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Schifffahrt

„Mein Schiff 3“: Wie Antje Meyer Kreuzfahrern (fast) alles möglich macht

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“ steht auf dem Deck des Schiffes.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“ steht auf dem Deck des Schiffes. Foto: Sina Schuldt/dpa

Sie ist monatelang von Zuhause weg, damit andere einen schönen Urlaub haben: Antje Meyer sorgt für reibungslose Abläufe auf einem Kreuzfahrtschiff. Schon ihr Vater ist zur See gefahren.

Von Janet Binder und Sina Schuldt Sonntag, 31.08.2025, 08:00 Uhr

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Bremerhaven. Antje Meyer strahlt. Mit dem Bordprogramm in der Hand steht die 42-Jährige am Eingangsbereich des Kreuzfahrtschiffes „Mein Schiff 3“ und begrüßt die ankommenden Gäste. Großes Thema ist dabei das Wetter. Wie wird es sich auf der Reise von Bremerhaven nach Island entwickeln? Gerade zeigt sich der Sommer nicht von seiner besten Seite. „Anfangs ist es noch ein bisschen stürmisch, aber danach sieht es gar nicht so schlecht aus“, sagt Meyer lächelnd zu Nicole Lempke, die mit ihren Kindern und der Oma aus Cottbus angereist ist.

„Sind Sie das erste Mal an Bord?“, fragt Meyer. „Nein, das dritte Mal“, sagt die Passagierin und erklärt auf Nachfrage, warum: „Man kann von Anfang an entspannen. Die Organisation ist super.“

Tausende Koffer gehen an und von Bord

Das ist auch das Verdienst von Antje Meyer: Sie ist General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff mit rund 2.700 Gästen und 920 Crewmitgliedern. Das bedeutet, sie ist für alle Gäste- und Servicebereiche sowie Dienstleistungen zuständig. Dazu gehören Hotellerie, Gastronomie, Wellness, Entertainment und Landausflüge. Meyer fungiert dabei als Schnittstelle zwischen Reisenden und Personal: „Ich achte nicht nur darauf, dass es den Gästen an nichts fehlt, sondern auch, dass es der Crew gut geht.“

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, begrüßt Gäste auf dem Schiff.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, begrüßt Gäste auf dem Schiff. Foto: Sina Schuldt/dpa

Das ist an diesem Hafentag besonders herausfordernd: Es ist Passagier- und Personalwechsel. „Alle Rädchen müssen sich weiter und ineinander drehen“, sagt sie. Tausende von Koffer gehen von und an Bord. In den Bars wollen die Gäste versorgt werden. Schnell noch ein Blick in die Lounge der Suiten-Gäste: Ist auf dem Buffet alles in Ordnung? „Füllt ihr die Melonen noch auf?“ Später ein Blick in die Sauna. Mit Spa-Managerin Natascha Heinlein bespricht sie, dass eine lockere Holzleiste befestigt werden muss.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff den Saunabereich.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff den Saunabereich. Foto: Sina Schuldt/dpa

Unterdessen kommen 180 Tonnen Ware an Bord, die für die anstehende Reise benötigt werden: Lebensmittel, Getränke, Hygieneartikel oder auch neue Handtücher. „Es muss sichergestellt sein, dass alles vorhanden ist, um nichts unterwegs nachkaufen zu müssen“, betont Meyer. Auch am Terminal war sie heute Morgen schon, um zu sehen, wo die Busse für die abreisenden Gäste stehen, damit sie eine Antwort geben kann, wenn sie danach gefragt werden sollte.

Freunde gründeten eine Familie - sie ging aufs Schiff

Meyer kommt aus der Hotelbranche. Bevor sie 2016 vom Festland aufs Schiff wechselte, war sie nach dem BWL-Studium lange in Top-Hotels beschäftigt. „Mit Anfang 30 gab es einen Lebensumbruch. Freunde von mir haben eine Familie gegründet - ich habe mich für einen neuen beruflichen Weg entschieden“, sagt sie. Dabei hatte sie bis dahin privat noch nie eine Kreuzfahrt gemacht.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff eine Suite.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff eine Suite. Foto: Sina Schuldt/dpa

Sie ging zunächst als Cruise Director aufs Schiff, war damit fürs Bord-Entertainment zuständig. „Es war ziemlich schnell klar: Das kann eine dauerhafte Liebe werden“, sagt sie rückblickend. Verwunderlich ist das nicht: Meyer kommt von der Küste, sie ist in Schwerin aufgewachsen. Ihr Vater fuhr 40 Jahre auf Containerschiffen zur See. Es kam vor, dass sie ihn begleitete. „Es stand mal im Raum, dass ich Nautik studiere, aber es war dann doch eher die Hotelseite, die mich interessierte.“

Permanente Verfügbarkeit an Bord

So kam sie aufs Kreuzfahrtschiff, wo sie drei Monate am Stück arbeitet und während dieser Zeit praktisch rund um die Uhr ansprechbar ist. So wie ihr geht es auch vielen anderen an Bord. „Die Arbeitszeiten sind lang - häufig zehn bis vierzehn Stunden täglich, sieben Tage die Woche, über mehrere Monate hinweg“, sagt Katharina Bothe vom Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven, die an Handlungsempfehlungen zu besseren Arbeitsbedingungen an Bord von Kreuzfahrtschiffen forscht. „Die permanente Verfügbarkeit und das ‚Leben am Arbeitsplatz‘ erschweren eine klare Trennung von Arbeits- und Erholungszeit.“

Frauen in Führungspositionen an Bord eher selten

Antje Meier aber betont, für sie sei das kein Problem. An ihrem Job mag sie, dass kein Tag dem anderen gleiche. Zwischen ihren Einsätzen hat sie zwei bis drei Monate frei. Damit führt sie ein völlig anderes Leben als ihre Freunde. Für beide Seiten sei das aber kein Problem: „Man feiert die Feste, wie sie fallen.“ Das bedeutet für sie: Wenn sie zu Hause sei, verbringe sie intensive „Quality Time“ mit der Familie und Freunden. „Und solange sich alle noch freuen, wenn ich nach Hause komme - ist das wohl ein gutes Zeichen.“

Das Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“ liegt an der Columbuskaje in Bremerhaven.

Das Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“ liegt an der Columbuskaje in Bremerhaven. Foto: Sina Schuldt/dpa

Nur rund ein Fünftel der Beschäftigten an Bord eines Kreuzfahrtschiffes sind nach einer Erhebung des Seafarers International Research Centre Frauen. Die meisten von ihnen arbeiten in den Servicebereichen, vor allem in mittleren Positionen. „Frauen sind generell in Führungspositionen nach wie vor eine Minderheit“, sagt Katharina Bothe.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff den Pool.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff den Pool. Foto: Sina Schuldt/dpa

Neben Bremerhaven, von wo es heute losgeht, zählen Hamburg, Kiel und Warnemünde/Rostock zu den wichtigsten Kreuzfahrthäfen Deutschlands. Seit der Corona-Pandemie ist die Beliebtheit von Kreuzfahrten wieder ungebrochen hoch. Der internationale Kreuzschifffahrtsverband Clia rechnet für dieses Jahr wieder weltweit mit steigenden Passagierzahlen. Die Reedereien versuchen, mit unterschiedlichen Konzepten so viele Zielgruppen wie möglich anzusprechen: von jung bis alt, vom Schlager- bis zum Heavy-Metal-Fan.

Auch schon als Trauzeugin an Bord zum Einsatz gekommen

Wenn Antje Meyer an Bord arbeitet, ist es ihr wichtig, dass es allen Gästen gut geht, auch den Kleinsten. „Manchmal kommen die Koffer der Passagiere nicht rechtzeitig an, dann wird ein Ersatz-Kuscheltier besorgt, bis das Eigene im nächsten Hafen ankommt.“ Oder Meyer organisiert den passenden Rahmen für einen Hochzeitsantrag an Bord. „Auf der letzten Reise war ich sogar Trauzeugin. Es war sehr emotional, alle haben geweint“, erzählt sie lächelnd. Überhaupt: Kaum ein Gast wird Antje Meyer jemals ohne ein Lächeln sehen.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff ein Buffet.

Antje Meyer, General Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 3“, kontrolliert bei einem Rundgang über das Schiff ein Buffet. Foto: Sina Schuldt/dpa

Und was sind ihre eigenen Glücksmomente an Bord? „Die Scheren-Einfahrt nach Stockholm ist immer wieder beeindruckend. Und auch die Fahrt Richtung New York mit Blick auf die Skyline“, sagt sie, ohne überlegen zu müssen. Aber es seien auch die kleinen Augenblicke: „Bei Sonnenuntergang an der Reling stehen - das sind meine zehn Minuten“, sagt sie.

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