Zähl Pixel
Mühle

TStade will Immobilie mit „Seltenheitswert“ verkaufen

Ein Motiv wie aus dem Märchen: Die 1856 erbaute Mühle liegt mitten in Stade.

Ein Motiv wie aus dem Märchen: Die 1856 erbaute Mühle liegt mitten in Stade. Foto: Bisping

Die Hansestadt Stade will ihre Windmühle an der Schiffertorsstraße verkaufen. Versucht hatte sie es schon mal. Warum Käufer für die märchenhafte Immobilie mit „Seltenheitswert“ nicht leicht zu finden sind.

author
Von Alexandra Bisping
Sonntag, 14.01.2024, 09:50 Uhr

Stade. Malerisch, imposant und wie aus einem Märchen: Diesen Charme versprüht die mitten in Stade gelegene historische Mühle an der Schiffertorsstraße. „Richtigen Seltenheitswert“ attestieren ihr Stades Denkmalpflegerin Lisa Rolle und Timo Marx von der Gebäudewirtschaft Stade. Sie sei die letzte erhaltene Holländer-Windmühle in Stade, sagen sie. Wie beide über die frühere Getreidemühle reden, klingt fast ein bisschen stolz. Und doch will die Stadt die Immobilie verkaufen, in einem zweiten Anlauf.

Bereits 2022 wollte sich die Hansestadt von dem Besitz trennen. Ohne Erfolg. Nicht überzeugend genug seien die Konzepte gewesen, die Interessenten vorgelegt hätten. Denn trotz der vielen Nutzungsmöglichkeiten - es sei laut Rolle und Marx nahezu alles denkbar - gibt es für den potenziellen Käufer einiges zu berücksichtigen. Allein wegen des Denkmalschutzes.

Auch von innen verzaubert die Mühle ihre Besucher

Errichtet wurde die Mühle 1856 auf einem seit 1336 überlieferten Mühlenstandort. Die Stadt suche jemanden, der die Mühle als Denkmal berücksichtige, sagt Timo Marx. Einfach einziehen und alles nach eigenen Vorstellungen umbauen - das geht nicht. „Jede Maßnahme ist denkmalrechtlich genehmigungspflichtig“, sagt Lisa Rolle. Diese Pflicht obliegt dem Käufer: Er muss einen baurechtlichen Nutzungsantrag mit entsprechendem Denkmalschutz stellen.

Die Windmühle - ihre Flügel sind arretiert - wurde quasi räumlich vergrößert. An der West- und Nordseite des Mühlensockels liegt ein eingeschossiger Anbau. Durch diesen sogenannten Mühlenanbau gelangen Besucher über einen Flur in das Mühleninnere. Die Wände sind weiß, es gibt helle Holzelemente wie Einbauschränke oder dunklere wie Deckenbalken. Ein großer Raum liegt linkerhand im Anbau. Derzeit finden in den Räumen Schul-AGs des Vincent-Lübeck-Gymnasiums statt.

Vom Anbau aus führt ein Zugang zur Terrasse, direkt daneben befindet sich der Sanitärbereich. Im vierstöckigen Mühlenkörper ist pro Stockwerk ein Raum. Lisa Rolle nennt ein Beispiel, wie Erdgeschoss und erster Stock genutzt werden könnten: durch Deckenöffnung als Galerie, verbunden durch eine Spindeltreppe.

Lisa Rolle und Timo Marx begutachten das Gebälk im vierten Stock.

Lisa Rolle und Timo Marx begutachten das Gebälk im vierten Stock. Foto: Alexandra Bisping

In dem historischen Gebäude ist auch Wohnen möglich

Vom Erdgeschoss aus führt eine Treppe in den ersten bis vierten Stock. Auch hier ist alles weiß gestrichen. Die Räume fallen bis zum dritten Stock großzügig aus, liegen zwischen 45 und 50 Quadratmetern. Im vierten ist der Raum etwas kleiner. Historische Fenster sucht man vergeblich. Vielleicht auch ein Vorteil, denn der Wärmeverlust wäre beachtlich. Der hält sich bis zum vierten Stock in Grenzen - auch dank der dicken Mauern und einer Gasheizung.

Im ersten Stock im Anbau steht der Besucher direkt unter dem Dach des Nebengebäudes. Die Fläche ist aktuell mehr eine Abstellkammer. „Ausbaufähig“, sagen Rolle und Marx. Im Raum des ersten Stocks herrscht ein Hauch von schulischer Laboratmosphäre für Chemie und Biologie. Im zweiten bis vierten Stock gibt es Multifunktions-, Technik- und Computerräume, ein Video- und Tonstudio.

Das vierte Obergeschoss ist der Raum unter dem Mühlenkopf mit umlaufender Galerie - circa 11,5 Meter über der Geländeoberfläche. Ein Käufer könnte die Galerie als Aussichtsplattform öffnen und geführte Begehungen anbieten.

Herausfordernd und deutlich kälter wird es für jene, die bis unter das Mühlendach bis zum Mühlenrad klettern wollen. Dazu stehen Sprossenleitern bereit.

Aus vielen Fenstern gibt es einen herrlichen Blick auf Stade.

Aus vielen Fenstern gibt es einen herrlichen Blick auf Stade. Foto: Alexandra Bisping

Wünsche an den Käufer und der Verkaufsgrund

Die Stadt wünscht sich, dass zumindest Teile für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden, sagt Timo Marx. In der Mühle zu wohnen ist dabei nicht ausgeschlossen. „Das Konzept muss stimmen“, sagt er. „In Verbindung mit dem Kaufpreis ist es das entscheidende Kriterium.“

1949 wurde die Windmühle außer Betrieb genommen. Seit 1992 wird sie schulisch genutzt, seit 2019 steht sie unter Denkmalschutz. Laut Verkaufsexposé, abrufbar auf immoscout24.de, soll die Mühle unter anderem „als Wahrzeichen erhalten bleiben und möglichst erlebbar werden“. Besucher sollten etwas über die Geschichte der Mühle und deren Bedeutung für die Stadt erfahren.

Bleibt die Frage, warum die Mühle verkauft wird. Dazu sagt Pressesprecher Stephan Voigt, die Stadt überprüfe Immobilien immer wieder kritisch. Bei der Mühle sei sie zu dem Schluss gekommen, dass diese nicht mehr ins Portfolio passe. „Wir suchen stattdessen lieber einen Eigentümer, der die Mühle mit eigenem Konzept - unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes - weiterführt.“

Das Angebot steht noch bis zum 21. Januar. Interessenten gibt es schon. Was die für die Mühle zahlen müssten? „Über Preise reden wir nicht“, sagt Marx.

Weitere Artikel