TOldendorfer Herbstmarkt eröffnet: Drei Männer bewegen 30 Tonnen
Der Herbstmarkt in Oldendorf ist startklar - der Autoscooter „Cadillac“ auch. Aufgebaut haben ihn Miguel Mantau am Lenkrad, Malte Möller und Damian Falkenberg (rechts). Foto: Klempow
Ein Tag Jahrmarkt, mitten in der Woche: Der Oldendorfer Herbstmarkt ist eröffnet, mit Buden und Autoscooter. Den „Cadillac“ haben drei Männer drei Stunden lang aufgebaut. Lohnt sich das?
Oldendorf. Dieser Cadillac auf dem Edeka-Parkplatz hat weder vier Reifen noch ist er windschnittig. Aber wer braucht schon vier Räder, wenn er Musik, Lichter und eine Chaise zum Kurven hat? Der Autoscooter „Cadillac“ ist das größte Fahrgeschäft auf dem Oldendorfer Herbstmarkt. Er sorgt im Schatten der Kirche für Jahrmarkt-Atmosphäre. Wie immer nur heute, am ersten Mittwoch im Oktober, ist die Oldendorder Hauptstraße als Marktmeile gesperrt. Der Aufbau ist nur für einen Tag.
Cadillac: 30 Tonnen schweres Fahrvergnügen
Rückblick auf Dienstagabend: Während die Hauptstraße längst gesperrt ist, die Buden mit Losen, gebrannten Mandeln, Eis oder Asia-Nudeln für den Markt aufgestellt sind, geht für drei Männer auf dem Edeka-Parkplatz die Arbeit erst richtig los.
Der „Cadillac“ steht seit Montagabend hier. 30 Tonnen wiegt das Fahrgeschäft. Es gehört dem Schaustellerbetrieb Mantau aus der Nähe von Uelzen. Miguel Mantau kniet auf dem Parkplatz-Pflaster und wirft einen prüfenden Blick unter die Stahlträger.
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Noch sieht der Autoscooter aus wie eine festgezogene Ziehharmonika. Damit er aufgeschraubt, aufgeklappt und aufgebaut werden kann, schiebt Mantau dicke Holzklötze zum Stützen unter die Stahlträger - „das muss sein“, sagt er - eine Tüv-Vorgabe. Obwohl das 30 Tonnen schwere Fahrgeschäft als Sattelauflieger ansonsten auch stabil auf den Straßen unterwegs ist.

Der für den Transport zusammengebaute Autoscooter sieht aus wie eine riesige Ziehharmonika. Foto: Klempow
Weitere 12 Tonnen wiegt der Anhänger, in den auch das Kassenhäuschen eingebaut ist. Ohne diesen Anhänger wäre nicht viel Auto im Autoscooter. Die fahrbaren Untersätze sind im Anhänger in Fächern übereinander gestapelt - Autos sind es nicht. „Die werden Chaisen genannt“, sagt Mantau. 16 Stück haben sie fürs elektrische Fahrvergnügen dabei.

Miguel Mantau schiebt nach Tüv-Vorgabe Stützen unter die Stahlträger. Foto: Klempow
Auf dem Boden haben Mantau, Malte Möller und Damian Falkenberg zu beiden Seiten der mittig platzierten Riesen-Ziehharmonika Stahlstangen ausgelegt. Das wird der Anlegeboden. Um die Längsseiten ausklappen zu können, löst Mantau oben die Transportsicherungen.
Wasserwaage und Flachenzug
Malte Möller setzt oben zuerst ein Stahl-Dreieck auf die Konstruktion, dann hakt er erst den Flaschenzug ein. So verteilt sich der Druck besser. Zusammen klappen die drei Männer jedes der vier Seitenteile aus, schieben Holzklötze drunter und justieren sie mit Flaschenzug und Wasserwaage.

Ein Seitenteil ist ausgeklappt. Die Höhe muss noch justiert werden Foto: Klempow
Das läuft wie geschmiert. Bei Miguel Mantau sitzt jeder Handgriff. Seine Familie betreibt vier Autoscooter. Zwischen 400 und 500 Mal hat er den Cadillac schon aufgebaut.
Knapp drei Stunden dauert der Aufbau. Mit vereinten Kräften schieben die Männer an den Seitenteilen entlang die Ziehharmonika auseinander und spannen so das Dach. Über die Hydraulik können sie die Höhe von Dach und zusammengeklappten Elementen bestimmen. Jedes Bodenteil kann über eine Rollkonstruktion, die „Katze“, an Ort und Stelle gefahren werden. Der Fahrboden ist aus Aluminium. Das spart beim Gesamtgewicht rund fünf Tonnen.
Hunderte Meter Kabel für Licht, Musik und Fahrspaß
300 Meter Kabel sind dabei. Starkstrom für die Hebebühne, Boxenkabel, Hochtöner und Bassboxen, das Lauflicht und die Unterbodenbeleuchtung.

Damian Falkenberg hat sich die Kabel geschnappt. Insgesamt werden 300 Meter Kabel für den Autoscooter verlegt. Foto: Klempow
Zwei Kabel schließen das Netz an der Decke an, das die Chaisen mit Strom versorgt und in Bewegung setzt. Im Autoscooter steckt viel Technik - ein fabrikneues Fahrgeschäft kostet laut Mantau rund eine Million Euro.

Der Oldendorfer Herbstmarkt ist eröffnet. Foto: Klempow
Als alle Lampen leuchten, fehlen nur noch die Chaisen. Sie werden über eine Rampe aus dem Anhänger geschoben. Eine Hebebühne fungiert als Chaisen-Fahrstuhl für die oben geparkten Fahrzeuge. Nach drei Stunden ist der 13 mal 24 Meter große Autoscooter fertig aufgebaut. Es ginge auch zu zweit - dauert aber länger. Drei Stunden Auf- und Abbau für einen Tag Herbstmarkt in Oldendorf. Lohnt sich das überhaupt?
Oldendorfer verzichten aufs Standgeld
Miguel Mantau lächelt. „Es ist eben schön hier“, sagt er. Und ja, es lohnt sich ein bisschen. Denn die Oldendorfer wollen weiter einen attraktiven Herbstmarkt, verzichten aufs Standgeld und kassieren nur Stromgeld. Und der „Cadillac“ war sowieso in der Nähe. Am Wochenende hatte er noch für Marktflair beim Herbstmarkt in Hollenstedt gesorgt.
Zweieinhalb Minuten dauert eine reguläre Fahrt. Zur Markteröffnung am heutigen Mittwoch waren nicht nur der „Cadillac“ und das Autoscooter-Team mit den Chaisen startklar. Musik, Kinderkarussells, bunte Lichter und Stände mit Markt-Leckereien gibt es noch bis heute Abend in Oldendorf, beim Herbstmarkt mitten auf der Hauptstraße - und nur für einen Tag.
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