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Gesundheit

TNutzen Arbeitnehmer die telefonische Krankschreibung aus?

Man muss sich nicht ins Wartezimmer schleppen: Auch telefonisch kann man sich krankschreiben lassen.

Man muss sich nicht ins Wartezimmer schleppen: Auch telefonisch kann man sich krankschreiben lassen. Foto: Hannes P Albert

Ohne Arztbesuch zu Hause bleiben: Das sehen die Unternehmen im Landkreis Cuxhaven kritisch. Wird die telefonische Krankschreibung wirklich missbraucht? Beim Krankenstand zeigt sich eine deutliche Veränderung.

Von Denise von der Ahé Dienstag, 01.10.2024, 10:05 Uhr

Landkreis Cuxhaven. FDP-Chef Christian Lindner plädiert für die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung. Doch was sagen die Unternehmen und Ärzte im Cuxland und in Bremerhaven dazu? Eines ist klar: Sie bewerten das Thema grundlegend verschieden. Die Firmen fordern, dass die Krankschreibung ohne Arztbesuch wieder abgeschafft wird. Die Ärzte halten daran fest.

Danilo Genske, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Cuxhaven und Elbe-Weser-Dreieck (UVC), hat sich in den Betrieben umgehört: Seitdem die Krankschreibung per Telefon möglich ist, „gibt es doch einen erheblichen Anstieg beim Krankenstand“. Daher teilt der UVC die Ansicht Lindners, die Regelung wieder aufzuheben. „Der Weg zum Arzt sollte möglich sein“, sagt Genske.

Es gehe nicht um einen Generalverdacht, aber es sei nun mal bequem, wenn sich Arbeitnehmer ohne jegliche Untersuchung beim Arzt krankschreiben lassen könnten. In Pandemiezeiten sei die Regelung sinnvoll gewesen, „jetzt sollten wir aber wieder zur Normalität zurückkehren“, sagt Genske.

Ärzte: Krankschreibung per Telefon hat klare Vorteile

Mediziner teilen diese Einschätzung nicht. Dr. Stephan Brune von der Kassenärztlichen Vereinigung Stade sagt: „Die telefonische Krankschreibung hat klare Vorteile.“

Patienten mit Infektionskrankheiten wie Grippe oder Corona müssten nicht im Wartezimmer sitzen und könnten andere nicht anstecken. Allerdings sollte der Arzt seine Patienten dafür gut kennen, sagt Brune. Wenn ein Patient in der Praxis nur wenig bekannt sei, sei das ein Ausschlusskriterium. „Kennt der Arzt seinen Patienten aber sehr gut, hat die telefonische Krankschreibung Vorteile“, so der Mediziner. Dann werde das System auch nicht missbraucht.

Jeder Arzt könne für sich entscheiden, wie er damit umgehe. Vor allem mit Blick auf den zunehmenden Ärztemangel sei es eine Arbeitserleichterung, wenn sich Patienten nur telefonisch melden müssten.

Auch die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung im Land Bremen, Tonia Marie Hysky, betont: „Die Möglichkeit der telefonischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schafft eine deutliche Entlastung der Praxen, denn die Telefon-AU gibt Praxen Luft für die Behandlung kranker Menschen, die einen Arztkontakt brauchen.“

Nach Auffassung der KV Bremen hat sich die Telefon-AU bewährt, „sowohl Ärzte als auch Patienten sind mit dem Modell zufrieden. Ein Missbrauch der telefonischen Krankschreibung seitens Patienten ist der KV Bremen nicht bekannt. Unter diesen Bedingungen ist die Position Christian Lindners nicht nachvollziehbar – Praxen würden ohne die Möglichkeit der Telefon-AU unnötig gefüllt und damit die Arztzeit unnötig reduziert“, sagt Hysky.

Dauerhafte Regelung seit Dezember 2023

Lindner hatte bei einer Veranstaltung des Verbands der chemischen Industrie in Berlin gesagt: „Man wird für die Krankmeldung zukünftig wieder zum Arzt gehen müssen und das nicht einfach nur telefonisch erledigen könn­en.“ Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen. Es gebe aber leider „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“.

Die Möglichkeit, sich am Telefon krankschreiben zu lassen, war während der Coronapandemie eingeführt worden. Im Dezember 2023 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine dauerhafte Regelung. Die Patienten können sich demnach dann telefonisch krankschreiben lassen, wenn sie in der Praxis bekannt sind und keine schweren Symptome haben.

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