TPleite von Nordceram bringt großen Bremerhavener Akteur ins Straucheln
Nordceram stellte im Sommer die Produktion ein. Foto: Arnd Hartmann
Die Insolvenz des Fliesenwerks war ein Schock. Nun ist klar: Die Krise drohte weitere mit in den Strudel zu reißen. Der Senat musste eingreifen, weil der wichtigste Akteur im Fischereihafen in Bremerhaven ins Straucheln geriet.
Bremerhaven. Anfang Juli hatte die Steuler Fliesengruppe, zu der Nordceram im Bremerhavener Fischereihafen gehört, Insolvenz angemeldet. Steigende Energiepreise für die großen Brennöfen ließen die Kosten in die Höhe schnellen. Gleichzeitig schrumpften die Einnahmen, weil die Baukonjunktur erlahmte.
Angesichts von Inflation und Zinsanstieg wurde weniger gebaut. Die Öfen wurden abgeschaltet. Schnell wurde klar, dass das Beben nicht spurlos an der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft (FBG) vorbeiziehen würde. Immerhin ist Nordceram der größte Stromkunde.
FBG bleibt auf dem Strom sitzen
Der Stillstand bei Nordceram hatte bittere Folgen für die FBG, die im Auftrag des Landes die Flächen im Fischereihafen verwaltet und das dazugehörige Strom- und Wassernetz betreibt. Es kam zu großen Einnahmeausfällen, weil die vereinbarten Mengen bei der Energie- und der Wasserversorgung vom Werk nicht mehr abgenommen wurden. Die Verluste beim Stromvertrieb betrugen in diesem Jahr 1,54 Millionen Euro. Dazu kommen unbezahlte Stromrechnungen in Höhe von über 600.000 Euro. Auch die Wiederaufnahme des Betriebs zu einem Drittel ab Ende Oktober änderte nicht viel, weil der Strombedarf auf niedrigem Niveau verblieb.
Ein Loch rissen zudem offene Forderungen aus Erbbauzins und Miete. Sie beliefen sich auf fast 140.000 Euro. Und dann sind da noch die Risiken beim Strombezug im kommenden Jahr und zugesagte Preisnachlässe für den neuen Besitzer von Nordceram beim Erbbauzins, um das Unternehmen zu unterstützen. Alles in allem droht ein Minus von über 3,5 Millionen Euro.
Strom wird unter Preis verkauft
Im kommenden Jahr gibt es weitere Risiken. Um den üblichen Strombedarf bei Nordceram zu decken, hatte die FBG vor der Insolvenz acht Gigawatt Strom bei der SWB für das Jahr 2024 eingekauft. Die Hoffnung, dass die Strommenge anderweitig verkauft werden kann, ist inzwischen nach Verhandlungen mit der SWB geplatzt. Deshalb muss die FBG den teuer eingekauften Strom nun selbst unter Preis veräußern. Der Verlust wird auf rund eine halbe Million Euro geschätzt.
Inzwischen hat die Meta Wolf AG das Nordceram-Werk übernommen. Sie forderte laut Senatsvorlage einen Verzicht auf den Erbbauzins ab 1. Oktober für ein Jahr. Und ab Oktober kommenden Jahres sollte dann vier Jahre lang nur noch die Hälfte des Erbbauzinses gezahlt werden. Die FBG hat bislang nur angeboten, ein Jahr lang auf die Hälfte der Zahlungen zu verzichten. Das würde ein Minus von weiteren rund 136.000 Euro bedeuten.
Alles in allem bedeutet das für die FBG zum Jahresende eine „angespannte Liquiditätssituation“. Und das würde „spätestens Anfang 2024 eine deutliche Insolvenzgefahr bedeuten“. So klar steht das in der Vorlage des Senats. Das Land musste handeln als alleiniger Gesellschafter der FBG, die nur über ein geringes Eigenkapital von 333.000 Euro verfügt.
Senat muss tief in die Tasche greifen
Um ein Loch in der Kasse für das Geschäftsjahr 2023 zu verhindern und um weitere Risiken im kommenden Jahr abzufedern, hat der Senat tief in die Tasche gegriffen. Er gewährt eine Zuwendung in Höhe von 3,54 Millionen Euro.
Die Landesregierung war sich aber nicht sicher, ob solch ein Zuschuss beihilferechtlich zulässig ist. Sie ließ deshalb ein Gutachten anfertigen, das grünes Licht gab.
Das Geld soll aus dem Topf finanziert werden, mit dem die Folgen des Ukraine-Kriegs abgemildert werden. Der besteht aber nur aus Kreditermächtigungen. Das heißt: Die FBG-Hilfe muss über Schulden finanziert werden.