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Schicksalsschlag

TNach schwerem Arbeitsunfall in Molkerei zurück ins Leben gekämpft

Stephan Tampke (Mitte) mit Madeleine Krämer und Jan Bornemann von der Molkerei Lamstedt nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung.

Stephan Tampke (Mitte) mit Madeleine Krämer und Jan Bornemann von der Molkerei Lamstedt nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung. Foto: Tampke

Neun Monate im Krankenhaus, eine lange Leidenszeit: Doch der junge Azubi gab nicht auf. Das ist die Geschichte von Stephan Tampke.

Von Lennart Keck Samstag, 24.08.2024, 15:45 Uhr

Bremervörde/Lamstedt. Der Lebensweg von Stephan Tampke verlief alles andere als geradlinig. Mitten in seiner Ausbildung zum Milchtechnologen ereilte den 24-Jährigen ein schwerer Schicksalsschlag, der zunächst seine gesamte Zukunft in Frage stellte. Doch seine Entschlossenheit und sein starker Wille, nicht aufzugeben, siegten schließlich.

Nachdem der gebürtige Bremervördener sein Maschinenbaustudium abgebrochen hatte, wusste Stephan Tampke nicht so recht, wohin die Reise gehen sollte. „Ich bin einfach nicht der geborene Student“, gibt er offen zu. Doch die Wende kam durch einen Zufall: In der Zeitung entdeckte seine Mutter eine Anzeige der Molkerei Lamstedt, die Auszubildende suchte.

„Ich wusste zunächst gar nicht, was ein Milchtechnologe genau macht“, erinnert sich Tampke. Doch ein Praktikum brachte schnell Gewissheit: „Das hat mir so gut gefallen, dass ich sofort wusste: Das will ich weitermachen.“ So begann er seine Ausbildung noch im Mai 2021. „Ich wollte unbedingt verkürzen. Ich hatte sowieso nichts zu tun und wollte einfach loslegen.“

Wurde per Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen

Eineinhalb Jahre lang lief alles gut, doch ein Vorfall im Januar 2023 sollte sein Leben grundlegend verändern. Stephan Tampke erlitt einen schweren Arbeitsunfall, verlor sogar das Bewusstsein und musste mit dem Hubschrauber in eine Klinik geflogen werden. „Ich hatte schwere Verbrennungen dritten und sogar vierten Grades“, erinnert er sich.

Durch zahlreiche Hauttransplantationen konnte die zu 40 Prozent verbrannte Körperfläche weitestgehend gerettet werden. Doch er verlor zwei Finger seiner linken Hand.

Ein Dreivierteljahr verbrachte der Auszubildende im Krankenhaus, davon zwei Monate auf der Intensivstation. Der Unfall stellte alles in Frage, auch seine berufliche Zukunft. „Es stand zur Debatte, ob es überhaupt Sinn macht, weiterzumachen“, erzählt er. Schließlich sei der Beruf des Milchtechnologen auch mit handwerklicher Arbeit verbunden. Doch Stephan Tampke gab nicht auf - und auch der Betrieb glaubte an den jungen Auszubildenden. „Die haben mir immer gesagt, dass ich es schaffe und ich solle erst mal in Ruhe gesund werden.“

Entwickelte für sich neue Techniken

Als Stephan Tampke das Krankenhaus verlassen durfte, war der Heilungsprozess noch nicht abgeschlossen. Viele alltägliche Dinge wurden zur Herausforderung. „Ich musste mir eigene Techniken aneignen, um gewisse Dinge zu tun. Schuhe binden musste ich quasi neu lernen, weil mir die Finger dafür fehlten.“ Auch für die Arbeit in der Molkerei entwickelte Tampke neue Techniken, um Maschinen zu bedienen und Dinge zu tragen.

Das habe auch Auswirkungen auf den Arbeitsablauf, merkt er an. „Für Aufgaben, für die ich früher zehn Minuten gebraucht habe, brauche ich jetzt zwölf Minuten. Aber ansonsten kann ich tatsächlich alles machen, was ich vorher auch konnte. Nur anders.“

Ohne Unterstützung sei das nie möglich gewesen

Besonders dankbar sei er für die Unterstützung, die er seit dem Unfall von seiner Familie, der Molkerei Lamstedt und einigen Lehrern der Berufsbildenden Schulen Oldenburg erfahren habe. „Ohne deren Unterstützung wäre es auch unabhängig von mir nie möglich gewesen, die Ausbildung jetzt abzuschließen“, sagt er dankbar.

Fast ein Jahr nach dem Unfall, im Januar 2024, nahm Stephan Tampke seine Ausbildung wieder auf und schloss sie im Juni erfolgreich ab. Heute wohnt er noch in Bremervörde, plant aber, nach Lamstedt zu ziehen. „Ich hatte schon immer einen gewissen Bezug zu Lamstedt, da mein Vater aus Mittelstenahe stammt.“

Jetzt soll der Meister gemacht werden

Die Entscheidung habe aber auch berufliche Gründe, denn Stephan Tampke möchte weiterhin in der Molkerei bleiben. Der Unfall hat seine Verbundenheit mit dem Beruf und der Molkerei nicht geschmälert - im Gegenteil. Aktuell plant der 24-Jährige, auch noch seinen Meister zu machen. „Einige Ärzte haben mir erzählt, dass es Patienten gibt, die nicht mehr an den Unfallort zurück wollen. Ich sehe das anders. Das hätte mir überall passieren können.“ Außerdem seien ihm sein Beruf, die Molkerei und seine Arbeitskollegen inzwischen zu sehr ans Herz gewachsen.

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