TSie sind da, wenn Kinder und Jugendliche trauern

Die Trauerbegleiterinnen Maria Traut (links) und Annika Draack von „Herzlichst“ helfen Kindern und Jugendlichen. Foto: Susanne Helfferich
Nach einem Todesfall in der Familie stehen Kinder mit ihrem Schmerz oft allein da. Viele halten sich zurück, um andere Familienmitglieder zu schonen. Wenn dann der Alltag einkehrt, beginnen oft die Probleme.
Stade. Wenn Mutter oder Vater sterben, gerät oft das familiäre Umfeld ins Wanken. „Bisher existenzielle Sicherheiten brechen weg und verunsichern Kinder. Oft versuchen sie unbewusst, die Lücke zu füllen und Rollen der oder des Verstorbenen zu übernehmen“, erzählt die Erzieherin und Heilpraktikerin Maria Traut. Seit 16 Jahren begleitet sie Kinder und Jugendliche bei ihrer Trauer.
Seit 2005 bietet die Hospiz-Gruppe Stade unter dem Namen „Herzlicht“ diese Trauerbegleitung an. Seit gut einem Jahr hat die 67-jährige Maria Traut Unterstützung von Annika Draack. Die 33-jährige gelernte Krankenpflegerin und heute hauptberufliche Erzieherin hatte sich nach einem eigenen Verlust im Bereich Palliativ Care weiterbilden lassen. „So habe ich die Trauerbegleitung bei Herzlicht kennengelernt“, erzählt sie. Sie lässt sich derzeit zur Trauerbegleiterin ausbilden und wird das Angebot fortführen, wenn Maria Traut sich in den Ruhestand verabschiedet.
Kinder mit ihrer Trauer nicht alleinlassen
„Die Idee ist, trauernde Kinder mit einem vergleichbaren Schicksal in kleinen, altersspezifischen Gruppen zusammenzuführen, damit sie erfahren, dass sie mit ihrem Verlust nicht alleine sind“, erklärt Maria Traut. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen seien die eigentlichen Experten für ihre Situation und könnten sich gut gegenseitig helfen.
Drei Gruppen, die sich 14-täglich treffen, bietet „Herzlicht“ an: je eine Gruppe mit Kindern von etwa 5 bis 8 Jahren und von etwa 11 bis 14 Jahren sowie eine Gruppe für Jugendliche und junge Erwachsene. Letztere ruht derzeit. „Ab 14 Jahren wollen die Jugendlichen auf eigenen Füßen stehen und cool sein“, sagt Maria Traut. Je älter, desto größer sei die Hemmschwelle, dazu zu stehen, dass man Hilfe benötigt.
Maria Traut und Annika Draack begleiten die Gruppen gemeinsam. „Ich bin die Herzlicht-Oma, Annika die Herzlicht-Freundin“, sagt Maria Traut schmunzelnd, „von unserer Unterschiedlichkeit profitieren die Jugendlichen und Kinder.“ Annika Draack schätzt die Erfahrung der Älteren, die ihr bei der intensiven Beziehungsarbeit hilft. „Da ist es gut, aus so viel Erfahrung schöpfen zu können.“
Begleitung wird allein aus Spendengeldern finanziert
Der Verlust eines nahen Menschen überfordere Kinder und Jugendliche, daher sei es wichtig, sie aus dieser Verantwortung zu entlassen, so Maria Traut; und das gelinge am besten in der Gruppe. Es gehe nicht nur darum, Erinnerungsbilder zu malen oder Kerzen anzuzünden. Solche Rituale könnten Impulse geben. Aber das Wichtigste sei die Erfahrung, dass sie nicht alleine sind mit ihrem Kummer und dass sie trotz Trauer Witze erzählen oder Party feiern dürfen. „Für sie ist wichtig, zu erkennen, was ihnen guttut“, sagt Maria Traut.
Zwischen 30 und 35 Kinder begleitet „Herzlicht“ pro Jahr, manche sind länger als ein Jahr dabei. Zu 80 bis 90 Prozent haben sie ein Elternteil verloren, öfter auch ein Großelternteil, seltener Geschwisterkinder.
Die Arbeit von „Herzlicht“ wird komplett über Spenden finanziert. Weitere Informationen unter www.hospiz-gruppe-stade.de.