TNiederelbe Classics: Coole Fahrer in ihren legendären Kisten

Rarität und früher beliebtes Transportfahrzeug auf den Philippinen: Jürgen Stemmann mit seinem Jeep von 1945. Foto: Laudien
Ob Trabi, Ente oder Buick - außergewöhnliche und teils seltene Automobile rollten bei den 16. Niederelbe Classics durch den Landkreis. Warum die Fahrer auf die Oldies abfahren.
Harsefeld. Der Duft von Benzin und jede Menge Nostalgie lagen in der Luft, als pünktlich um 8.31 Uhr am Samstagmorgen die Teilnehmer der 16. Niederelbe Classics an der Eissporthalle in Harsefeld im Minutentakt starteten.
Mehr als 150 Oldtimer machten sich auf den Weg
157 historische und klassische Automobile brausten durch den Landkreis Stade, darunter 17 Fahrzeuge in der sogenannten alten Schätzchen-Klasse. Claus Bredehöft, 1. Vorsitzender vom Classic Club Niederelbe im ADAC, sowie 150 Helferinnen und Helfer sorgten für einen reibungslosen Ablauf.
Der 77-jährige Vorsitzende ist jedes Jahr wieder mit großer Begeisterung dabei. 2007 fing er als Fahrleiter an und wurde 2010 Vorsitzender. Er selbst besitzt einen Opel P1, Baujahr 1959. „Das Fahrzeug hatte ich schon länger gesucht, weil mein Vater früher so einen Opel von Opel Brunsen in Harsefeld fuhr.“
Oldtimer-Rallye
Für ein wenig Aufregung sorgte im Vorwege der Oldtimerrallye ein Anruf von der Frankfurter Buchmesse, verriet Bredehöft. Die Organisatoren der Buchmesse waren auf der verzweifelten Suche nach einem Jeep von den Philippinen und hatten sich daher an den Classic Club Niederelbe gewandt. Hintergrund: Die Philippinen sind dieses Jahr Ehrengast auf der internationalen Buchmesse im Oktober und das Fahrzeug sollte dort für typisches Insel-Feeling sorgen.
Jeep bei der Frankfurter Buchmesse gefragt
Bredehöft konnte helfen und vermittelte den Kontakt zu Jürgen Stemmann aus Klein Meckelsen, der den gesuchten Jeep, Baujahr 1945, besitzt. Das Fahrzeug glänzt nicht nur durch seine Größe als Transportmittel mit Sitzbänken, sondern auch durch eine bunte Lackierung mit Palmenmotiven.
„Es ist ein Unikat und war früher auf den Philippinen das Haupttransportmittel“, sagte Stemmann. Somit nahm er erst an den Niederelbe Classics teil und im Oktober wird er mit seinem Oldie bei der Buchmesse in Frankfurt einen großen Auftritt haben.

Start im Minutentakt an der Eissporthalle in Harsefeld. Foto: Laudien
Ein ganz besonderer Hingucker unter den vielen Oldtimern: der Buick Century von 1955. Fahrerin Christine Kraft trug stolz ein T-Shirt mit dem Foto ihres Automobils. Die Rentnerin fährt auf amerikanische Straßenkreuzer ab. „Typische Amis aus den 1950er Jahren haben es mir angetan“, gestand sie. Die Formen seien einfach toll, und wenn man in dem Fahrzeug sitzt, sei es eine völlig andere Welt und die pure Entschleunigung, schwärmte die Staderin.

Christine Kraft mit ihrem amerikanischen Straßenkreuzer - einem Buick von 1955. Foto: Laudien
US-Automobile aus den 1930er Jahren
In der Schätzchen-Klasse ging auch der Ford Model A, Baujahr 1930, von Conrad Meyer an den Start. Er schraube gerne in seiner Freizeit, sagte der Nottensdorfer. „Das ist ein schöner Ausgleich zu meinem Bürojob als Banker.“ US-Automobile der 1930er Jahre seien sein besonderes Faible.
Die Form und die Kurven der nostalgischen Fahrzeuge, aber auch die damalige Kleidung hätten es ihm angetan. Im typischen Look mit Schieber-Mütze und Hosenträgern nahm Conrad Meyer stilecht und bei schönstem Sommerwetter zum ersten Mal an den Niederelbe Classics teil.

Im Stil der 1930er Jahre: Beifahrer Christoph Schwan (links) und Fahrer Conrad Meyer aus Nottensdorf mit seinem Ford Model A. Foto: Laudien
Ein Stück deutsche Geschichte steuerte Sebastian Deden buchstäblich bei - mit seinem außergewöhnlichen Trabi-Modell aus dem Jahre 1991: Olivgrün, keine Türen und ohne Kopfstützen. Das Fahrzeug in der Bauform Kübel wurde in der DDR für Armee und Forstverwaltung eingesetzt, erklärte der Harsefelder.
Die Oldtimer-Rallye
Sein Vater hatte Anfang der 1990er Jahre einen Trabi, daher rühre seine Liebe zum DDR-Modell. Sebastian Deden, der das Fahrzeug auch im Alltag benutzt, nahm zum zweiten Mal an den Niederelbe Classics teil. „Beim ersten Mal bin ich wegen eines Bremsenschadens ausgefallen.“

Sebastian Deden mit seinem Trabi-Kübelwagen. Foto: Laudien
Sportwagen in Rallye-Optik mit Mittelmotorantrieb
Eberhard Zank aus Düdenbüttel und Schwiegersohn Sascha Witt aus Osten setzten auf ihren Toyota MR 2, Baujahr 1992. „Der Motor hat schon 293.000 Kilometer runter und ist immer noch der erste, ebenso wie das Getriebe - und ich habe nichts daran gemacht“, sagte Zank. Dennoch stecke jede Menge Arbeit in dem 33 Jahre alten Sportwagen, der auch durch die Rallye-Optik auffiel.
Verstecktes Highlight des Fahrzeugs sei aber sein Mittelmotorantrieb, schwärmten die beiden Automobilfreaks und öffneten zum Beweis vorne und hinten die Hauben, unter denen sich lediglich ein Kofferraum befand. Letztes Jahr hatte das Duo mit seinem Sportwagen bei den Niederelbe Classics den 13. Platz belegt. „Dieses Jahr haben wir uns mehr vorgenommen.“

Sascha Witt (links) und Eberhard Zank mit ihrem Toyota mit Mittelmotorantrieb. Foto: Laudien
Zum ersten Mal dabei war Kai Steffens mit seinem Opel Ascona B, Baujahr 1980. „Das Fahrzeug war quasi Schrott, als ich es letztes Jahr gekauft habe“, sagte der 54-jährige Harsefelder. Sein Vorteil: Er habe früher als Kfz-Mechaniker bei Opel Brunsen in Harsefeld gelernt.
Warum er gerade auf dieses Fahrzeug abfahre? „Ein Ascona war mein erstes Auto.“ Zu seinen Erinnerungen an die gute alte Zeit gehört neben dem Wackel-Dackel auch der gehäkelte Klopapierhut auf der Heckablage.
Bei Klaus-Hinrich Cordes und Beifahrer Hartmut Tiekenheinrich fährt die Nostalgie ebenfalls mit. Ihren VW-Käfer Cabrio von 1970 haben die beiden Helmster neu aufgebaut. „Jede Schraube wurde umgedreht“, erzählten beide, die im Disco-Outfit gekleidet waren. „So sind wir früher immer auf die Piste gegangen.“
Die Oldtimer-Rallye
Cordes hatte seinen alten Trainingsanzug hervorgeholt, Tiekenheinrich sein schillerndes Partyhemd mit Schlaghose. Auf der Rücksitzbank tummelten sich stumme Zeitzeugen wie ein alter Plüsch-Tiger aus dem Auto des Vaters und eine Barbie-Puppe im Häkelkleidchen.
Auftritt in der TV-Sendung „Treckerfahrer dürfen das“
Erinnerungen an früher weckte ebenso der knallrote Fiat 850 T familiare von Petra Cordes aus Jork-Königreich. Die italienische Familienkutsche mit sieben Sitzen aus dem Jahr 1974 sei rallyeerfahren, schwärmte die Fahrerin, die damit kurz zuvor noch in Norwegen unterwegs war. „Wir nehmen öfters an Oldtimer-Rallyes teil und regelmäßig an den Niederelbe Classics“, sagte Cordes, die sich passend zum Baujahr mit knallbuntem Einteiler und Peace-Ohrringen aus der Flower-Power-Zeit gekleidet hatte.

Klein - aber mit sieben Sitzen: Ehepaar Cordes mit ihrer italienischen Familienkutsche Rapunzel von 1974. Foto: Laudien
Rapunzel, so der Name ihres Fahrzeugs, habe Seltenheitswert. Höchstens noch neun Stück soll es in ganz Deutschland geben. Zudem hatte Rapunzel sogar schon einen Auftritt im Fernsehen bei der TV-Sendung „Treckerfahrer dürfen das“ mit Moderator Sven Tietjen als Beifahrer neben Petra Cordes.
Zu den nostalgischen Schätzchen gehörte auch der Mercedes Ponton 180, Baujahr 1953. Michael Hannig pflegt seit 23 Jahren seine Rarität, die neu aufgebaut wurde. „Er hält mir stets die Treue“, sagte der Bremervörder, der von etlichen Touren schwärmte wie etwa einer 3000-Kilometer-Rallye über die Alpen bis an den Gardasee.

Treuer Begleiter auf allen Wegen: Michael Hannig mit seinem Mercedes Ponton von 1953. Foto: Laudien
Ein Hauch von Nostalgie versprühten auch Britta Plötz und Ehemann Luc Couvreur mit ihrem Citroen 2CV, besser bekannt als Ente. „Mein erstes Auto war eine Ente“, erzählte die Lehrerin aus Hammah. Man könne damit wunderbar entschleunigen, schwärmte das Ehepaar. „Unsere Tochter vermutet allerdings, dass wir uns damit wieder jung fühlen wollen.“ Das Ehepaar gehört zur Enten-Clique in Mulsum und hat inzwischen bereits am Welt-Enten-Treffen in der Schweiz teilgenommen.

Überzeugte Enten-Fans: Luc Couvreur und Ehefrau Britta Plötz aus Hammah. Foto: Laudien