TQuest: Sie gründen den ersten queeren Verein in Stade

Sie möchten queeren Personen und Angehörigen eine Heimat bieten: die Quest-Gründungsmitglieder Amadeus, Janina und Patrick (von links). Foto: Bisping
Es ist offiziell: Drei Menschen haben nach eigenen Aussagen den ersten queeren Verein im Elbe-Weser-Dreieck gegründet. Hier erzählen die drei Initiatoren aus Stade, was sie antreibt und welche Pläne sie haben.
Stade. Quest, so heißt der Verein, ist eine Abkürzung für queeres Stade. Aus der Taufe gehoben haben ihn Amadeus, Patrick und Janina. Mit ihren Nachnamen sind sie vorsichtig. Denn noch immer erleben queere Menschen Intoleranz, Anfeindung und Unverständnis.
Mit dem Verein möchten die Gründer queeren Menschen einen sicheren Raum bieten. Ihnen ermöglichen, zusammenzufinden und so zu sein, wie sie sein möchten. Ohne sich verstellen oder immer wieder erklären zu müssen. Queer steht für Menschen, die nicht der heterosexuellen Geschlechternorm entsprechen, die Geschlecht und Sexualität nicht traditionell leben.
Queere Szenen sind eher in Großstädten verortet
Klar, in großen Städten wie Hamburg sei das kein Problem, sagt Janina. „In kleineren und auf dem Land sieht das oft anders aus.“ Die 28-Jährige, gelernte Operationstechnische Assistentin, macht gerade eine Ausbildung zur Tierpflegerin.
Ob in der Schule, in Vereinen, unterwegs: Menschen aus der LGBTQAI+-Szene kennenzulernen sei schwierig, sagt Janina. Das Akronym steht für die englischen Begriffe Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual. Alle weiteren sexuellen Orientierungen und Geschlechteridentitäten sind durch das Plus eingeschlossen.
Drei Jahre lang seien Menschen für queere Rechte in Stade auf die Straße gegangen, zum Beispiel beim Christopher Street Day (CSD). Ein Netzwerk in der gesamten Region, eine Community für queere Menschen, gebe es bisher aber nicht, sagt Amadeus, 35, Medizinstudent in Hamburg. Es gab mal die Arbeitsgemeinschaft Queer, 2017 gegründet von der SPD Landkreis Stade. Das sei inzwischen aber wieder eingeschlafen. „Außerdem ist es wichtig, parteipolitisch neutral zu sein“, findet Amadeus.
Das Interesse an einem queeren Verein ist da
Eine Art Plattform für queere Menschen und diverse Themen fehlt. Vermehrt fragten Mütter, Tanten, Großmütter für ihre queeren Verwandten über soziale Medien bei ihnen an, berichten die Initiatoren.
Zum Beispiel die Mutter, die mit ihrem 16-jährigen Sohn nach Stade ziehen wird. Sie habe wissen wollen, wo ihr Transsohn Kontakte knüpfen könne. „Jetzt möchte sie Mitglied in unserem Verein werden“, sagt Amadeus nicht ohne Stolz.
Sehr berührend sei auch der Vater gewesen, der sie kontaktiert hatte, um seinem Sohn zu zeigen, dass jeder Rechte habe, egal welcher sexuellen Orientierung. Denn bekannterweise, so die Vereinsgründer, sei das Gesellschaftsbild noch immer binär.
„Wir wollen mit unserem Verein für alle da sein, für die Szene, für Angehörige“, sagt Patrick. Der 33-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zum Medizinischen Fachangestellten.
Pläne gibt es einige. Amadeus, Janina und Patrick wollen eine Laufgruppe gründen, Kinoabende mit Diskussionsrunden initiieren, Kooperationen mit Fachberatungsstellen wie Pro Familia eingehen. Und sie wollen aufklären.
An Mitgliedsanträgen dürfte es bald nicht mehr mangeln. Im vergangenen Jahr hätten 450 Besucher beim CSD mitgefeiert, trotz strömenden Regens. „Wir waren selbst überrascht“, sagt Amadeus. „Aber es zeigt: Interesse und Nachfrage sind da.“
Hasskriminalität steigt weiter an
Die Szene muss dringend mehr gesellschaftlichen Rückhalt erfahren. Denn nach wie vor können sich queere Menschen in Deutschland nicht sicher fühlen.
Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind im Jahr 2022 die registrierten Fälle von Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen weiter gestiegen.
Mehr als 1400 Straftaten wurden erfasst, darunter 1005 im Themenfeld sexuelle Orientierung, davon 227 Gewalttaten. Außerdem gab es 417 Straftaten im Themenfeld geschlechtsbezogene Diversität, davon 82 Gewaltdelikte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte dazu, viele Betroffene zeigten Straftaten nicht an. Man müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.
Eine Anlaufstelle für Menschen in der Region
Es seien aber nicht nur jüngere Menschen, die sich outeten, weiß Janina. „Auch ältere sind dabei, die aus diplomatischen Gründen vielleicht bisher ein Familienleben geführt haben. Die brauchen auch Kontakte.“
Einen großen Befürworter hat das Trio schon. Landrat Kai Seefried hat für den kommenden CSD die Schirmherrschaft übernommen. Zur Vereinsgründung sagt er: „Ich freue mich sehr, dass sich Quest für queere Rechte, Toleranz und Akzeptanz einsetzt und eine Anlaufstelle für alle Menschen in der gesamten Region ist.“ Die Gesellschaft sei vielfältig. „Eben diese Vielfalt spiegelt der Verein wider.“
Der Verein will sich jetzt bei einem Tag der offenen Tür vorstellen. Am Freitag, 24. Mai, ab 14 Uhr im Pavillon im Bürgerpark in Stade sind queere Menschen, Angehörige und Fürsprechende der queeren Community eingeladen, sich den Verein und seine Arbeit vor Ort anzusehen. Weitere Infos: www.quest-queeresstade.de.