TSchnecken und Hühner in der Kita? Was Tiere bei Kindern bewirken

Lotti (Mitte) schaut fasziniert zu: Vanessa Schmidt setzt Noelia das Haubenhuhn Hexe auf den Schoß. Foto: Bisping
Beim Umgang mit Tieren können Menschen viel lernen, vor allem kleine. Jetzt haben sich Kita-Kinder in Mulsum mit Hühnern und Schnecken befasst. Was sie dabei lernen konnten.
Mulsum. Galindo gibt mächtig an. Mit lautem Krähen verkündet er allen Anwesenden, dass er hier der Chef ist. Eule, Hexe, Gerda und Hecker sind es gewohnt, sie heben nicht mal den Kopf. Die Kinder lachen, niemand ist beeindruckt oder ängstlich. Obwohl sich das italienische Haubenhuhn, ein Paduaner, alle Mühe gibt: Schließlich ist Galindo heute mit vier Damen zu Besuch in der Mulsumer Kita Triangel.

Hahn Galindo lässt durch lautes Krähen alle wissen, wer hier der Boss ist. Foto: Bisping
Gebannt beobachten 18 Kita-Kinder, wie sich die Hühner verhalten. Sie sitzen um eine große rechteckige Plane, das Federvieh stakst zutraulich zwischen seinem kleinen Publikum herum. Vanessa Schmidt vom Tiergestützten Wolkenmobil aus Estorf erklärt, warum Hühner manchmal keine Federn haben.
Diese Arbeit bringt Tiere und Menschen zusammen
So wie die kleine Hexe: Sie sieht wahrlich aus wie ein gerupftes Huhn. „Sie ist in der Mauser“, sagt Vanessa Schmidt. „Das ist eine Zeit, in der ein Huhn viele abgenutzte Federn verliert, die bald gesund wieder nachwachsen.“
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Es ist Snack-Time. In kleinen Behältern dürfen die Kinder Körner anbieten. Die werden von den Hühnern gerne genommen. Strecken die Kinder ihre Hände aus, um ein Huhn zu streicheln, hält es still. Zwischenzeitlich treten die Tiere die Behälter um oder schlagen mit den Flügeln. „Das Huhn macht Wind“, ruft ein Mädchen begeistert.
Vanessa Schmidt erzählt etwas über Eule, ein buntes großes Huhn. „Eule ist schon sieben Jahre alt“, sagt sie. „Fit ist sie noch, aber gucken kann sie nicht mehr so gut.“ Auf die Frage, ob Eule noch Eier lege, antwortet sie: „Ja, aber es werden weniger.“

Max (vorne), Anska und Emily sind von den Hühnern beeindruckt. Foto: Bisping
Seit bald zwei Jahren arbeitet Vanessa Schmidt beim Wolkenmobil. Die 23-Jährige hat eine Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Interaktion gemacht. „Ich wusste vorher gar nicht, dass es so einen Beruf gibt“, sagt sie. „Es ist die perfekte Kombination, um mit Tieren und Menschen zusammenzuarbeiten.“
Mit seinen Tieren besucht das Wolkenmobil auch Wohnhäuser für Menschen mit Behinderung oder Seniorenheime. „Im Kindergarten bedeuten Tiere Mehrwert“, sagt die stellvertretende Kita-Leiterin Yvonne Heins. Tiergestützte Pädagogik sei „ihr großes Steckenpferd“. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass uns der Förderverein dieses große Projekt ermöglicht.“ Und auch darüber, dass der Träger diese Maßnahme gestattet.
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Hunde und Schafe vom Wolkenmobil seien auch schon in der Kita gewesen, sagt Heins. Durch Kontakt mit den Tieren könnten die Kleinen Dinge lernen wie Toleranz und Rücksichtnahme. „Jeder hat unterschiedliche Ressourcen und ist anders verletzlicher“, sagt sie. „Kindern das beizubringen, geht über die Tiere am besten.“
Das Haus ist für die Schnecke lebenswichtig
Eine andere Kita-Gruppe hat Schneckenbesuch - von Schnecken mit beachtlicher Größe. Es handelt sich um Achatschnecken aus Afrika, die in Freiheit bis 30 Zentimeter lang werden können. Miriam Scheer-Gerowski, Inhaberin des Tiergestützten Wolkenmobils, erklärt den faszinierten Kindern die Funktion eines Schneckenhauses.

Kleine Kinder, große Schnecken: Die Gruppe lauscht gebannt, was über die Weichtiere erzählt wird. Foto: Bisping
Das Haus schütze alle lebenswichtigen Organe wie Herz, Lunge und Magen, bringt Scheer-Gerowski den Kleinen anschaulich bei. Dann fragt sie: „Für Schnecken muss es warm sein, wann kommen sie aus ihren Häusern raus?“ „Wenn es feucht ist“, schallt es ihr entgegen. „Und wer will Feuchtigkeitspolizei sein?“ Viele Hände schießen in die Höhe. Die Tierexpertin verteilt Sprühflaschen, die die Kleinen engagiert verwenden und künstlichen Regen verteilen.
Tiere haben eine therapeutische Wirkung
Ein paar Kinder dürfen sich die großen Weichtiere auf die Hand setzen lassen - auch Karla macht mit. Die große Schnecke ragt weit über ihren Handteller hinaus. „Sie bewegt sich“, ruft Karla begeistert.

Miriam Scheer-Garowski setzt Karla eine Achatina, eine afrikanische Riesenschnecke, auf die Hand. Foto: Bisping
Seit 2017 bietet die gelernte Tiergestützte Therapeutin Miriam Scheer-Gerowski mit ihrem Wolkenmobil Begegnungen mit Tieren an. Sie selbst hat 20 Jahre lang in der Psychiatrie gearbeitet. „Irgendwann dachte ich, dass es noch etwas anderes geben muss“, sagt sie. Mit einer Patientin, die sich sehr schwer selbst verletzte, habe sie viel über Hunde gesprochen. „Dadurch hat sich bei ihr etwas verändert, und ich wusste: Das ist mein Weg.“
Der Besuch der Tiere dauert eineinhalb Stunden, ein Projekt kostet 200 Euro. 400 Euro sind es an diesem Tag, immer finanziert vom Förderverein. Yvonne Heins hofft, dass sie noch häufig Tiere in der Kita begrüßen kann.
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