TIn Heinbockel erobert die Generation Z die Bühne

De Allee Theoderspeelers: Marvin Bekkema, Malte Schomacker, Angelina Uhl, Angela März, davor Marion Haack, Julia Klinger, Janna Sommerfeld, Joep Boleu, Margret und Günter Peters und Henrik Klinger (von links). Foto: Luka Odebrecht
De Allee Theoderspeelers spielen in diesem Jahr „Kaviar dröppt Currywurst“. Dabei spricht die Mehrheit der Truppe kein Platt. In Heinbockel haben Millennials und Gen Z die Bühne erobert.
Heinbockel. Der Theaternachwuchs scheint in Heinbockel gesichert: Von zehn Mitspielern sind sechs um die 30 und jünger. Henrik Klinger war 2014 der erste Mitspieler der jüngeren Generation. Er war damals 22 Jahre alt und hatte bis dahin nichts mit Theater am Hut. „Margret und Günter Peters aus der Nachbarschaft hatten mich angesprochen, ob ich aushelfen kann, weil ein Mitspieler abgesprungen war“, erzählt der 32-Jährige. Elf Jahre später steht er mit den Peters immer noch auf der Bühne.

Malte Schomacker (Dieter Dröög und Uwe), Julia Klinger (Erna) und Günter Peters (Heinrich, von links) in der abgerockten Dorfkneipe Knackwurst. Foto: Helfferich

Überraschender Heiratsantrag: Angela März (Sandy), Marvin Bekkema (Blöömke), Julia Klinger (Erna) und Günter Peters (Heinrich, von links). Foto: Helfferich
Für ihn war es 2014 ein Sprung ins kalte Wasser: „Es war eine ziemlich große Rolle und ich spreche eigentlich kein Platt“, erzählt Henrik. Drei Jahre später stieg seine Schwester Janna Sommerfeld auf die Bretter, die für Schauspieler die Welt bedeuten, heute 29 Jahre alt. Es folgten 2019 Julia Klinger, Henriks Frau und 31 Jahre jung, Marvin Bekkema, 28, und seit 2020 dabei, sowie 2023 Angelina Uhl, 29, und Malte Schomaker, 23. Alles junge Leute aus dem Freundeskreis. Malte, dem Jüngsten, erging es wie Henrik: Einer war abgesprungen und er wurde gefragt. „Ich hatte nur einen Tag Zeit, mich zu entscheiden. Hü oder Hott“, erzählt er. Er entschied sich für Hü.
Grundvertrauen und Improvisationstalent gefordert
„Diese Verbundenheit merkt man uns auf der Bühne an“, ist sich Julia Klinger sicher, „zumindest wird uns das von den Zuschauern widergespiegelt.“ Die Gruppe eine ein Grundvertrauen. Auch wenn jemand einen Texthänger hat, werde das aufgefangen. „Wir improvisieren dann auf der Bühne, wenn wir uns nicht ans Textbuch halten“, erzählt Julia, die im neuen Stück als Erna Wutschke die Hauptrolle spielt und enorm viel Text zu lernen hat. Das falle ihr nicht schwer, sagt sie, „ich habe ein fotografisches Gedächtnis“, so die Personalsachbearbeiterin. Marvin lernt den Text durchs Spielen. „Du gibst ihn eher sinngemäß wieder“, stichelt Janna. Es gab auch Momente, da wiederholte ein Mitspieler stoisch ein und dieselbe Textpassage mehrfach, bis Hilfe aus dem Flüsterkasten kam.
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Wie Henrik spricht keiner der sechs Mitspieler Platt. „Ich muss mich wirklich konzentrieren, um die Wörter richtig auszusprechen“, gesteht Malte. Er hat einen Opa, der auch früher schon mit ihm Platt gesprochen hat. Hilfestellung gibt es auch von den erfahrenen Mitspielern. „Manchmal schleicht sich ein englischer Akzent ein. Da ist es gut, wenn wir korrigiert werden“, so Janna, die in diesem Jahr souffliert und nicht mitspielt, da sie im Juni Nachwuchs erwartet. Dafür steht Margret Peters mal wieder auf der Bühne.
Die Stücke werden gemeinsam ausgesucht
Die Textauswahl treffen die Youngster gemeinsam mit ihren älteren Mitspielern. Dabei versuchen sie, das Klischee des plattdeutschen Theaters zu umschiffen. „Es sind oft die gleichen Geschichten: eine Liebschaft in einer Verwechslungskomödie und alle hauen sich auf die Oberschenkel“, so Henrik. Die Theatergruppe will es anders machen: 2022 spielten sie das Stück „De Grillvereen un ehr rodet Auto“ - ein Wettkampf zwischen Männern und Frauen, um festzulegen, wer das Sagen in der örtlichen Feuerwehr hat. Klischee hin oder her: „Lustig war es trotzdem“, so Angelina.

Angela März (als Sandy), Julia Klinger (Erna) und Marvin Bekkema (Blöömke,von links) zauberten aus der Kneipe ein vermeintliches Edelrestaurant. Foto: Helfferich

Unerwünschter Besuch: Angelina Uhl (Sandy) und Henrik Klinger (Prinz Harry van Holtstopp) als glamouröses Paar. Foto: Helfferich
„Diesmal geht es um die abgerockte Kneipe von Erna, bei der dorfbekannte Trinker ein- und ausgehen“, erklärt Malte das Stück „Kaviar dröppt Currywurst“. Finanziert werde das Ganze von Ernas Cousin, dem sie die Kneipe als Edelrestaurant verkauft hat. Schließlich kündigt der seinen Besuch an. „Binnen eines Tages müssen Erna und ihre Freunde die Kneipe auf Edelrestaurant trimmen.“
Premiere am Gründonnerstag ist bereits ausverkauft
Egal, wie oft geprobt wurde, jede Aufführung sei anders, sagt Marvin. So auch die Reaktionen des Publikums: „Sie lachen immer an unterschiedlichen Stellen - und darauf reagieren wir.“ Hinterher höre man oft: „Ich hätte nie gedacht, dass du so gut spielen kannst“, erzählt Henrik. „Und jedes Mal kommen nach den Vorstellungen Anfragen, ob sie auch mitspielen dürften“, so Marvin. Doch das sollten sich Interessierte gut überlegen. Denn Text lernen und proben erfordere viel Zeit. Malte hat alle zwei Wochen Spätschicht, „dann muss ich die andere Woche verlässlich dabei sein“, sagt er. „Wir brauchen zuverlässige Leute“, bestätigt Julia, „beim Fußball kann man vielleicht einen Spieler kurzfristig ersetzen, aber fällt bei uns jemand aus, hängt eine ganze Vorstellung dran.“
Jetzt freuen sich die sechs Youngster auf die bereits ausverkaufte Premiere am Gründonnerstag. Vor der Vorstellung trinkt jeder einen Jägermeister - die einen, um die Nerven zu beruhigen, andere, um auf Betriebstemperatur zu kommen, sagt Henrik. Und es wird gemeinsam angestoßen, egal ob Boomer oder Gen Z.
Es spielen mit: Angela März (Sandy), Joep Boleu (Piet Schoster), Angelina Uhl (Heike), Malte Schomaker (Dieter Dröög und Uwe), Marion Haack (Annabell Dröög), Günter Peters (Heinrich), Margret Peters (Ludmilla van de Stepp), Marvin Bekkema (Blöömke), Janna Sommerfeld (Souffleurin), Henrik Klinger (Prinz Harry van Holtstopp) und Julia Klinger (Erna).
Restkarten gibt es für Karfreitag, 18. April, 19.30 Uhr. Für die Vorstellungen am Freitag, 25. April, um 19.30 Uhr und Sonnabend, 26. April, um 17 Uhr gibt es noch ausreichend Karten. Der Vorverkauf läuft über Edeka in Oldendorf.