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TPremiere in Assel: Herzpatientin testet erste Telemedizin-Sprechstunde

Daniela von Holt war die erste Patientin der ersten Telemedizin-Sprechstunde Assel. Die Herzpatientin wurde ans EKG angeschlossen und besprach die Ergebnisse im anschließenden Videocall.

Daniela von Holt war die erste Patientin der ersten Telemedizin-Sprechstunde Assel. Die Herzpatientin wurde ans EKG angeschlossen und besprach die Ergebnisse im anschließenden Videocall. Foto: Knappe

Die Telemedizin-Sprechstunde in Assel ist ein Novum im Kreis Stade, der Auftakt gelang. Und schon bald soll das Angebot erweitert werden. Ein bekannter Stader Kardiologe ist ab Oktober dabei.

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Von Katja Knappe
Donnerstag, 04.09.2025, 13:50 Uhr

Assel. Im Vorjahr hat Daniela von Holt einen Bypass bekommen. Die 59-Jährige ist regelmäßig beim Kardiologen und beim Hausarzt zur Kontrolle. Wegen Nervenschmerzen im linken Bein bekommt sie seit August ein starkes Schmerzmedikament. Seitdem fühlt sie sich nicht wohl, kann nachts nicht schlafen. Sie wollte deshalb einen Termin bei ihrem Kardiologen in Stade, hatte aber Probleme, telefonisch durchzukommen, um einen Termin zu vereinbaren.

Assels erste Telemedizin-Patientin

Kurzerhand entschloss sie sich, Anfang der Woche das Angebot der ersten regulären Telemedizin-Sprechstunde in Assel wahrzunehmen und zu testen. Auch, weil sie es für wichtig hält, ein solches Angebot, das im Rahmen des EU-geförderten Pilotprojekts PuG (Pflege und Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum stärken) läuft, auch anzunehmen. Sie war am Montag die erste und einzige Asselern, die sich zur Premiere der Telemedizin im Ort traute.

Etwa eine Viertelstunde lang dauerte ihre Untersuchung: Fachpflegekraft Ilse Mahler maß Blutdruck und Blutzucker und legte Daniela von Holt die Sonden für das Ruhe-EKG an. Nach 20 Sekunden war das EKG geschrieben. Die ermittelten Werte sausten digital zur Hausarztpraxis von Rainer Feutlinske in Wischhafen, der bei dem Pilotprojekt mitmacht.

Feutlinske schaute sich die Werte auf dem Bildschirm an. Dann unterhielten sich Arzt und Patientin per Videocall - dafür war kürzlich extra noch ein WLAN-Anschluss in der Alten Gemeinde installiert worden. Der Blutdruck von 140 zu 90 sei etwas hoch gewesen, sie habe aber kurz vorher noch Kaffee getrunken, sagt Daniela von Holt.

Erleichterung nach dem Videocall

Sie weiß: „Durch den Bypass habe ich ohnehin ein etwas anderes EKG als normal.“ Sie kommt erleichtert aus dem Videocall. Es sei soweit alles in Ordnung, Feutlinske habe aber geraten, dass bei ihrem Hausarzt noch ein Belastungs-EKG gemacht und Blut abgenommen werden solle.

Projektleiterin Melanie Philip verfolgte alles mit Argusaugen: Die Prozesse müssen optimiert werden, damit Telemedizin für Ärzte und Patienten attraktiv wird. Im Untersuchungsraum fiel ihr auf: Es ist duster. Die alte Deckenlampe spendete eher funzeliges Licht. Eine zusätzliche Leuchte muss her.

Auch dass die Fenster während der Untersuchung und beim Videocalls geschlossen werden müssen, vermerkte Philip: Der Straßenlärm von der L111 und Rasenpflegearbeiten an diesem Vormittag waren zu laut.

Außerdem sollen Patienten künftig im Vorfeld bereits daran erinnerte werden, neben der Versichertenkarte auch ihren Medikamentenplan mitzubringen. „Ich hatte meinen heute vergessen“, erzählt Daniela von Holt.

Projektleiterin Melanie Philip arbeitet daran, die Möglichkeiten der Telemedizin für Patienten und Ärzte zu optimieren. Sie freut sich auf eine neue telemedizinische Kooperation im Landkreis, die im Oktober startet.

Projektleiterin Melanie Philip arbeitet daran, die Möglichkeiten der Telemedizin für Patienten und Ärzte zu optimieren. Sie freut sich auf eine neue telemedizinische Kooperation im Landkreis, die im Oktober startet. Foto: Knappe

Noch bis Dezember werden die telemedizinischen Sprechstunden in Assel, Asseler Straße 34, zweimal monatlich angeboten: Am 15. September (9 bis 13 Uhr), am 27. Oktober (9 bis 13 Uhr), am 10. November (9 bis 13 Uhr), am 24. November (13 bis 17 Uhr), am 8. Dezember (9 bis 13 Uhr) und am 22. Dezember (13 bis 17 Uhr).

EKG, Blutdruckmessungen, Abhorchen, Ultraschall und ähnliche Untersuchungen werden dabei durchgeführt. Die Werte werden zur Hausarztpraxis Feutlinske überspielt, die die Diagnose stellt und die weitere Behandlung veranlasst.

Das Angebot in Assel soll als Übergangsangebot die Lage entschärfen: Nach der Schließung der Praxis Junikiewicz müssen sich viele Patienten einen neuen Hausarzt suchen. Die neue Hausarztpraxis könnte voraussichtlich frühestens ab Sommer 2026 eröffnen.

Neuerung: Telemedizin mit Kardiologe Brune

Künftig wird es eine weitere einschneidende Neuerung geben. „Im nächsten Schritt werden wir ab Oktober kardiologische Untersuchungen in Kooperation der Praxis Feutlinske mit Dr. Stephan Brune anbieten“, berichtet Melanie Philip freudestrahlend.

Die Stader Kardiologen-Praxis von Brune hat Patienten auch im ländlichen Bereich, die regelmäßige Kontrollen benötigen. Für viele ist der Weg nach Stade weit. Mit Hilfe der Telemedizin sollen alle profitieren, und das nach Möglichkeit über das Ende des Pilotprojektes im Februar 2026 hinaus: Die Patienten werden in der Hausarztpraxis Feutlinske in Wischhafen in einem separaten Raum von einer Fachkraft kardiologisch untersucht.

Facharzt-Einbindung via Telemedizin hat Potenzial

Die Werte gehen nach Stade. Der Kardiologe in Stade und der Hausarzt in Wischhafen besprechen die Ergebnisse und veranlassen die Behandlung. „Dabei spart der Facharzt Zeit und Ressourcen“, sagt Melanie Philip. Auch Hausarzt Rainer Feutlinske verspricht sich Entlastung: „Wenn ein Patient ein Dreivierteljahr auf einen Facharzttermin wartet, kommt er wegen seiner Beschwerden in der Zwischenzeit fünf Mal zu mir.“

Bei dieser Kooperation sei rechtlich und abrechnungstechnisch bereits alles geregelt. „Da ist Potenzial, dass das nach dem Ende des Projekts gleich alles weiterläuft“, sagt Philip. Sie betont: „Wir haben in Stade ja viele Fachärzte. Das Modell wäre erweiterbar.“

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