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TNot an Schwimmlehrern: Was die Fredenbecker Lebensretter dagegen tun

Die Ausbilder der DLRG-Ortsgruppe setzten sich dafür ein, dass alle Fredenbecker Grundschulkinder schwimmen können.

Die Ausbilder der DLRG-Ortsgruppe setzten sich dafür ein, dass alle Fredenbecker Grundschulkinder schwimmen können. Foto: DLRG Fredenbeck

In Deutschland ertrinken jährlich 500 Kinder. Weil zu wenige schwimmen können, und weil es zu wenig Schwimmlehrer gibt. Die DLRG-Ortsgruppe Fredenbeck tut etwas dagegen.

Von Susanne Laudien Mittwoch, 31.07.2024, 14:05 Uhr

Fredenbeck. Tragische Szenen spielten sich zuletzt in Hamburger Schwimmbädern ab, als Kinder vor dem Ertrinken gerettet werden mussten. Ein Schwimmmeister im Stadtteil Niendorf zog einen Sechsjährigen aus dem Wasser, der am Beckenrand reanimiert werden konnte. Auch in Altona wurde ein Sechsjähriger aus dem Schwimmbecken geborgen. Rettungskräfte brachten beide Kinder zu Untersuchungen ins Krankenhaus.

Laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ertrinken in Deutschland jährlich etwa 500 Kinder im Alter von 0 bis 20 Jahren. Schwimmkurse reduzieren dieses Risiko erheblich - doch vielerorts gibt es zu wenige. Dass mehr Kinder schwimmen lernen, dafür setzt sich die DLRG-Ortsgruppe Fredenbeck ein.

470 Kinder machten Seepferdchen-Abzeichen

Die Ortsgruppe wurde 1993 vom Ehrenvorsitzenden Hans-Christian Mischok gegründet. Mehr als 2300 Kinder haben hier bislang das Schwimmen gelernt. Allein über 470 Kinder machten seit 1998 das Seepferdchen-Abzeichen. „In 26 Jahren haben wir 1641 Schwimmabzeichen abgenommen“, sagt Ralf Siebert.

Der Maschinenbau-Ingenieur bei Airbus ist seit 2004 Leiter der Ausbildung bei der Fredenbecker Ortsgruppe. In seiner Jugend im Emsland kam er zur DLRG. „Wir haben Wettkämpfe geschwommen und hatten viel Spaß.“ Später sollten seine Kinder Schwimmen lernen. „Ich sehe die dringende Notwendigkeit der Schwimmkurse“, nennt Siebert die Motivation für seine ehrenamtliche Tätigkeit.

Ausbilder waren früher Schwimmschüler

Joshua Eckstein und Mike Böckel, beide 24 Jahre alt, lernten als Kinder bei der Fredenbecker Ortsgruppe das Schwimmen - heute bringen sie es den Kindern bei. Vorsitzender und Schwimmlehrer Böckel ist hauptberuflich Busfahrer.

Eckstein arbeitet als Notfallsanitäter, unterstützt nebenbei seit zehn Jahren das Schwimmtraining für die Kinder und macht jetzt die Ausbildung zum Schwimmlehrer.

Mit dem Bus fahren die Ausbilder die Kinder zu den Schwimmkursen: Mike Böckel, Ralf Siebert und Joshua Eckstein (von links) von der DLRG-Ortsgruppe Fredenbeck.

Mit dem Bus fahren die Ausbilder die Kinder zu den Schwimmkursen: Mike Böckel, Ralf Siebert und Joshua Eckstein (von links) von der DLRG-Ortsgruppe Fredenbeck. Foto: Laudien

155 Stunden muss er für die Lehrinhalte absolvieren und eine dreitägige Prüfung mit schriftlichem Teil und praktischen Lehrstunden im Schwimmbad bestehen. Danach darf er Kinder beim Seepferdchen-Abzeichen bis zum Deutschen Rettungsschwimmabzeichen in Gold ausbilden.

Starker Nachholbedarf nach Corona

Warum gibt es deutschlandweit zu wenig Schwimmlehrer? „Die vielen ehrenamtlichen Stunden für die Ausbildung und den Einsatz am Becken muss man erst mal über haben“, sagt Eckstein. Zudem müsse man auch mit Kindern umgehen können. Die Corona-Pandemie trug zur hohen Anzahl an Nichtschwimmern bei. Auch die Fredenbecker Ausbilder verzeichnen immer noch einen enormen Nachholbedarf.

Der Trend zeichnete sich aber schon vor Corona ab: Grundsätzlich gibt es zu wenig Schwimmlehrer. Erschwerend kommt ein Mangel an Schwimmhallen hinzu, von denen immer mehr aufgrund von Sanierungsproblemen oder hohen Energiepreisen schließen.

20 Prozent der Grundschüler können nicht schwimmen

Die Zahl der Nichtschwimmer im Grundschulalter hat sich binnen fünf Jahren verdoppelt. Ungefähr 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren konnten 2022 nicht schwimmen, wie eine Forsa-Umfrage für die DLRG zeigt. Demnach sind weitere 23 Prozent der Kinder nach Angaben ihrer Eltern unsichere Schwimmer. Ralf Siebert wünscht sich, dass alle Kinder in den vierten Klassen der Grundschule sicher schwimmen können. „Schwimmen sollte man lernen wie lesen und schreiben.“

Angenehme 32 Grad: Schwimmkurs im Rheumabecken im Mulsumer Logehof.

Angenehme 32 Grad: Schwimmkurs im Rheumabecken im Mulsumer Logehof. Foto: DLRG Fredenbeck

Die Studie zeigte zudem, dass 49 Prozent der Kinder aus Haushalten mit geringerem Einkommen unter 2500 Euro nicht schwimmen können. Bei höheren Einkommen über 4000 Euro sind es dagegen nur zwölf Prozent. In Fredenbeck wird darum auch Kindern aus einkommensschwachen Familien der Schwimmkurs ermöglicht, sagt Siebert.

Schwimmkurse in Mulsum und Stade

Der Unterricht findet im warmen Rheumabecken in der Seniorenanlage Logehof in Mulsum sowie im Stader Solemio statt. Die Fahrt dorthin wird von der Ortsgruppe organisiert. Ab 16. und 21. September startet das Training für Bronze und Silber in Stade, Mindestalter sechs Jahre. Hierfür gibt es noch freie Plätze.

Der Seepferdchen-Kursus für Fünf- bis Sechsjährige ab 6. Oktober ist ausgebucht, für die Altersgruppe sechs bis zehn Jahre gibt es eine Warteliste. „Es lohnt sich immer, noch mal nachzufragen, da immer einige abspringen“, rät Ralf Siebert den Eltern.

www.Fredenbeck.dlrg.de

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