THospizdienst: Erna Klindworth begleitet Menschen aus der Region in den Tod

Zuhören, da sein - eine der wichtigsten Aufgaben in der Sterbebegleitung. Foto: Frank Hammerschmidt/dpa
Erna Klindworth hat den Ambulanten Hospizdienst Bremervörde-Zeven mitgegründet und begleitete Menschen in den letzten Wochen ihres Lebens. Keine leichte Aufgabe, aber für die Sterbebegleiterin eine erfüllende.
Wenn Erna Klindworth versucht zu ergründen, warum sie angefangen hat, sich mit dem Thema Hospiz und Sterbebegleitung zu beschäftigen, kommt sie immer zu demselben Schluss: „In Zeiten, in denen ich am glücklichsten war, musste ich häufig daran denken, was wäre, wenn ich jetzt sterben würde.“
Diese sehr intensiven Gedanken mit dem Tod führten die Wiersdorferin zu dem, was sie heute als ihre Berufung empfindet, dem Engagement in der Hospiz-, Sterbe- und Trauerbegleitung. „Sich um Tod und Trauer zu kümmern, ist meine Aufgabe in dieser Welt“, ist sich Erna Klindworth sicher.
Erste Kurse zum Thema vor 30 Jahren
Anfang der neunziger Jahre begann sie bei der Internationalen Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand (IGSL) erste Kurse zu besuchen.1997 wurde dann der Ambulante Hospizdienst Bremervörde-Zeven gegründet und die 66-Jährige war dabei.
Rückblickend war es wohl in den Jahren immer die Suche nach Antworten auf ihre Fragen zum Sterben, die sie motiviert haben, sich weiterzubilden und zu entwickeln. Heute sagt Erna Klindworth, dass sie viel entspannter mit den Gedanken an ihren eigenen Tod umgeht. „Er ist dadurch natürlicher geworden.“
Die Fähigkeit entdeckt anderen Menschen zu helfen
Eigentlich ist die Wiersdorferin gelernte Hauswirtschaftsmeisterin. Während eines Krankenhausaufenthalts half sie dort älteren Menschen und merkte, dass es ein tolles Gefühl ist, anderen Menschen zu helfen. „Ich stellte damals fest, dass es meine Fähigkeit ist, Menschen zu helfen.“

Der ständige Umgang mit Sterbenden veränderte das Verständnis der Sterbebegleiterin für den Tod nachhaltig (Symbolbild). Foto: Marcus Brandt/dpa
20 Jahre lang arbeitete sie dann in der häuslichen Krankenpflege, zum Schluss auch mit Menschen, die an Demenz erkrankt waren. „Meine Patienten sind natürlich auch verstorben. Es war für die Angehörigen in den meisten Fällen sehr schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass der Vater oder die Mutter stirbt. Aber mit einem geschulten Blick merkt man, wann es so weit ist. Ich habe sie dann sozusagen an die Hand genommen und ihnen dabei geholfen, den Tod mutig zu ertragen.“
Während des Kochens den Angehörigen Trost gespendet
Der Weg führte Erna Klindworth nach zwei Jahrzehnten von der häuslichen Krankenpflege in ein Hospiz. Dort wurde für sie das Thema Trauer noch viel präsenter. „Während ich als Hauswirtschaftsleiterin dort gekocht habe, ergaben sich viele Gespräche mit den Angehörigen. Sie kamen zu mir in die Küche, wohl auch, weil sie in der ganzen belastenden Situation ein Stück Normalität suchten, jemanden brauchten, der einfach nur zuhört. Und wenn eine Träne rollte, nahm ich sie einfach in den Arm. Ich merkte, dass ich dort, im Gegensatz zur Pflege, mehr Abstand hatte und sie in ihrer Trauer ganz anders auffangen konnte.“
Zuhören können ist ebenso wichtig wie pflegen
Zuhören, den Sterbenden und den Angehörigen, darum ging es auch hauptsächlich beim Ambulanten Pflegedienst. „Sterbende haben oft schon für sich alles geklärt, wenn sie merken, dass ihre Zeit auf der Erde bald vorbei ist. Wichtig ist eine Person, die das normale Leben mit ins Haus bringt und auch ein Stück Leichtigkeit.“
Seitdem sie vor zwei Jahren ihre Arbeit im Hospiz beendet hat, hat sich ihr Blick noch einmal verändert, erzählt Erna Klindworth. „Von Sterbenden wird oft erwartet, dass sie ihren Tod akzeptieren müssen, aber das steht uns Außenstehenden doch gar nicht zu. Wenn jemand das nicht will und seinen Tod verdrängt, dann muss er das auch dürfen.“
Mit der Hoffnung stirbt es sich leichter
Auf jeden Fall lebt und stirbt leichter, wer es schafft, ungelöste Konflikte zu klären, hat die Hospizbegleiterin festgestellt. Und ein Mensch stirbt auch leichter, wenn er Hoffnung hat, wenn er sich vorstellen kann, dass es nach dem Tod etwas gibt, ein winzig kleiner Teil bleibt. „Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Mensch an Gott glaubt, oder sich als Teil der Natur sieht. Es macht den Weg leichter.“
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Sie hat viele Menschen in den letzten Jahren kennengelernt, an die sie sich auch heute noch denkt. „Es bleiben ganz viele positive Erinnerungen und auch heute noch fahre ich an Häusern vorbei und sofort werden die schönen Begegnungen wieder lebendig, die ich dort hatte“, erzählt Erna Klindworth.
Seelische Stabilität ist eine wichtige Voraussetzung
Wichtig ist, dass man das, was man bei dieser Arbeit erlebt und erfährt, hinter sich lassen kann, betont Erna Klindworth. „Man sollte seelisch stabil sein, sonst ist diese Aufgabe nicht das Richtige. Und vor allem einen guten Ausgleich haben.“ Die lebensbejahende Wiersdorferin hat ein sehr ausgefülltes Leben und findet, dass die beiden Extreme sehr gut zusammenpassen.
Erna Klindworth ist nicht mehr aktiv in der Sterbebegleitung, möchte nur noch Menschen aus dem Freundeskreis begleiten, oder wenn sie besonders darum gebeten wird.
Sie erinnert sich noch sehr gut daran, als ein Freund an Krebs erkrankt war und eineinhalb Jahre später auch daran verstarb. In den Pausen zwischen den Chemotherapien wanderte der Freundeskreis gemeinsam auf den Nordpfaden. „In der Zeit ist so eine tiefe Freundschaft entstanden, die hat dem Kranken, seiner Frau und uns als Freunden so gutgetan.“
Mit Leichtigkeit stirbt es sich einfacher
Wer loslassen kann, dem fällt das Sterben leichter, hat Erna Klindworth festgestellt. „Ein Mensch, der die Tatsache akzeptiert, stirbt entspannter, als jemand, der während des Sterbeprozesses immer wieder damit hadert, eigentlich noch so viel machen will.“
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Dabei würden Menschen genau wissen, wenn das Ende ihres Lebens naht. „Ich habe dabei so ein krasses Bild vor mir, als auf einem Sommerfest eine Frau rief: ‚Juhu, sieht so eine sterbende Frau aus?‘. Man sah es ihrer Erscheinung an und sie ist eineinhalb Tage später auch tatsächlich gestorben. Aber diese Leichtigkeit hat mich so beeindruckt.“
Trauernde begleiten ist ihr Herzensprojekt
Aus dem Weg der Sterbebegleitung wurde inzwischen der Weg der Trauerbegleitung. Für die Menschen da zu sein, die den Weg zurück ins Leben finden müssen, das ist Erna Klindworths Herzensprojekt. Den eigenen Tod stirbt man nur, aber mit dem Tod des anderen muss man leben, ist ein Spruch, der eigentlich alles sagt, findet die Wiersdorferin.
„Das ist für die Hinterbliebenen oft schwer, sie bleiben zurück und ihr ganzes Leben ist im wahrsten Sinne verrückt. Die Räumlichkeiten, der Freundeskreis, alles muss neu sortiert, wieder aufgebaut werden.“
Den ersten Geburtstag ohne den Partner feiern, das erste Mal alleine auf eine Festlichkeit gehen, das sind große und schmerzhafte Hürden, weiß Erna Klindworth. Oft werden Witwen auch als Konkurrentinnen gesehen, die es jetzt vielleicht auf den eigenen Mann abgesehen haben, hat sie schon häufiger in den Gesprächen gehört. Sie hört zu. Lässt die Trauernden erzählen. Begleitet sie.