TSilvesterlauf in Drochtersen: 310 Menschen beenden das Jahr 2023 sportlich
Insgesamt 310 Athleten gehen bei der 48. Auflage des Drochterser Silvesterlaufes über die verschiedenen Distanzen auf die Strecke. Foto: Daniel Berlin
Sie trotzen dem Gegenwind. Sie lächeln auf dem Zielstrich. Das Quälen zum Jahresabschluss ist längst beliebte Tradition: Beim Silvesterlauf in Drochtersen setzen sich die Favoriten durch - und ein neuer Streckenrekord wurde gesetzt.
Drochtersen. Um Viertel nach 12 drückt Dirk Ludewig (77) auf den Abzug der Startpistole. Mit einem lauten Knall entlässt der Vorsitzende des gastgebenden TVG Germania Drochtersen etwa 250 Läuferinnen und Läufer im Kehdinger Stadion auf die fünf und zehn Kilometer lange Strecke. Eineinhalb Runden drehen die Ambitionierten und weniger Ambitionierten auf der Tartanbahn. Dann geht es ins Dorf, schließlich raus Richtung Krautsand bis zum Elbdeich und zurück. So war das schon immer. Der Silvesterlauf ist Kult.
Tobias Middendorf vom Fischer-Mohr-Laufteam ist nach 16 Minuten und sieben Sekunden wieder da. Die schnellste Frau, Julia Franke von der LT Haspa Marathon Hamburg, überquert nach 18:12 Minuten die Ziellinie der Fünf-Kilometer-Schleife. „Die Zeit war heute nebensächlich. Ich bin auf Platzierung gelaufen“, sagt Middendorf nach wenigen Minuten Verschnaufpause. Der Silvesterlauf sei ein „schöner Jahresabschluss“. Das sagen die meisten hier.
Dirk Ludewig gehörte zu den Besten im Dreisprung
Dirk Ludewig interviewt im Ziel die Sieger. Er nennt fast jeden, der reinkommt, beim Namen. Sie haben es sich alle verdient. Das ganze Stadion hört über Lautsprecher mit. Ludewig zieht sprichwörtlich den Hut vor den Leistungen der Schnellsten und vor allem vor den anderen, vor den Hobbyläufern und denen, die gerade ihren inneren Schweinehund überwunden haben. Läuft Ludewig selbst lange Distanzen? „Um Gottes Willen“, sagt er.

TVG-Chef Dirk Ludewig (links) schickt die Läufer mit einem Startschuss auf die Strecke. Bei der Organisation hilft ihm seine rechte Hand Henning Bloss. Foto: Daniel Berlin
Dirk Ludewig war als Jugendlicher und junger Mann ein guter Leichtathlet. Er stand in der Studentenauswahl der Göttinger Universität. Im Weitsprung schaffte er sieben Meter, im Dreisprung 14. Sprinten ging auch. Ein Mal versuchte er sich beim Silvesterlauf. Das ist lange her. Seine Turnschuhe waren schlecht, die Socken saßen nicht. Bei der Silvesterparty am Abend schmerzten die Blasen an den Füßen. „Nie wieder“, sagt Ludewig. Er organisiert lieber.
Er und sein Team von Ehrenamtlichen registrieren bei der 48. Auflage des Silvesterlaufes 310 Läuferinnen und Läufer. Gut 170 nehmen die zehn Kilometer in Angriff, mehr als 80 die fünf Kilometer. Zwölf Schüler starten über 1000 Meter. 28 Nordic Walker und 14 Walker gehen auf die Strecke. Es waren mal mehr. In Hochzeiten um die 600. Aber Ludewig ist mit den Zahlen ganz zufrieden.
Max Schröter läuft 40 Sekunden Vorsprung heraus
Früher, erzählt der TVG-Vorsitzende, war die Leichtathletik im Verein die stärkste Sportart. Die Athleten hatten ein hohes Niveau. Aber die Sparte war kurz vor dem Ende. Seit ein paar Jahren gehe es wieder ein bisschen bergauf. Ludewig engagiert sich, wie früher, wieder als Trainer. 30 bis 40 Kinder kommen wieder zum wöchentlichen Training. An Meisterschaften nimmt der Nachwuchs nicht teil. Aber das Kehdinger Sportfest und das Flöhe-Sportfest sind feste Programmpunkte im Jahreskalender des TVG Germania.

Max Schröter aus Buxtehude stellt über zehn Kilometer einen neuen Streckenrekord auf: 32 Minuten und 15 Sekunden. Der Zweite, Benjamin Franke (links), gratuliert. Foto: Daniel Berlin
Etwas mehr als eine halbe Stunde ist seit dem Start des Hauptlaufes vergangen. Da läuft Max Schröter durch das große Tor des Stadions direkt auf die Tartanbahn. Der Buxtehuder in Diensten des Fischer-Mohr-Teams hat an diesem Tag über zehn Kilometer die Konkurrenz abgehängt. Nach 32 Minuten und 15 Sekunden stoppt die Zeit. Streckenrekord. „Es war sehr anstrengend. Der Wind hat eine große Rolle gespielt“, sagt Schröter nach seinem vierten Sieg in Drochtersen. Nach einem Kilometer setzte er sich von den Mitfavoriten ab, lief bis Kilometer fünf 40 Sekunden Vorsprung heraus und verteidigte den bis ins Ziel.
Schröter gehört beim Silvesterlauf seit Jahren zum Inventar. „Das ist eine schöne Tradition“, sagt er. Schon den Jugendlauf bestritt er vor vielen Jahren. Später ging er mit seinem Vater gemeinsam auf die Strecke.
Svea Timm: Silvesterlauf ist ein Stück Heimat
Für Svea Timm aus Jork ist der Silvesterlauf „ein Stück Heimat“. Ein Muss am Ende des Jahres. In Norddeutschland gebe es nichts Vergleichbares. „Hier treffe ich sogar ehemalige Lehrer von mir“, sagt Timm, die jetzt in Kiel lebt und für den LAC Kronshagen startet. In Drochtersen trotzte sie dem „frontalen und brutalen Gegenwind“ über zehn Kilometer am besten und gewann in 37 Minuten und 27 Sekunden. Im neuen Jahr will sie sich über 5000 Meter für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren und gute Ergebnisse auf der Straße erzielen. Höhepunkt der Saison sei der Halbmarathon um die Deutsche Meisterschaft in Hamburg.

Svea Timm ist die schnellste Frau über zehn Kilometer. Die Jorkerin, die jetzt in Lübeck lebt, benötigt 37:27 Minuten. Foto: Daniel Berlin
Svea Timm fährt noch am frühen Nachmittag zurück nach Kiel. Die 22-Jährige hat zwei Rituale am Silvestertag. Erst der Lauf in Drochtersen. Um Mitternacht springt sie dann in die Förde und begrüßt beim Eisbaden das neue Jahr.