschmücktes Büro nimmt Ralf Bartsch mit.
Plötzlich fahren noch mehr Kolleginnen und Kollegen vor, kommen Ordnungsamt und freiwillige Feuerwehr mit guten Wünschen für den Ruhestand vorbei.
Bevor er doch noch wehmütig wird, dreht Bartsch lieber mit breitem Grinsen eine Runde vor der Polizeistation mit einem besonderen Gefährt. Die lieben Kollegen haben ihn dafür mit einer Warnweste ausgestattet. Aufschrift: „Ich bin in Rente, ich muss gar nichts.“
Bereitschaftspolizei und Streifendienst
Das war vier Jahrzehnte lang anders, aber Bartsch hat seinen Job immer gern gemacht. Er hat in seiner Laufbahn bei der Polizei so ziemlich alles gemacht: Bereitschaftspolizei, Streifendienst, Einsatz- und Lagezentrum und Verfügungseinheit. Was er wirklich wollte, war von Anfang eines: „Dorf-Sheriff werden. Das war seit 1981 mein Ziel“, sagt Bartsch.
Nicht irgendwo, sondern in Himmelpforten, wo er viele kennt und alle ihn kennen. In Breitenwisch ist er schließlich aufgewachsen. Zwölf Jahre hat er zuletzt Dienst in Himmelpforten gemacht, zwei Jahre lang als Leiter der mit vier Beamtinnen und Beamten besetzten Polizeistation. Aus dem Traumjob geht Bartsch jetzt in den Ruhestand. Dienstgrad? „Nicht wichtig.“
Als Schutzmann im Dorf unterwegs
Ist es nicht zu nah - dort Dienst zu haben, wo sich Privates, Ehrenamt und Beruf vermischen können? „Das ist eine Einstellungssache“, sagt Bartsch. Es konnte passieren, dass Bekannte bei Unfällen involviert waren oder er an bekannten Türen klingeln musste. „Wenn du Schutzmann bist, bringst du meistens keine guten Nachrichten“, sagt Bartsch. Auch damit muss einer umgehen können.
Im Heimatdorf zu arbeiten, hat Vor- und Nachteile. Durch seine Ehrenämter in der Fußballsparte des MTV Himmelpforten war der HSV-Fan immer gut vernetzt. „Es ist für eine Station wichtig, Strukturen und Familien zu kennen“, sagt er.
Vor allem aber hat er auf den Draht zu den Leuten und auf die Stärke seiner Generation gesetzt: „Wir können noch Kommunikation“, sagt er. Ein offenes Ohr zu haben, einfach mal zu schnacken, zu beschwichtigen, die Schulter zum Ausheulen zu sein. „Wenn wir helfen konnten, egal wie, war es ein guter Tag“, sagt er.
Online-Anzeigen und Bagatellen
Aber das wird schwieriger. Das Einsatzgeschehen ändert sich, das Abarbeiten von Anzeigen nimmt zu - auch durch die Online-Formulare. Manchmal sind es Bagatellen, dort, wo früher unter Nachbarn ein klärendes Wort geholfen hat, wird heute die Polizei gerufen.
Das kennt auch Jan-Niklas Witt. Der 31-jährige Polizeioberkommissar ist der Nachfolger von Bartsch. Auch so einer, der aufs Land und gerne in die Himmelpfortener Station wollte. Schon immer. Das stand für ihn nach seinem Schulpraktikum fest.

Jan-Niklas Witt wechselt von Stade nach Himmelpforten und übernimmt die Leitung der Polizeidienststelle. Foto: Klempow
Auch er ist in Himmelpforten aufgewachsen, hier spielt er jetzt auch wieder Handball. Nach seinem Studium in Oldenburg bis 2015, war er im Einsatz- und Streifendienst in Stade. Von der Arbeit einer ländlichen Polizeistation hat er sich ein halbes Jahr lang in Drochtersen ein Bild gemacht.
Von Streifendienst bis Ermittlung
Jan-Niklas Witt weiß, dass die Stationsarbeit alle Facetten des Polizeidienstes hat. Genau das macht für ihn den Reiz aus: „Es ist dieses Mittelding zwischen Einsatz- und Streifendienst und Ermittlung“, so Witt. Das Spektrum ist groß. „Man muss alles ein bisschen können.“ Er freut sich auf die Leute. „Bürgerkontakt, miteinander im Gespräch bleiben, das ist meine Stärke“, sagt der neue Stationsleiter.

Jan-Niklas Witt ist neuer Leiter der Polizeistation Himmelpforten. Foto: Klempow
Ralf Bartsch grinst. „Es gibt so viele schöne Seiten“, sagt er. Die Besuche im Kindergarten. Oder die staunenden Gesichter der Kinder, wenn das Blaulicht leuchtet. Von diesen Momenten nimmt er viele mit in den Ruhestand. Aber auch tragische Erlebnisse.
Bartsch erinnert sich an schlimmsten Einsatz
Sein schlimmster Einsatz liegt nicht lange zurück: Die Nachricht, dass der vermisste Arian aus Elm nach Wochen in Behrste gefunden wurde, während der Anfahrt nicht zu wissen, wie die Situation vor Ort ist, das war belastend und hat dem Familienvater und Opa Bartsch zugesetzt.
Zeit für die Familie, für den Garten, für die Hobbys - Bartsch hat sich nach insgesamt 25 Jahren Schichtdienst nichts für den Ruhestand vorgenommen. „Ich will einfach genießen, was kommt.“
Eine Ehrenrunde mit dem Elektromobil zum Abschied
Kaum ausgesprochen, kommen die Kolleginnen und Kollegen um die Ecke, mit guten Wünschen - und einem silber-grauen Elektromobil. Das hat einst einer alten Dame in Oldendorf gehört, die gesucht und gefunden wurde, ebenso wie ihr fahrbarer Untersatz.

Überraschungsgefährt am letzten Arbeitstag: Das Seniorenmobil und Ralf Bartsch verbindet eine besondere Geschichte. Foto: Klempow
Ralf Bartsch fuhr ihn damals aus dem Wald - ein Anblick, den seine Kollegen in Erinnerung behalten werden. Bartsch macht ihnen und sich die Freude und dreht noch eine Ehrenrunde zum Abschied.
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