T„Kraftstoff-Revolution“ HVO100 – 10 Fakten über den neuen Diesel

Alexander Wellbrock (links) und die Geschwister Melanie und Kai Grüning vor der Tankstelle mit dem HVO100-Angebot in Krempel. Zum Unternehmen gehören auch eine Werkstatt und ein Autohaus mit über 20 Mitarbeitern. Foto: rp
Seit Anfang Oktober verkauft die Tankstelle Grüning im Kreis Cuxhaven den Diesel-Kraftstoff HVO100. Was zeichnet diesen neuen Kraftstoff aus? Zehn Fakten, die Sie über HVO100 wissen müssen.
Krempel. Die Tankstelle Grüning in der Ortschaft Krempel in Geestland hat seit Anfang Oktober einen neuen Kraftstoff im Angebot: HVO100. Der neue Diesel-Kraftstoff ist relativ neu auf dem Markt, nicht alle Autofahrer kennen ihn. Firmenchef Ernst Grüning zeigt sich aber optimistisch, dass sich der neue Kraftstoff durchsetzt.
Im Gespräch mit der „Nordsee-Zeitung“ sagt er: „HVO100 ist eigentlich eine Revolution. Er ist umweltfreundlich und nachhaltig. Von den Kosten her günstiger als Wasserstoff. Je mehr Kunden Bescheid wissen, desto mehr wird der Verkauf anziehen.“
Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengefasst.
Für wen kommt HVO100 infrage?
Im Grunde für alle Dieselfahrer. Auf deutschen Straßen sind laut Kraftfahrt-Bundesamt 14 Millionen Fahrzeuge mit Dieselmotoren unterwegs. Der Bundesverband freier Tankstellen (BfT) schätzt, dass 80 Prozent der Nutzung gewerblich ist. Damit können die CO2-Vorgaben leichter erreicht werden.
Können alle Dieselfahrzeuge HVO100 tanken?
Laut Ernst Grüning können alle Dieselfahrzeuge den neuen Kraftstoff problemlos tanken. Er habe ebenso gute Eigenschaften wie herkömmlicher Diesel-Kraftstoff. Die technische Beschaffenheit unterscheidet sich geringfügig, unmittelbare Auswirkungen auf die Motortechnik gebe es keine.
Wo kann ich erfahren, ob der Hersteller meines Fahrzeugs grünes Licht für den neuen Kraftstoff gegeben hat?
Autofahrer erkennen die Freigabe meist am „TXL“-Symbol im Tankdeckel. Auf der Website der Deutschen Automobil Treuhand GmbH unter der Adresse www.DAT.de ist eine Liste, in der die Hersteller-Freigaben der einzelnen Marken aufgeführt sind.
Was sind die Vorteile des neuen Kraftstoffs?
Der neue Kraftstoff gilt zu 90 Prozent als klimaneutral. 10 Prozent gehen darauf zurück, dass der Kraftstoff mit Lkw-Tankwagen transportiert werden muss. Im Vergleich zu fossilem Diesel ist er zudem mit 33 Prozent weniger Feinstaub und bis zu 9 Prozent weniger Stickoxid verbunden. Er ist nahezu geruchslos. Nach den Worten von Ernst Grüning bietet HVO100 gegenüber dem normalen Diesel auch den Vorteil, dass er keinen Bioanteil enthält. Im normalen Diesel (B7) gebe es bis zu sieben Prozent Biobestandteile, die bei selten genutzten Fahrzeugen Schimmel verursachen können.
Ist HVO100 identisch mit Biodiesel?
Nein. HVO100 wird aus Bioabfällen und anderen pflanzlichen Bestandteilen produziert. Meist handelt es sich um alte Fette aus Großküchen, aber auch um Holzreste oder Fischreste. Das Kürzel HVO bedeutet Hydrotreated Vegetable Oils: Mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle. Biodiesel dagegen ist ein Kraftstoff auf der Basis von pflanzlichen oder tierischen Ölen. Die Hauptrohstoffe sind Rapsöl mit einem Anteil von 55 Prozent in Deutschland, Altspeisefette (27) und tierische Fette (2 Prozent).
Ist HVO100 preiswerter?
Im Moment kostet HVO100 etwas mehr als herkömmlicher Diesel. Bei der Tankstelle Grüning kostete der normale Diesel am Testtag pro Liter 1,609 Euro, HVO100 war 9 Cent teurer und kostete 1,699 Euro.
Wo kann ich in unserer Region HVO100 tanken?
Aktuell scheint die Tankstelle Grüning der einzige Anbieter im Cuxland zu sein, der HVO100 im Angebot hat. Auch dem Landkreis Cuxhaven sind keine anderen Anbieter bekannt. Die nächsten Anbieter liegen laut der Homepage clever-tanken.de in Brake und in Stade. Es gibt auch vom Verein eFuelsNow eine Tankstellen-Karte mit entsprechenden Angeboten.

Der nachhaltige HVO100 Diesel, der gänzlich ohne Erdöl auskommt, kostet 9 Cent mehr als der gewöhnliche Diesel. Hochgerechnet auf 50 Liter wären das 4,50 Euro an Mehrkosten. Foto: rp
Die Karte wird von einer Gruppe von circa acht Ingenieuren und Technikern betreut, die sich in ihrer Freizeit mit dem Thema nachhaltiger Kraftstoffe befassen. Nach dem Stand Oktober 2024 sind dort deutschlandweit 4.300 und europaweit 12.000 Stationen aufgeführt. „Jeden Monat kommen circa 200 weitere HVO100-Stationen hinzu“, sagt Moritz Dhom vom Verein.
Seit wann ist HVO100 in Deutschland zugelassen?
HVO100 wurde in Deutschland am 13. April 2024 zugelassen.
Kann HVO100 eine Alternative zu E-Autos bieten?
Dazu erklärt Dr. Olaf Toedter vom Bereich eFuels am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): „HVO ist neben E-Fuel eine weitere Option regenerativer Kraftstoffe. Wenn wir die Treibhausgasreduktion ernst nehmen, müssen wir alle Optionen ziehen. HVO100 ist dabei ein wesentlicher Baustein.“ Auch der ADAC bewertet den neuen Kraftstoff als einen weiteren Schritt bei der Erreichung der Klimaziele. Allein mit E-Autos ließen sich die Klimaziele nicht erreichen.
Länder wie Italien, Österreich oder die Niederlande bieten seit Jahren diesen Treibstoff an. Warum hinkt Deutschland nach?
HVO100 ist eigentlich eine Revolution. Er ist umweltfreundlich und nachhaltig. Von den Kosten her günstiger als Wasserstoff.
Ernst Grüning, Firmenchef
Laut Toedter habe die Sorge um einen möglichen Einsatz von Palmöl die Anpassung der Regelungen verzögert. Seit Anfang 2023 haben sich aber fast alle großen europäischen HVO-Produzenten dahingehend ausgesprochen, kein Palmöl mehr als Ausgangsstoff zu verwenden.