TWarum der DRK-Rettungsdienst in Stade unzufrieden ist

Das Deutsche Rote Kreuz Stade mit 1800 hauptamtlichen und 2000 ehrenamtlichen Mitarbeitern übernimmt mehr als 50 Prozent der Rettungsdienste im Landkreis. Foto: Friso Gentsch/dpa
Der Rettungsdienst rückt aus und der Patient fühlt sich nicht gut - mehr aber auch nicht. Solche Bagatellfälle erleben die Stader DRK-Mitarbeiter regelmäßig. Innenministerin Daniela Behrens hörte sich die Sorgen an und hat auch einen Lösungsvorschlag.
Stade. Es war ein kurzfristig anberaumtes Treffen zwischen Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens, der Landtagsabgeordneten Corinna Lange (beide SPD) und Mitarbeitern des DRK-Kreisverbandes Stade. Deutlich wurde im Gespräch: Für Rettungspersonal und Ehrenamtliche läuft nicht alles glatt.
Das Deutsche Rote Kreuz Stade mit 1800 hauptamtlichen und 2000 ehrenamtlichen Mitarbeitern übernimmt mehr als 50 Prozent der Rettungsdienste im Landkreis. Nach den Elbe Kliniken ist es der zweitgrößte Arbeitgeber. Aber es herrscht Unzufriedenheit.
Die Zusammenarbeit mit dem Bereitschaftsdienst der KVN könnte aus Sicht des DRK besser laufen. Die KVN - die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen - ist in medizinischen Notfällen unter der Rufnummer 116 117 rund um die Uhr erreichbar. Sie vermittelt Anrufer bei nicht lebensbedrohlichen Fällen wie Bauchschmerzen, Grippe oder hohem Fieber an niedergelassene Ärzte. Ist die Situation lebensbedrohlich, gilt weiterhin die 112.
Rettungsdienste fahren zu vielen Bagatellfällen
Eigentlich soll die 116 117 die 112 entlasten - was nicht klappt. Es gebe zu viele sogenannte Bagatellfälle, für die der Rettungsdienst umsonst ausrücke, beklagt Matthias Mittlmejer (SPD). Er ist DRK-Rettungssanitäter, im Betriebsrat und ehrenamtlich als Feuerwehrmann unterwegs. Aktuell läuft die KVN-Nummer in einem Callcenter in Duisburg auf, die 112er-Nummer in der Leitstelle in Wiepenkathen. Die örtliche KVN und der Landkreis wollen, dass in Wiepenkathen wieder beide Nummern auflaufen. Damit aus einer Hand entschieden werden kann, ob die Situation lebensbedrohlich ist, oder ein Besuch beim Arzt reicht. Zuletzt hatte auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dafür Sympathien gezeigt.
200.000 Menschen werden über die Rettungsleitstelle des Landkreises Stade versorgt. Martin Lobin, Leiter des Rettungsdienstes beim DRK Stade, sagt: „Notfallsanitäter sind keine besseren Taxis für Bagatellen.“ Patienten kämen ihnen oft zu Fuß mit der Tasche in der Hand entgegen. Es müssten Wege geschaffen werden zu niederschwelligeren Transportangeboten. Zudem müsse die Schnittstelle zu niedergelassenen Ärzten verbessert werden.
Mittlmejer schlug Gemeindenotfallsanitäter vor, flächendeckend. Sie fahren zu „Notfällen“, wenn sie keine sind. Sie dürfen auch Medikamente wie Schmerztabletten geben. Leitstellen und Rettungswagen würde das entlasten.

Bessere Voraussetzungen für Rettungsdienst und Katastrophenschutz wollen Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und die Landtagsabgeordnete Corinna Lange (beide SPD), hier mit DRK-Präsident Michael Roesberg, schaffen. Foto: Alexandra Bisping
Daniela Behrens sprach von einer standardisierten Abfrage der Leitstelle, bevor der Rettungswagen ausrücke. „Wir brauchen mehr Vernetzung, Bündelung und Steuerung.“ Die Rufnummer 116 117 sei sehr teuer, funktioniere aber nicht. Gerade ältere Menschen wählten die Nummer, in die sie Vertrauen hätten.
Gleichwohl sagte die Ministerin: „Wer anruft, braucht die richtige Hilfe.“ Durch gezieltes Abfragen müsse festgestellt werden, ob es sich um einen Notfall handelt. Und falls nicht, müsse dem Anrufer mitgeteilt werden, wo und wie er Hilfe findet.
Digitale Möglichkeiten bei der Notfallrettung
Helfen könnte die sogenannte Telenotfallmedizin. Dabei werden relevante Daten von Notfallsituationen zum Beispiel per Handy oder Video direkt an Notärzte in der Rettungsleitstelle übertragen. Das Personal, das bei dem Patienten vor Ort ist, wird so von ärztlicher Seite unterstützt.
Seit 2021 läuft in Goslar das erste niedersächsische Pilotprojekt. Das habe sie sich angesehen, berichtete die Innenministerin. Sie hoffe, dass Telenotfallmedizin bald durch den Landtag „komme“, sagt Behrens. Problem sei die Finanzierung. Die ersten zwei Jahre habe das Land für das Pilotprojekt in die Tasche gegriffen. Diese Kosten könnten aber Krankenkassen übernehmen.
So sieht es beim Katastrophenschutz aus
Auch die Hochwasserkrise war Thema. 200 Freiwillige des DRK Stade waren im Einsatz, sagte der Präsident des DRK-Kreisverbands, Michael Roesberg. Die Situation habe gezeigt, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Organisationen und Ehrenamt sei, sagt Corinna Lange. Bei den Hochwassereinsätzen habe es nur zwei verletzte Feuerwehrleute gegeben. Unstimmigkeiten gab es aber auch hier.
DRK-Kreisbereitschaftsleiter Frank Burfeindt wies darauf hin, dass vieles unter der Katastrophenschwelle laufe. „Die Feuerwehr fährt hin und bekommt einen Verdienstausfall. Andere Helfer sind nicht gleichgestellt.“ Wenn Ehrenamtliche vom Arbeitgeber für ihre Einsätze nicht freigestellt würden, müssten sie Urlaub beantragen. „Das schauen wir uns gerade an“, so die Innenministerin. „Wir sind froh, wie es in den drei Wochen der Hochwasserkrise gelaufen ist.“
Über 140.000 Ehrenamtliche seien im Einsatz gewesen. Es habe unter 2000 Evakuierungen gegeben. Der Deichschutz habe gut funktioniert. „Darauf können wir stolz sein.“ Behrens lobte die „tolle Leistung“ der Helfer. Sie werde alles tun, sagte die SPD-Politikerin, damit Ehrenamtliche sich wertgeschätzt fühlen. Sie wolle den Katastrophenschutz stärken, vor allem mit verbesserter Ausrüstung.