T„Jetzt müssen wir die Brandmauer sein“ - Mahnwache in Harsefeld

Stader Schüler engagieren sich für die Demokratie und gegen Rassismus. Foto: Laudien
Empörung und Entsetzten über die Ereignisse der letzten Tage im Bundestag bestimmten die Mahnwache in Harsefeld. Eine besonders emotionale Geschichte teilte SPD-Kandidatin Frauke Langen.
Harsefeld. Mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger versammelten sich am Samstagvormittag zur Mahnwache auf dem August-Hillert-Platz in Harsefeld. Das Bündnis „Demokratie. Vielfalt. Toleranz und Menschenrechte“ hatte zu seiner letzten Veranstaltung vor der Bundestagswahl am 23. Februar aufgerufen. „Ich bin erschüttert, was diese Woche im Deutschen Bundestag stattgefunden hat“, sagte Else Zager, eine der Initiatorinnen des Zusammenschlusses von mehreren Arbeitskreisen, Initiativen, Kirchengemeinden, Vereinen und Verbänden, in ihrer Rede.

Mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger kamen am Samstagvormittag zum August-Hillert-Platz in Harsefeld. Foto: Laudien
Die 76-Jährige setzt sich seit 1992 in Harsefeld für Flüchtlinge ein. „Ich habe mich nach der Abstimmung zur schärferen Migrationspolitik im Bundestag geschämt.“ Es sei eine Zäsur für Deutschland und ein Tiefpunkt, dass der CDU-Antrag mit AfD-Stimmen angenommen wurde, sagte Zager. Es erschüttere sie, dass eine Partei, die das C im Namen trage, sich zum Steigbügelhalter von Nazis machen lasse.
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Rassismus darf kein Programm werden
Am selben Tag habe der Deutsche Bundestag vormittags noch mit einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Dass am Freitag das Gesetz schließlich gescheitert sei, habe ihr einen Funken Hoffnung gegeben. „Es ist nicht mehr 5 vor 33. Jetzt müssen wir die Brandmauer sein. Rassismus darf kein Programm werden“, betonte die Harsefelderin. Sie rief dazu auf, unbedingt zur Bundestagswahl zu gehen. Vorher finden noch einige politische Veranstaltungen statt, etwa in Buxtehude am 8. Februar ab 13 Uhr eine Demo vom Bunten Block, sowie am 9. Februar in der Buxtehuder Pauls-Kirche eine Aktion zum Thema „Man lässt keine Menschen ertrinken“.
Im Anschluss an Zagers Rede hatte Bundestagskandidatin Frauke Langen, gekleidet mit SPD-Schal und rotem Mantel, das Wort. Kurz zuvor war sie noch auf einer Wahl-Veranstaltung in Buxtehude gewesen, sei aber nicht nach Harsefeld gekommen, um Wahlwerbung zu machen. Als Rednerin bei der Mahnwache aufzutreten, habe sie bereits im Oktober mit Heiko Kania, einer der Bündnis-Organisatoren vom SPD-Ortsverein, vereinbart.

SPD-Bundestagskandidatin Frauke Langen bei der Harsfelder Mahnwache. Foto: Laudien
„Da wusste noch keiner, was diese Woche passieren würde“, sagte die 48-Jährige. Sie möchte ein Zeichen für Gerechtigkeit und Demokratie setzen, und nicht, dass Rassismus und Spaltung die Szene beherrschen, betonte Langen, die in Harsefeld wohnt und hier Mitglied im Kirchenvorstand ist.
Frauke Langen erzählt von ihrem Großvater
In ihrer Rede erzählte die Politikerin von einem Buch, das ihr Opa geschrieben hat und ihr gab, als sie 12 Jahre alt war. Darin hatte dieser ergreifende Erinnerungen festgehalten: Von der NS-Zeit mit dem Schicksal von jüdischen Mitbewohnern, die plötzlich verschwunden waren, über seine Kriegsgefangenschaft bis zur Wende 1989. Lediglich jene, die sich für die Demokratie und ein friedliches Miteinander einsetzten, hätten seinen Respekt bekommen. „Setzen wir ein Zeichen für die Menschlichkeit, um Brücken zu bauen“, forderte Langen auf.

Gemeinsam gegen Rassismus und für die Demokratie: Else Zager (links) und SPD-Bundestagskandidatin Frauke Langen bei der Mahnwache in Harsefeld. Foto: Laudien
Pünktlich zum Glockenschlag der Harsefelder Kirche sangen alle gemeinsam das Lied „Keiner wählt hier rechts“. Nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus Harsefeld stimmten mit ein, sondern aus dem gesamten Landkreis und darüber hinaus waren Teilnehmer aller Altersgruppen zur Mahnwache gekommen. Darunter „Omas gegen rechts“ ebenso wie Schüler und junge Familien.

Patrick Wastoski und Lea Schmidt setzen ein politisches Statement. Foto: Laudien
Patrick Wastoski (19) aus Hippstedt und Partnerin Lea Schmidt (20) aus Oerel im Landkreis Rotenburg hatten eigens ein Transparent gefertigt. „Jeder Mensch soll sich wohlfühlen können, egal welche Hautfarbe oder Religion“, sagte das junge Paar. Auch Maxim und Annika Pohl aus Stade äußerten die gleiche Meinung. Mit einigen Freunden aus Stade zogen sie nach der Mahnwache mit Transparenten zu Demokratie und Menschenwürde wenige Meter weiter zum Kreisel an der Marktstraße, wo die AfD an diesem Samstagvormittag einen Wahlstand aufgebaut hatte. Allerdings waren die AfD-Vertreter bereits am Einpacken.
Vergangenes Jahr im Mai war es an gleicher Stelle im Rahmen der Europawahl am Pavillon des AfD-Kreisverbandes Stade zu einer Auseinandersetzung gekommen. Wie berichtet hatte ein junger Mann ein rohes Ei in Richtung des AfD-Stands geworfen. Danach kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Beide Personen erlitten laut Polizei Verletzungen, und es wurde von beiden eine Anzeige wegen Körperverletzung aufgenommen.

Stader Schüler engagieren sich für die Demokratie und gegen Rassismus. Foto: Laudien