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T„Nicht ohne Risiko“: Darum sind Taucher in Assel und Bützfleth am Werk

Nils Weber prüft kurz vor dem Tauchgang die Sicherheit seines Tauchanzugs.

Nils Weber prüft kurz vor dem Tauchgang die Sicherheit seines Tauchanzugs. Foto: von Allwörden

Topfit müssen die Berufstaucher Nico Kleinert und Nils Weber sein. Ihr Einsatz am Grund des neuen Schöpfwerks in Asselermoor hat auch mit der Sorge vor stärkeren Unwettern zu tun.

Von Peter von Allwörden Samstag, 27.01.2024, 19:00 Uhr

Assel. Für Christoph von Schassen, Vorstandsmitglied des Unterhaltungsverbands Kehdingen (UHV) und Ortsbürgermeister von Bützfleth, ist es ein ganz besonderes Ereignis: „Ich habe einen solchen Einsatz noch nie gesehen. Das ist schon beeindruckend.“ Symbolisch warf er einen Glückscent ins Wasser - stellvertretend für den UHV als Auftraggeber. Damit wünscht er dem Bauwerk und den beiden Tauchern Glück.

Für die Spezialisten der Firma Kirchgässner aus Kranenburg ist die Arbeit in den Schöpfwerkkammern Routine. „Natürlich ist unsere Arbeit immer mit einem Risiko verbunden“, sagt Taucher Nico Kleinert. Sein Kollege Nils Weber ist gerade unter Wasser. Er muss dort alles vor allem nach Gefühl machen, denn er hat gerade mal eine Sichtweite von 30 bis 40 Zentimetern unter Wasser. Kleinert und Firmenchef Ernst Quednau sitzen im Firmenbus und halten über Funk Kontakt zu ihrem Kollegen.

Bauarbeiten unter Wasser sind nicht ohne

In Hafenanlagen tauchen die Unterwasserarbeiter teils erheblich tiefer und schweißen sogar unter Wasser. Am gefährlichsten sind die Taucheinsätze in Kläranlagen. Wenn da das kontaminierte Wasser durch den Anzug eindringt, sei das lebensbedrohlich.

Ingenieur Lars Gerdes von der Baufirma Ludwig Freytag erklärt die Notwendigkeit des Unterwassereinsatzes: „In sieben Meter Tiefe würde der gesamte Untergrund hochgespült. Deshalb wurden die beiden Kammern geflutet, um den Untergrund herunterzudrücken.“ Die Taucher verbauen besonderen Beton, der über ein Druckrohr aus den Betonmischern nach unten gepumpt wird.

Nico Kleinert hält per Funk Kontakt zu seinem Kollegen.

Nico Kleinert hält per Funk Kontakt zu seinem Kollegen. Foto: von Allwörden

Bauleiter Gerdes erklärt: „Das ist spezieller Beton, der sich wie ein riesiger Ameisenschwarm auf dem Grund verteilt und verfestigt.“ 1,2 Meter ist diese Unterwassersohle dick. Nach einigen Tagen wird dann das Wasser wieder abgepumpt. Auf diese Betonsohle wird dann eine 20 Zentimeter dicke Drainageschicht aus Kies geschüttet und darüber dann eine 30 Zentimeter dicke saubere Betontragschicht mit Eisenbewehrung aufgebracht. Die beiden Kammern sind mit 17,5 Meter langen in die Erde gerammten Stahlspundwänden gesichert.

55 Kubikmeter Beton wird verarbeitet

Nach knapp zwei Stunden ist Taucher Nils Weber fertig mit der ersten Kammer. 55 Kubikmeter Beton - das entspricht etwa acht Lkw-Ladungen - sind hier verbaut worden. Für die zweite Kammer wird nun Nico Kleinert tauchen. „Mehr als zwei Stunden können wir nicht unten bleiben. Das ist so schon körperlich sehr anstrengend“, sagt Kleinert.

Topfit müssen die Berufstaucher sein, sonst könnten sie den Job nicht machen. Zudem müssen sie ausgebildete Taucher sein und regelmäßig entsprechende Zertifikate nachweisen. Außerdem müssen sie für die Arbeiten unter Wasser eine handwerkliche Ausbildung absolviert haben. Kleinert ist zum Beispiel gelernter Kfz-Mechaniker. Er habe mit dem Tauchen sein Hobby zum Beruf gemacht, erzählt er.

Per Fernbedienung wird das Rohr gesteuert, über das der Spezialbeton auf dem Grund aufgebracht wird.

Per Fernbedienung wird das Rohr gesteuert, über das der Spezialbeton auf dem Grund aufgebracht wird. Foto: von Allwörden

Nicht selten sind die Berufstaucher bei der Bundeswehr ausgebildet worden und im Einsatz gewesen. Neben den spannenden Einsätzen sei natürlich auch der Verdienst motivierend, weiß Berufstaucher Kleinert. Für Firma Kirchgässner arbeiten die beiden Taucher schon seit vielen Jahren. Das Kranenburger Unternehmen arbeitet viel in Bremen und Bremerhaven. Berufstaucher gibt es zum Beispiel auch in Hamburg. Kleinert: „Wir haben alle ein gutes Verhältnis zueinander, betrachten uns nicht als Konkurrenten, sondern helfen uns und arbeiten auch zusammen.“

Das Projekt des Unterhaltungsverbandes

Fast 8 Millionen Euro investiert der Unterhaltungsverband Kehdingen (UHV) in den Bau der beiden neuen Schöpfwerke in Assel und Bützfleth. Damit wird in Zeiten zunehmenden Starkregens die Entwässerungsleistung deutlich erhöht. Im April 2024 sollen die riesigen Pumpen in Betrieb gehen. Die beiden Entwässerungsbauwerke werden mit 70 Prozent von Land, Bund und EU gefördert. Die neuen Stufenschöpfwerke mit je drei Schneckenpumpen brauchen weniger Strom. Die installierte digitale Steuerung der Pumpen senkt noch einmal den Energieverbrauch. Außerdem ermöglichen die aus Holland stammenden Schneckenpumpwerke die ökologische Durchgängigkeit. Die fischfreundliche neue Fördertechnik sorgt dafür, dass die Moor- und Marschgewässer für aquatische Organismen wieder einen Biotopverbund bilden. Damit werden besonders die Lebensräume für wandernde heimische Fischarten erhalten. Ohne die Entwässerung von Marsch und Moor in Kehdingen wäre der Landstrich weder bewohnbar noch durch die Landwirtschaft zu bewirtschaften.

Christoph von Schassen vom Unterhaltungsverband wirft einen symbolischen Cent ins Wasser.

Christoph von Schassen vom Unterhaltungsverband wirft einen symbolischen Cent ins Wasser. Foto: von Allwörden

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