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TMit Senioren auf TikTok: Influencer John Lopes poliert das Pflege-Image

John Victor Lopes ist Pflege-Influencer und filmt auch in der Seniorenresidenz Oldendorf. Seine Videos für die Residenzgruppe werden millionenfach aufgerufen.

John Victor Lopes ist Pflege-Influencer und filmt auch in der Seniorenresidenz Oldendorf. Seine Videos für die Residenzgruppe werden millionenfach aufgerufen. Foto: Klempow

John Lopes aus Hammah filmt und postet Videos aus dem Seniorenheim. Der Pflege-Influencer ist inzwischen bundesweit bekannt. Die heimlichen Stars sind aber andere.

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Von Grit Klempow
Sonntag, 25.05.2025, 07:50 Uhr

Oldendorf. „Es ist ein schöner Beruf.“ Das sagt John Victor Lopes mit Überzeugung. Der 37-Jährige aus Hammah arbeitet seit 16 Jahren in der Pflege. Seit zweieinhalb Jahren sorgt er über Social Media für Einblicke in den Pflegeheim-Alltag.

Das verschaffte ihm in dieser Woche eine Einladung ins ARD-Morgenmagazin und einen direkten Draht zur neuen Bundesgesundheitsministerin.

John Lopes scheint genau der Richtige zu sein, um andere für die Pflege zu begeistern. Er ist smart, sportlich und hält in seinen Videos immer die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit.

Als Zivildienstleistender hatte er die erste Berührung mit dem Beruf, im Pflegeheim in Hechthausen. „Ich habe da für mich entdeckt, wie viel Spaß mir das macht. Ich habe immer versucht, die Bewohner zum Lachen zu bringen, und die Teamarbeit liegt mir.“

johnfit_praxisanleiter ist er bei Instagram

Er hängte die Ausbildung an seinen Zivi, sammelte Erfahrung, übernahm in der Seniorenresidenz Oldendorf die Leitung eines Wohnbereichs und bildete sich zur Pflegedienstleitung und zum Praxisanleiter weiter - im Pflegeberuf ist das der Ausbilder. Danach sind auch seine Accounts benannt: Als johnfit_praxisanleiter ist er bei Instagram zu finden.

Ein Team für TikTok-Videos: Maria Oelschleger (86), die in der Seniorenresidenz Oldendorf lebt, und John Victor Lopes.

Ein Team für TikTok-Videos: Maria Oelschleger (86), die in der Seniorenresidenz Oldendorf lebt, und John Victor Lopes. Foto: Klempow

Für Social Media interessierte er sich schon, als er noch als regionaler Praxisanleiter Verantwortung in der Residenzgruppe trug. Diese betreibt Häuser in Oldendorf, Ahlerstedt, Apensen und Harburg. Der Job machte ihm viel Spaß. „Ich konnte mich noch mehr einbringen“, sagt er.

Genervt vom Pflege-Image

Parallel machte John Lopes die ersten Videos, denn es nervte ihn, „wie negativ der Pflegeberuf in der Öffentlichkeit gezeigt wurde“. Er machte sich auf, das durch Social-Media-Beiträge zu ändern. Mit Erfolg. Inzwischen macht er das als Vollzeitjob für die Residenzgruppe und wird mit millionenfachen Aufrufen seiner Videos bestätigt. Das liegt auch an Albert, Helga oder Maria.

Der Pflege-Influencer und sein heimlicher Star Albert van Poll (90).

Der Pflege-Influencer und sein heimlicher Star Albert van Poll (90). Foto: Lopes

Der 90-jährige Albert van Poll macht jeden Jux mit. In einem der Videos überfallen er und Helga (98) vor dem Alisea-Domizil in Harburg den Passanten John. Als neue Pflegekraft liefern die Senioren ihren Fang gleich am Empfang ab. Von wegen Personalmangel. „Die tun sich so schwer mit Personal, hier“, sagt Albert. „Das war doch ganz einfach“, sagt Helga.

Unterstützung bei der Community-Pflege

Auch Maria Oelschleger spielt in Lopes’ Videos mit. Die 86-Jährige lebt in der Seniorenresidenz Oldendorf und lächelt verschmitzt. „Ich habe ja sonst nicht viel zu tun.“ Wenn sie gespielt brummelig in die Kamera blickt, ist ihr der Spaß anzusehen. Wie die Social-Media-Beiträge gelaufen sind, meldet John seinen Darstellern zurück. Es sind gute Nachrichten.

Einige Videos haben zwei bis drei Millionen Aufrufe. Unterstützt wird er deshalb bei der Community-Pflege und im Hintergrund von Kollege Tino Kahles aus der Seniorenresidenz Oldendorf, der auch in vielen Videos zu sehen ist.

Die Kommentare unter seinen Beiträgen zeigen, dass er mit den Szenen aus dem Arbeitsalltag den richtigen Ton trifft. Das ist ihm wichtig. „Man kann Humor verwenden, aber es muss anständig sein und darf nie herabwürdigen.“ Und nicht zu vergessen: „Das hier ist das Zuhause der Bewohner.“ Er bringt auch mal Themen wie Tod und Sterbebegleitung zur Sprache.

Bessere Bedingungen und guter Lohn

John Lopes will zeigen, was Langzeitpflege leisten kann. Dass Menschen auch im Alter noch zurück in einen aktiven Alltag finden können. „Man lernt viel fürs Leben. Das ist so ein professioneller und komplexer Beruf“, sagt John Lopes. Auch die Bedingungen sind besser, wirbt er. „Der Lohn hat sich enorm gesteigert, man verdient gutes Geld.“ Das sagt er auch, wenn er vor Schulklassen steht.

Ohne das zielgerichtete Werben um die Fachkräfte von morgen geht es nicht mehr. „Bis 2049 werden voraussichtlich mindestens 280.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt“, heißt es vom Statistischen Bundesamt. Über die sozialen Medien geht Lopes direkt auf die Jungen zu.

Er fordert mehr Mitspracherecht

„Ich brenne dafür“, sagt er. „Wir erreichen so ganz viele Menschen“, weiß Lopes. Seit dieser Woche dürften es noch mehr sein. Im ARD-Morgenmagazin war John Lopes zu Gast, im Einspielfilm kam auch sein Video-Kompagnon Albert als Community-Star zu Wort.

Und John Lopes fand mit seiner Forderung nach mehr Mitspracherecht und Vertrauen in die Kompetenz der Pflegekräfte Gehör bei der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Ein entsprechender Gesetzentwurf sei in Arbeit.

John Lopes und seine heimlichen Stars polieren indes mit jedem weiteren Video das Image der Pflege. Und wenn John Lopes mit Albert Szenen bespricht oder mit Maria schnackt, ist er in seinem Element - als Influencer und als Pfleger.

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