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Mutter gestorben

THoffnung und Hürden: Familie Kudlicks Weg zur Adoption von Nichte und Neffen

Mit einem Koffer voll mit Kleidung kam Brigeter Mhepo-Kudlick in Harare an. Ethan Uwe (links), Anesu und ihre Schwester Princess (rechts) präsentieren die neue Ausstattung.

Mit einem Koffer voll mit Kleidung kam Brigeter Mhepo-Kudlick in Harare an. Ethan Uwe (links), Anesu und ihre Schwester Princess (rechts) präsentieren die neue Ausstattung. Foto: Kudlick

Uwe Kudlick und seine Frau sind mit den Gedanken in Simbabwe. Dort haben ihre Nichte und deren zwei jüngere Brüder ihre Mutter verloren. Die Kinder nach Deutschland zu holen, ist ein aufreibender Prozess.

Von Thorsten Kratzmann Sonntag, 30.03.2025, 15:00 Uhr

Zeven. Vor bald einem halben Jahr war das Schicksal von Anesu (4), Ethan Uwe (7) und Princess (10) Anlass für eine Berichterstattung. Die drei Kinder leben in Simbabwe. Sie sind Waisen. Der Vater ist längst über alle Berge. Ihre Mutter Betha ist Anfang Juli 2024 gestorben. Die Schwester der Verstorbenen, Brigeter Mhepo-Kudlick, lebt mit ihrem Ehemann Uwe Kudlick in Zeven. Das Ehepaar bemüht sich um die Adoption der Kinder. Im Sommer vergangenen Jahres hat es den Prozess angestoßen.

Uwe Kudlick und seine Frau sind nach Harare, der Hauptstadt Simbabwes, geflogen, um sich der Nichte und der Neffen anzunehmen, um deren Mutter zu beerdigen, um Urkunden und andere Dokumente zu beantragen und zu besorgen, um die Betreuung der Kinder sicherzustellen. Onkel und Tante kommen für deren Alltag auf, sie zahlen das Schulgeld und die Krankenversicherung von Anesu, Ethan Uwe und Princess. Knapp 1200 Dollar sind jeden Monat zu bezahlen.

Da diese Summe die finanziellen Möglichkeiten von Uwe Kudlick und seiner Frau übersteigt, hatten sie im Herbst einen Hilferuf in die Welt gesandt. Die Günter-Hofmann-Stiftung unterstützt die Eheleute, Spenden gingen ein.

Behörden in Deutschland und Simbabwe stehen in Kontakt

Und wie steht es heute um die Kinder? Um den Adoptionsprozess? Wie geht es Onkel und Tante? Uwe Kudlick steht Rede und Antwort. Der Kontakt zwischen den Behörden in Deutschland und Simbabwe sei Ende vergangenen Jahres zustande gekommen, berichtet er. Im Januar dieses Jahres seien Mitarbeiter des Rotenburger Jugendamtes bei seiner Frau und ihm zu Besuch gewesen, um im Auftrag der Adoptionsstelle in Hamburg eine Begutachtung vorzunehmen. „Wir warten nun auf das Gutachten“, stellt Uwe Kudlick fest.

Liegt das vor, so muss es übersetzt werden. Dann wird es nach Harare geschickt. Es folgt der Austausch der Behörden beider Länder darüber, ob es zum Wohle der Kinder ist, wenn sie zu den Kudlicks nach Zeven kommen. Ist die Antwort darauf ein Ja, so können die Eheleute beim Familiengericht in Harare einen Antrag auf Adoption stellen. Auf deutscher Seite werden das Familiengericht in Celle und die Ausländerbehörde des Kreises sowie weitere Stellen in das Verfahren involviert, weiß Uwe Kudlick.

Uwe Kudlick zeigt mit dem Finger auf einer Weltkarte, wo Simbabwe liegt.

Uwe Kudlick zeigt mit dem Finger auf einer Weltkarte, wo Simbabwe liegt. Foto: Kratzmann

Sollte der Antrag der Eheleute von den beteiligten Behörden positiv beschieden werden, so können die Antragsteller ins Flugzeug steigen und bei der Deutschen Botschaft in Simbabwe die Einreisevisa für die drei Kinder beantragen. Ist die Einreiseerlaubnis erteilt, so steht die Erlaubnis der Adoptionsbehörde aus, Anesu, Ethan Uwe und Princess nach Zeven zu holen. Bis dieser Tag da ist, werden noch viele Tage ins Land gehen. „Die Behörden haben uns schon darauf hingewiesen, dass sich das Verfahren noch über ein weiteres Jahr hinziehen kann“, sagt Uwe Kudlick.

Unsicherheit und Machtlosigkeit zerren an den Nerven

Eine bedrückende Aussicht. Sie erhöht die aktuelle Belastung - sowohl in Harare als auch in Zeven. Die Unsicherheit zerrt hier wie dort an den Nerven. „Die Kinder haben zeitweise schon daran gezweifelt, dass wir es überhaupt ernst meinen, sie zu uns nach Deutschland zu holen“, berichtet der Zevener. Überdies haben seine Frau und er festgestellt, dass Anesu, Ethan Uwe und Princess „mehr und mehr realisieren, dass ihre Mutter nicht mehr da ist“.

Derweil stehen die Kudlicks permanent unter Spannung. Brigeter Mhepo-Kudlick hält via Handy die Verbindung zu Nanny, Nichte und Neffen. Sie organisiert neben ihrer Arbeit im Krankenhaus gemeinsam mit der Nanny das Alltagsleben der Kinder. Tante Brigeter tröstet sie, baut sie auf, macht ihnen Mut. Und hinzu kommen das Gefühl der Machtlosigkeit und Sorgen. Die sind Uwe Kudlicks ständige Begleiter. Er hat neben seinem Beruf die Finanzen im Blick.

Die monatlichen Ausgaben für den Unterhalt der Kinder - Lebensmittel, Schulgeld, Transport zur Schule, Krankenversicherung, Nanny - summieren sich auf etwa 1200 Dollar. Im Januar war für die Behandlung eines der Kinder zudem eine Krankenhausrechnung von 400 Dollar zu zahlen, die von der Versicherung nicht übernommen wurde. Kudlick ist dankbar und froh, dass die Günter-Hofmann-Stiftung finanzielle Unterstützung gewährt, doch seine Frau und er sind zudem auf Spenden angewiesen, um die Ausgaben stemmen zu können.

Eine ältere Zevenerin hatte Ende vergangenen Jahres je einen Pullover für die drei Kinder gestrickt und ein kleines Geschenk dazugelegt.

Eine ältere Zevenerin hatte Ende vergangenen Jahres je einen Pullover für die drei Kinder gestrickt und ein kleines Geschenk dazugelegt. Foto: Kudlick

Kleidung, Spielsachen, Malbücher: Mit großem Gepäck nach Harare

Ungeachtet dessen ist Brigeter Mhepo-Kudlick nach Simbabwe geflogen. Sie hat es in Zeven nicht mehr ausgehalten. Sie musste zu den Kindern, die sie mehr als sieben Monate nicht in den Arm genommen hat. Gemeinsam mit Nichte, Neffen und Nanny verbringt sie vier Wochen in einer Ferienwohnung.

„Meine Frau ist mit großem Gepäck nach Harare geflogen“, berichtet Uwe Kudlick. Die Kinder wachsen und benötigen neue Kleidung. Auch Spielsachen, Malbücher und Stifte sind mit nach Simbabwe geflogen. Dazu ein Kindertablet zum Lernen und Spielen. Uwe Kudlick überwacht das Tablet und das Handy via Family-Link, damit die Kinder nicht installieren, was ihrem Alter nicht entspricht.

Ebenfalls im Koffer: Geschenke einer Spenderin. Uwe Kudlick erzählt die Geschichte: Im Dezember stand eine Unbekannte an der Haustür. „Eine ältere, sehr freundliche Dame.“ Sie hatte den ersten Zeitungsartikel gelesen und wollte den Kindern Gutes tun. „Sie hatte für jeden einen schönen Pullover gestrickt und jeweils ein kleines Geschenk dazu eingepackt.“ Anesu, Ethan Uwe und Princess haben sich über die Geschenke aus der Fremde gefreut. Fotos und ein Video zeugen davon. Uwe Kudlick hat sie der Spenderin geschickt - „als kleines Dankeschön“.

Ein gemeinsamer Besuch am Grab der Mutter

Seine Frau ist mit den Kindern am Grab deren Mutter gewesen. Das ist nunmehr mit einem von den Kudlicks bezahlten Grabstein versehen. Ja, das Geld. Der Flug Brigeter Mhepo-Kudlicks, das Ferienhaus für vier Wochen, der Inhalt der Koffer plus die laufenden Ausgaben. Das summiert sich.

Hinzu kommt die Gewissheit, dass die Eheleute sowohl vor dem Familiengericht in Harare persönlich zu erscheinen haben, als auch die Beantragung der Visa für die Einreise nach Deutschland bei der Botschaft in Simbabwes Hauptstadt zu erfolgen hat. Das macht zwei mal zwei Buchungen - wenigstens. Wer weiß, wie lange sich das Adoptionsverfahren hinzieht?

Uwe Kudlick steht unter Druck, die Finanzen ins Lot zu bringen. Er plant, in den sozialen Medien Spenden zu werben. Er hat sich auf die Suche nach prominenten Spendern gemacht - beispielsweise Fußballprofis mit einer entsprechenden Stiftung. Er sucht Kontakt zu Fernsehsendern. Obgleich Uwe Kudlick und seine Frau das Ziel ständig vor Augen haben, der Weg dahin dürfte ein weiter sein. Die Eheleute müssen durchhalten - emotional und finanziell.

Spendenkonto unter: DE29 5002 4024 9500 7345 01. Als Verwendungszweck ist „Adoption Simbabwe“ anzugeben.

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