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Zeven

T„Letzte Generation“ aufgelöst: Klimakleber macht auf eigene Faust weiter

Fabian Beese (Zweiter von rechts) sprüht mit weiteren Aktivisten mit weißer Farbe einen illegalen Zebrastreifen auf den Bremer Osterdeich.

Fabian Beese (Zweiter von rechts) sprüht mit weiteren Aktivisten mit weißer Farbe einen illegalen Zebrastreifen auf den Bremer Osterdeich. Foto: Privat

„Wir appellieren nicht mehr an die Politik, sondern setzen Klimaschutzmaßnahmen direkt um“, sagt Aktivist Fabian Beese aus Zeven. Das Widerstands-Kollektiv sprüht jetzt illegale Zebrastreifen.

Von Lutz Hilken Dienstag, 22.07.2025, 05:50 Uhr

Zeven. Fabian Beese ist Aktivist und als „Klimakleber“ an Straßenblockaden und anderen Aktionen der „Letzten Generation“ beteiligt gewesen, um auf die Klimakrise hinzuweisen, die Politik zum Handeln zu bewegen. Diese radikalen Schritte sorgen für viel Aufmerksamkeit, stoßen aber auf wenig Akzeptanz. Der 27-Jährige ist wegen dieser Aktionen mehrfach vorbestraft. Weitere Verfahren stehen im Raum. Das nimmt der Zevener in Kauf.

Doch nun ist ein Wandel vollzogen: „Die ‚Letzte Generation‘ hat sich aufgelöst. Es sind zwei neue Gruppierungen daraus hervorgegangen“, sagt Fabian Beese. Er meint das „Widerstands-Kollektiv“ sowie die „Neue Generation“. Letztere hat etwa zeitweise ein „Parlament der Menschen“ vor dem Bundestag in Berlin in Form einer Kuppel aufgebaut, um demokratisches Miteinander zu stärken.

Zwei Gruppen mit verschiedenen Ansätzen

Fabian Beese bringt sich nach eigenen Angaben in beiden Gruppen ein, die verschiedene Ansätze haben, aber gleiche Ziele verfolgen - ein gutes Leben für alle. Das „Widerstands-Kollektiv“ bemüht sich selbst um Klimaschutz. „Wir appellieren nicht mehr an die Politik, weil wir sehen, dass sie nicht handelt“, so der Zevener und nennt etwa die geplante umstrittene Gasförderung vor Borkum als Beispiel: „Das ist für mich ein Skandal, angesichts der Situation, in der wir uns befinden. Das Klima wird weiter zerstört.“

Daher setzen die Aktivisten Klimaschutzmaßnahmen direkt auf eigene Faust um, rücken zum Beispiel mit Farbe an und bringen illegal Zebrastreifen oder Radwege auf Straßen in Großstädten auf, wo solche ihrer Ansicht nach fehlen. Aktuell nimmt er nur Zuspruch wahr, sagt Fabian Beese. „Viele Leute sagen, das ist wirklich ein Problem.“

Gesellschaftliche Ignoranz erschüttert Aktivisten

Die Aktivisten machen sich Gedanken, „wie wir uns in Zukunft besser aufstellen, mehr Themen aufgreifen können“, schildert der Zevener. Und Aufmerksamkeit zu schaffen. Aber nicht auf dem Rücken der Gesellschaft, wie er versichert. Wobei nicht Zeven, sondern größere Städte im Fokus der Aktionen sind.

Das Ziel: „In einer möglichst lebenswerten Zukunft zu leben, in der wir uns keine Sorgen machen müssen, dass wir die nächste Flut bekommen.“ Auch Barrierefreiheit für gehandicapte Menschen oder ein sicherer Schulweg für Kinder sind dem jungen Vater ein Anliegen.

Was ihn antreibt? „Mein Sohn und die Realität mit der Zerstörung in vielen Bereichen.“ Die erschüttert ihn ebenso wie „die gesellschaftliche Ignoranz, die ich immer wieder sehe“. Menschen wollen den Klimawandel größtenteils nicht wahrhaben, so sein Eindruck. Dabei unterstreicht der Klima-Aktivist: „Es ist nicht mein persönliches Problem, wofür ich mich einsetze. Wir sind alle davon betroffen.“

Erster Teilerfolg mit Radweg in Bremen gemeldet

Das Widerstands-Kollektiv ist offen für Vorschläge aus der Gesellschaft. Das selbst initiierte Besprühen der Straßen ist freilich illegal. „Für die Reinigung müssen wir finanziell aufkommen.“ Der Aktivist hofft, dass der Druck aus der Gesellschaft so groß wird, dass diese Radwege bleiben. Einen ersten Teilerfolg meldet er am Freitag aus Bremen, wo nach einer Aktion in der Hemmstraße nun tatsächlich offiziell Fahrradpigmente aufgetragen worden sein sollen: „Wir sehen, dass unsere Veränderungen etwas bewirken und Städte auf unsere Radwege reagieren.“

Eher symbolische Aktionen wie Fahrräder oder begrünte Hochbeete auf Straßen zu stellen, Pflastersteine von Parkplätzen zu entfernen, um dort Blumen zu pflanzen, „weil wir zu wenig grüne Flächen haben“, gehören ebenfalls zu den Akten zivilen Ungehorsams, um ein Bewusstsein für mehr Klimaschutz zu schaffen.

Vorstrafen und weitere drohende Verfahren

Fabian Beese räumt ein, dass ihn die Vorstrafen für frühere Aktionen belasten und weitere Strafen sowie Schadensersatzforderungen drohen. „Damit muss ich zurechtkommen.“ Eine Konsequenz, die er aushalten will. Sein Wunsch: „Dass die Gesellschaft begreift, in welche Katastrophe wir gerade hineinschlittern“ und sie nicht als Kleinigkeit abtut. „Klimaschutz kostet Geld, aber die Klimakrise auch.“

Aus Sicht des Zeveners und seiner Mitstreitenden passiert nicht genug, um dem Klimawandel zu begegnen. Beispiel Luftfahrt: „Es geht nicht darum, den Leuten den Urlaub zu vermiesen. Mein Anspruch ist nicht, die Luftfahrtindustrie loszuwerden, sondern dass wir uns Gedanken machen, wie es sich umweltfreundlicher gestalten lässt.“

Beteiligt ist er auch am Beschmieren des Kanzleramts in Berlin mit roter Farbe. Eine Protestaktion, die sich gegen Waffenlieferungen an Israel richtet. „Drecksarbeit ist blutig“, so der Zevener. Aber zurück zum Klima: „Der größte Anspruch ist für mich, dass ich nicht aufgeben möchte. Wir können es noch schaffen, die Klimakrise zu bewältigen“, gibt er sich optimistisch.

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