TMülltonnen-Ärger im Neubaugebiet: Bewohner in Fredenbeck protestieren

Protestaktion im Neubaugebiet Sonnenkamp West in Fredenbeck. Die Mülltonnen müssen zum Teil mehrere Hundert Meter bis zum Sammelplatz transportiert werden. Foto: Fehlbus
Den Anwohnern im Sonnenkamp reicht es: Sie wollen keine Tonnen mehr schleppen und fordern, dass die Müllabfuhr ihre Straße befährt. Warum ist die Lage so schwierig?
Fredenbeck. Der Sonnenkamp ist als asphaltierte Ringstraße angelegt. Die Einfahrt erfolgt von der Schwingestraße aus. Gut 30 Häuser und die Laternen stehen schon in dem Fredenbecker Neubaugebiet. Aber der Schein trügt: Der Sonnenkamp ist bisher keine offizielle Straße der Gemeinde Fredenbeck. Damit dürfen Müllfahrzeuge hier nicht hineinfahren. Um das zu ändern, haben Mitglieder des Ortsverbands von Bündnis 90/Die Grünen jüngst eine Protestaktion initiiert.
Ein halber Kilometer Fußweg mit Mülltonne
Punkt 18 Uhr geht es los. Wilhelm Nodorp und Hinrich Enderstein gehören zu den Anwohnern, die mit Mülltonne im Schlepptau die Straße entlangziehen. Von ganz hinten bis vorne an der Schwingestraße ist es knapp ein halber Kilometer Fußweg.
„Im Moment geht es noch, aber im Winter kann es schon für uns ältere Menschen schwierig werden“, sagt Hinrich Enderstein. Er hat seine Restmülltonne auf einen Rollator geschnallt. Noch schwerer ist die Papiertonne, wenn sie zum Sammelplatz muss. Manchmal helfen die Nachbarn. Das sei zumindest positiv, sagt eine junge Mutter, auf die Weise lerne man alle im Neubaugebiet kennen.

An der Schwingestraße werden die Mülltonnen gesammelt und abgeholt. Auch die Mitarbeiter der Entsorgungsfirma müssen die Tonnen noch einmal einzeln zum Fahrzeug rollen. Foto: Fehlbus
Trotzdem würden sie gerne auf die abendliche Runde verzichten. Der Schuldige, warum die Mülltonnen nicht abgeholt werden, wird gesucht. Und das ist gar nicht so einfach.
Das sagt der Landkreis Stade
Eine Sprecherin des Landkreises erklärt auf TAGEBLATT-Anfrage: „Die Straße Sonnenkamp in Fredenbeck ist eine Privatstraße, da sie nicht gewidmet ist. Sie befindet sich nicht im Endausbau. Grundsätzlich werden Privatstraßen aus Haftungsgründen nicht befahren.“
Die Forderung nach Einhaltung aller Arbeitsschutzvorgaben sei in der Leistungsbeschreibung für das Einsammeln der Behälter festgeschrieben und Bestandteil des Vertrages mit dem Entsorgungsunternehmen. Arbeitsschutzvorgaben müssen grundsätzlich eingehalten werden.
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„Für die Abfallsammlung ist eine Baustraße nicht geeignet. Die Verkehrssicherung, zum Beispiel bezüglich Winterdienst, ist ungeklärt. Es besteht erhöhtes Unfallrisiko. Außerdem behindern Bautätigkeiten oftmals die Durchfahrt, Behälter sind zwischen Baumaterial schwer zu finden und führen zu Reklamationen“, so die Kreissprecherin.
Das sagt der Investor
Axel Arthur Schmidt, Geschäftsführer vom Investor THSC Grundinvest, sagt: „Von der jüngsten Aktion der Anwohner hatten wir im Vorfeld keine Kenntnis, aber wir unterstützen das Anliegen, da die derzeitige Situation für die Bewohner sehr belastend ist.“
Es sei aus Sicht von THSC Grundinvest nicht nachvollziehbar, warum sämtliche Baufahrzeuge, darunter auch sehr große und schwere, jederzeit in das Baugebiet einfahren dürfen, während die Entsorgungsfahrzeuge des Landkreises davon ausgeschlossen sind.
„Dieses Problem betrifft nicht nur den Sonnenkamp, sondern alle Baugebiete im Landkreis. Und wir sind der Meinung, dass hier dringend eine andere vertragliche Regelung gefunden werden muss“, fordert Schmidt.
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Die vertraglich festgeschriebene 70-Prozent-Quote, bei der der Endausbau der Straße Sonnenkamp erfolgen müsse, sei noch nicht erreicht. „Allerdings haben wir in den letzten Wochen fast alle Mehrfamiliengrundstücke verkauft, so dass in Kürze mit einer deutlichen Bautätigkeit begonnen wird. Würden wir den Endausbau jetzt bereits vornehmen, wäre absehbar, dass die schweren Baufahrzeuge die neuen Pflasterflächen erheblich beschädigen würden. Diese Spuren und Schäden müsste dann die Gemeinde Fredenbeck als Straßenbaulastträger übernehmen – was aus unserer Sicht nicht sinnvoll und auch nicht zumutbar wäre.“
Das sagt die Verwaltung in Fredenbeck
Fredenbecks Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef sagt: „Wir werden uns in der nächsten Ratssitzung am 18. September noch einmal mit dem Thema beschäftigen.“ Aus vertragsrechtlichen Gründen müsse das politisch aufgenommene Thema allerdings im nichtöffentlichen Teil beraten werden.
Es sei auch die Bitte an die Fredenbecker Verwaltung herangetragen worden, die Möglichkeit einer vorzeitigen Widmung der Straße zu prüfen. Dabei würde die Gemeinde die Straße vor dem abgeschlossenen Endausbau vom Investor übernehmen, um die Einfahrt der Müllfahrzeuge abzusichern.
„Ich werde aber dem Rat empfehlen, das abzulehnen“, sagt Hartlef. Aus den Verträgen gehe hervor, dass der Endausbau entweder bei Erreichen von 70 Prozent Bebauung der Fläche oder aber spätestens zum 31. Dezember 2025 erfolgen müsse. Dieses Datum sei bald erreicht.
Handlungsbedarf bei allen Baugebieten?
Der Protest hat die Probleme verdeutlicht, Lösungen sind damit noch nicht gefunden. Der Investor will den Endausbau erst nach Fertigstellung der schweren Bauteile der Mehrfamilienhäuser durchführen, um Schäden zu vermeiden.
Das Datum für den Endausbau in diesem Jahr scheint damit gefährdet. Die Gemeinde möchte keine unfertige Straße übernehmen. Und der Landkreis Stade und das Entsorgungsunternehmen Karl Meyer fahren keine Baustraßen an.
Für die Bremer Firma, die das Baugebiet in Fredenbeck entwickelt hat, ist das ungewöhnlich. „Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, dass hier für alle Baugebiete im Landkreis eine tragfähige Lösung geschaffen wird“, sagt Axel Arthur Schmidt. „Wir werden demnächst den Sonnenkamp Ost erschließen und sehen schon jetzt, dass wir dort wieder mit derselben Problematik konfrontiert sein werden.“ Es bestehe akuter Handlungsbedarf.
„Für einen weiteren Ortstermin sind der Landkreis Stade und das Entsorgungsunternehmen bereit“, heißt es aus dem Kreishaus zu den Problemen der Anwohner im Sonnenkamp.

Protestaktion im Neubaugebiet Sonnenkamp West in Fredenbeck. Die Mülltonnen müssen zum Teil mehrere Hundert Meter bis zum Sammelplatz transportiert werden. Foto: Fehlbus
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