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Backsteinbau

TSchimmelbefall: Boxhalle in Assel soll abgerissen werden

Schwammbefall in der Asseler Boxhalle. Sie soll abgerissen werden.

Schwammbefall in der Asseler Boxhalle. Sie soll abgerissen werden. Foto: Knappe

Die Boxhalle in Assels Ortskern ist von Schimmel befallen. Der Hausschwamm ist besonders tückisch. Eine Rettung für das Gebäude ist nicht in Sicht.

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Von Katja Knappe
Donnerstag, 07.11.2024, 11:50 Uhr

Assel. Serpula lacrymans: Das ist der lateinische Name des Pilzes, der zum Todesurteil für den historischen Asseler Backsteinbau führt. Der Hauptbau wurde 1927 errichtet, später kam ein Anbau dazu. Das Gebäude diente anfänglich als Turnhalle, später auch als Diskothek und Jugendtreff. In der dazugehörigen 60-Quadratmeter-Wohnung war bis vor wenigen Monaten noch die Kleiderkammer der Gemeindefeuerwehr Drochtersen untergebracht.

Seit 2009 trainiert die Boxabteilung des VTV Assel in der gemeindeeigenen alten Turnhalle mit einer Fläche von etwa 260 Quadratmetern. Im Sommer 2024 wurde Schimmelbefall festgestellt, die Boxer trainieren seitdem in der Alten Turnhalle in Assel.

Mitarbeiter des Drochterser Bauamts hatten einen bösen Verdacht und zogen ein Ingenieurbüro für Bauschadensdiagnostik hinzu. Ende August entnahmen die Fachleute Proben fürs Labor. Die Untersuchung bestätigte die Befürchtungen: Die Boxhalle ist durch den Echten Hausschwamm befallen.

Tückischer Pilz kann jahrelang überleben

Der holzzerstörende Pilz, dessen Fruchtkörper Champignon-Duft ausströmen, verursacht in Mitteleuropa knapp ein Drittel der pilzbedingten Gebäudeschäden. Um zu wachsen, braucht er cellulosehaltige Materialien wie Holz, Textilien, Papier, Spanplatten, Stroh und Schilf. Für die Gesundheit von Menschen ist der Hausschwamm unbedenklich.

Eine Besonderheit, die den Pilz so tückisch macht: „Er kommt mit relativ wenig Holzfeuchtigkeit aus. Um die 30 bis 35 Prozent Holzfeuchtigkeit reichen ihm. Der Pilz kann über zehn Jahre in der Trockenstarre bleiben und fängt dann nach drei Tropfen Wasser wieder an zu wachsen. Man kriegt es gut saniert, solange der Befall noch überschaubar ist“, erläuterte die Bausachverständige Dr. Regine Reimann-Önel im Drochterser Bauausschuss. Der Pilz vermehrt sich über Sporen durch die Luft.

In Assel hielten die Experten zunächst eine aufwendige Entkernung der betroffenen Bauteile für nötig: Mit Staubschutzwänden, Schutzausrüstungen und unter Unterdruck. Für fast 30.000 Euro wurde kurzfristig eine Sanierungsfirma beauftragt. Doch nach Beginn der Arbeiten stellten die Sanierer fest, dass sich der Pilz bereits auf weitere Bauteile ausgebreitet hatte und sich die Kosten mindestens verdoppeln würden.

Sachverständige: Pilz ist schon seit 20, 30 Jahren da

Im Oktober wurde bei einer weiteren Ortsbesichtigung vereinbart, nur besonders betroffene Bauteile auszubauen und zu entsorgen, aber vorerst keine weiteren umfangreichen Sanierungsmaßnahmen zu beginnen. Expertin Reimann-Önel stellte fest, dass zwei Monate nach der ersten Begehung die Sporen auch in anderen Gebäudebereichen nachweisbar seien. In dieser kurzen Zeit habe sich der Befall massiv ausgebreitet.

Der ursprüngliche Befall unter dem Hallenboden auf einer Fläche von circa 20 Quadratmetern sei aber schon viel älter. „Der Pilz lebt wahrscheinlich schon 20, 30 Jahre in dem Gebäude“. Die Pilzsporen seien mit großer Sicherheit auch in den abgehängten Reet-Putz-Geschossdecken. Selbst eine komplette Sanierung sichere nicht dauerhaft den Erfolg. „Vielleicht ist 15 Jahre Ruhe. Aber irgendwann wird es wahrscheinlich wieder losgehen“, so Reimann-Önel. Sie empfahl der Gemeinde das Kosten-Nutzen-Risiko einer Sanierung abzuwägen.

FWG-Fraktionschef Cornelius van Lessen erkundigte sich, wieso der typische Pilzgeruch nie bemerkt worden sei. Christian von Thun von der Gemeindeverwaltung sagte, dass das Gebäude einen Eigengeruch gehabt habe und dass der Boxtrainer stets gemeint habe, es rieche nach Boxen. Der VTV Assel habe den Hallenboden vor knapp zehn Jahren in Eigenleistung saniert.

FWG: Gemeinde hat Gebäude verrotten lassen

Die FWG hat mittlerweile der Gemeindeverwaltung vorgeschlagen, dem Verein die Mittel für die Reparaturmaßnahmen zu erstatten, die Reparaturen seien wegen des Hausschwamms vergebens gewesen. Gegenüber dem TAGEBLATT sagte van Lessen, die Gemeinde habe ein öffentliches Gebäude verrotten lassen, die Verwaltung sei verpflichtet, den Zustand öffentlicher Gebäude regelmäßig zu überprüfen.

Drochtersen hofft auf Fördermittel für Abriss

Die Gemeindeverwaltung prüft aktuell, ob es im Rahmen der Dorfentwicklung für die Elbstromdörfer Fördergeld für den Abriss geben könnte, wenn auf der Fläche von insgesamt etwa 730 Quadratmetern danach eine parkähnliche Grünfläche mit Aufenthaltsmöglichkeiten geschaffen werde. Der Bauausschuss empfahl einhellig den Abriss des Gebäudes und eine Entsiegelung der Fläche.

„Wir haben hier genug Problembauten und sehen auch keine Alternative. Aus Sicht der Dorfgemeinschaft haben wir aktuell keine Nutzungsmöglichkeiten. Für öffentliche Veranstaltungen ist das hier schwierig wegen der Nachbarn“, äußerte Bernd Mattern für den Arbeitskreis Elbstromdörfer. Immerhin gebe es die Chance, über die Förderung eine Nachnutzung zu erreichen, die dem alten Ortskern zugutekomme.

Besonders stark vom Hausschwamm befallene Bauteile - vor allem im Bodenbereich - wurden inzwischen unter Schutzvorkehrungen ausgebaut und entsorgt. Gelöst ist das Problem dadurch nicht.

Besonders stark vom Hausschwamm befallene Bauteile - vor allem im Bodenbereich - wurden inzwischen unter Schutzvorkehrungen ausgebaut und entsorgt. Gelöst ist das Problem dadurch nicht. Foto: privat

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