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TNew York, Hamburg, Harsefeld: Warum eine international bekannte Musikerin im Klosterpark auftritt

Jocelyne Fillion-Kelch, Virtuosin auf der Querflöte, im Nordlichter-Gewand auf der Bühne im Klosterpark.

Jocelyne Fillion-Kelch, Virtuosin auf der Querflöte, im Nordlichter-Gewand auf der Bühne im Klosterpark. Foto: Laudien

Sie spielt in Opernhäusern auf der ganzen Welt, gehört international zur ersten Liga. Dennoch zieht es Flötistin Jocelyne Fillion-Kelch und ihre hochkarätigen Musiker-Kollegen jedes Jahr zum Klassik Open Air nach Harsefeld. Warum?

Von Susanne Laudien Montag, 03.06.2024, 10:50 Uhr

Harsefeld. Ein Hauch von Elbphilharmonie und Bayreuther Festspiele wehte Freitagabend durch den Harsefelder Klosterpark. Beim Klassik Open Air „Nordlichter“ hatten sich mehr als 200 Zuschauer im Vorwege Karten gesichert.

Für viele spontane Besucher stellte das Team des Harsefelder Stadtmarketings zusätzlich Stühle auf. Unter dem Publikum viele langjährige Fans und Freunde der Veranstaltungsreihe, die sich mit Sitzkissen für den Abend gerüstet hatten.

Nieselregen und eine Störung bei der Bahn im Vorfeld

Seit 21 Jahren organisiert Flötistin Jocelyne Fillion-Kelch im Frühjahr die Klassikabende unter freiem Himmel in Harsefeld. Kurz zuvor beim Soundcheck war dieser allerdings von dunklen Wolken und Nieselregen getrübt.

Auch eine Störung bei der Bahn, mit der ihre vier Musiker-Kollegen aus Hamburg anreisen wollten, sorgte für Ungewissheit. „Auf alles andere bin ich bestens vorbereitet“, sagte die Profi-Musikerin kurz vor dem Auftritt bei einem Gespräch mit dem TAGEBLATT.

Überzeugende Argumente für ihr Leben in Harsefeld

Fillion-Kelch ist gebürtige Kanadierin und kam nach einem Musik-Studium in der Schweiz und Engagement beim Staatsorchester in Oldenburg 1983 nach Hamburg. „Hier lernte ich meinen Mann, einen Tierarzt, kennen und wir zogen nach Harsefeld“, erzählt sie.

Die gute Luft, die Nähe zur Schule für ihre beiden Söhne, die Natur und eigene Tiere - viele Argumente hätten für ein Leben in Harsefeld gesprochen. Ihr Söhne seien inzwischen erwachsen - der 34-Jährige ein erfolgreicher Musiker bei der Rapp-Band Alligatoah, der 39-Jährige in der Solarbranche tätig.

Zwischen Kirche und Klostermauern genoss das Publikum das Open-Air-Klassik-Konzert in Harsefeld.

Zwischen Kirche und Klostermauern genoss das Publikum das Open-Air-Klassik-Konzert in Harsefeld. Foto: Laudien

„Seit einem Jahr bin ich in Rente“, berichtet Fillion-Kelch, die Piccolo-, Alt- und Bass-Flöte spielt und fast 40 Jahre dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg angehörte. Konzerte in Opernhäusern auf der ganzen Welt sowie in den vergangenen Jahren in der Elbphilharmonie prägten ihr Leben.

Die 68-Jährige erzählt von Auftritten in New York, Australien und Japan, von Ballett-Aufführungen mit John Neumeier und ihrem Chef, dem Dirigenten Kent Nagano. „Es ist das höchste, was man als Musikerin erreichen kann.“

Konzerte in Opernhäusern auf der ganze Welt

Von Ruhestand als Rentnerin kann allerdings keine Rede sein. Sie könne jetzt ohne den Orchester-Spielplan viel flexibler Auftritte wahrnehmen. Bereits am Tag nach dem Auftritt in Harsefeld stand ein Konzert in Münster an und in den kommenden Tage fliege sie nach Kanada zu einem Auftritt, den sie mit einem Familienbesuch verbinde.

Sie brachten die Klassik in den Klosterpark (von links): Rupert Burleigh, Jocelyne Fillion-Kelch, Thomas Tyllack, Christian Seibold und Thomas Rohde.

Sie brachten die Klassik in den Klosterpark (von links): Rupert Burleigh, Jocelyne Fillion-Kelch, Thomas Tyllack, Christian Seibold und Thomas Rohde. Foto: Laudien

Zudem unterstütze sie durch Benefizkonzerte mehre Projekte. Etwa ein Wohnprojekt für Menschen mit Beeinträchtigungen in Harsefeld, eine Schule auf Sri Lanka und die First-Nations, die Ureinwohner, in Kanada und andere Hilfsprojekte.

„Ich hab mir selber ein Gewand in Nordlichter-Farben genäht“

Jocelyne Fillion-Kelch

Klangeffekte zu Nordlichtern

Das jährliche Klassik Open Air in Harsefeld gehöre zu ihren Herzens-Angelegenheiten. Zum diesjährigen Titel „Nordlichter“, vertonte sie eindrucksvoll den Song „Northern Lights“ von Melissa Keeling auf ihrer Querflöte mit zusätzlichen Soundeffekten.

„Ich habe mir selber ein Gewand in Nordlichter-Farben genäht und technisches Equipment für Echo und Hall zugelegt.“ Sie habe eigens kurze Stücke und keine langen Sonaten für das Programm ausgewählt, um auch Zuhörer zu begeistern, die nicht versierte Klassik-Fans seien.

Begrüßung in der Pause: Flötistin Jocelyne Fillion-Kelch mit ihrer Harsefelder Schülerin Mareike Krüger.

Begrüßung in der Pause: Flötistin Jocelyne Fillion-Kelch mit ihrer Harsefelder Schülerin Mareike Krüger. Foto: Laudien

„Das mit dem Wetter haben wir wieder gut hinbekommen“ betonte Thomas Rohde, der das Publikum bei Sonnenschein mit den Worten begrüßte: „Schön, Sie alle wieder zu sehen.“ Seine launige Moderation mit Musik-Wissen und Anekdoten stimmte das Publikum unterhaltsam auf die jeweiligen Darbietungen ein.

Kostprobe aus Wagner-Oper Tannhäuser

Rohde, Virtuose auf der Oboe, überzeugt zudem als Sänger - nicht nur bei den Bayreuther Festspielen, sondern auch in Harsefeld mit „O Du mein holder Abendstern“ aus Wagners Oper „Tannhäuser“.

Pianist Rupert Burleigh, Thomas Tylllack mit dem Violoncello und Christian Seibold mit Saxophon und Klarinette beeindruckten ebenfalls durch Virtuosität sowohl Solo sowie als eingespieltes Team. Sie sangen ihre Instrumente - eines der größten Komplimente für einen Musiker, wie Thomas Rohde dem Publikum erklärte.

Zugabe von „Sweet Georgia Brown“

Das Klassik-Programm reichte von Mendelssohn Bartholdy und Schostakowitsch über Rachmaninow und Wagner bis Debussy. Auch Folksongs, etwa von der schottischen Band „The Corries“, wurden interpretiert, ebenso wie der bekannte Evergreen „Moon River“ von Mancini.

Bei der Zugabe von „Sweet Georgia Brown“ war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Zum Abschluss erklang obligatorisch zum Mitsingen Brahms Wiegenlied „Guten Abend, Gute Nacht“. Danach verabschiedete sich das Ensemble beim treuen Harsefelder Publikum mit dem Versprechen: „Bis nächstes Jahr.“

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