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TStader Awo-Kaufhaus mit Herz hat geschlossen - So lief der letzte Tag

Wehmut im Blick: Volker Schulz (von links), Thomas und Dani am letzten Tag im Kaufhaus mit Herz.

Wehmut im Blick: Volker Schulz (von links), Thomas und Dani am letzten Tag im Kaufhaus mit Herz. Foto: Bisping

Günstige Angebote für jedermann, heißt es auf dem Schild am Eingang. Das ist jetzt in Stade vorbei: Die Pforten des Awo-Kaufhauses mit Herz sind seit Freitag dicht. Eindrücke vom letzten Tag.

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Von Alexandra Bisping
Freitag, 31.05.2024, 19:18 Uhr

Stade. Die ersten Regale werden von Käufern abgeholt. Dennoch ist es erstaunlich ruhig in den Gängen des gemeinnützigen Kaufhauses nahe der Wilhadi-Kirche. Nur wenige Kunden besuchen an diesem letzten Nachmittag den 140 Quadratmeter großen Laden. Dabei gibt es reichlich zum Stöbern. Schuhe, Taschen, Geschirr, Elektrogeräte - auch die Kleiderständer hängen voll.

Thomas steht hinter der Kasse. Er gehört eigentlich zum Awo-Team Buxtehude. Seinen Nachnamen möchte er nicht nennen. Die letzten Stunden hatte Thomas sich anders vorgestellt. „Ich dachte, wir hätten noch mal einen richtig guten Zulauf, weil wir schließen“, sagt er. Von großem Andrang keine Spur. Ein Problem, mit dem sich das Awo-Kaufhaus schon lange herumschlägt. Und ein Grund für die Schließung.

In Stade scheitert das Konzept Sozialkaufhaus

Volker Schulz aus dem Vorstand ist ein Mann der ersten Stunde. Er ist Ideengeber und Gründer, hat die Awo-Kaufhäuser eröffnet. Erst 2009 in Buxtehude, dann 2011 in Stade. Das dritte 2013 in Neu Wulmstorf. Heute steht er mit Thomas im Laden.

Er sagt, die Menge der Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Lage auf alle Waren 30 Prozent bekommen, sei in Stade sehr groß. „Dabei sind diese sozialen Kaufhäuser genau für diese Menschen gemacht.“ Aber eben nicht nur. Es muss auch Käufer geben, die den vollen Preis der ohnehin sehr günstigen Ware bezahlen können. Die fehlen. Ein Geschäft kann sich so nicht halten.

Auch mit den Spenden lief es häufig nicht gut

„Wir bekommen keine öffentlichen Gelder“, berichtet Schulz. Der Betrieb muss sich selbst stemmen können. In Stade geht das Konzept nicht auf. Zu wenige Kunden, zu hohe Kosten, nicht jeder ist ehrenamtlich tätig. Die vier Angestellten mussten sie entlassen. „Es tut mir leid um jeden einzelnen Arbeitsplatz“, sagt er bedauernd. Auch mit den Sachspenden sei es nicht gut gelaufen.

Thomas bestätigt das. „Wir haben immer wieder Kartons bekommen, da lagen oben drauf gute und hochwertige Sachen“, erzählt er. Die Freude darüber sei häufig schnell verflogen. „Darunter kamen dann Waren zum Vorschein, verrostet, kaputt. Die konnten wir nur noch entsorgen.“ Kosten in beträchtlicher Höhe seien dabei entstanden.

Volker Schulz: „Diese Flugzeuglampe haben wir seit dem Anfang, jetzt zieht sie mit um.“

Volker Schulz: „Diese Flugzeuglampe haben wir seit dem Anfang, jetzt zieht sie mit um.“ Foto: Alexandra Bisping

Volker Schulz, hauptberuflich Verwalter des Seniorenheims Buchholz, geht die Schließung nahe. Ihm sei ein bisschen wehmütig zumute. „Man baut es ja nicht auf, um es wieder zuzumachen“, sagt er. Auch Thomas sagt, er habe beim Ladenaufbau bis nachts mit angepackt. Was sagen die Kunden?

„Es gibt in Stade keine Alternative“

Vor einem Regal stehen Diana Löffler und ihre Tochter Luise. Sie bedauern das Ende des Awo-Kaufhauses sehr. „Ich habe hier mal ein einwöchiges Praktikum gemacht“, sagt Luise Löffler. „Und ich habe regelmäßig meine Kleidung gespendet“, sagt ihre Mutter. Außerdem sei sie Lehrerin und habe hier gerne preiswerte Kinderpuzzle gekauft. „Ich weiß auch, dass Eltern von Kindern aus meiner Klasse gut und gerne hier Kleidung gekauft haben.“ Zum Awo-Kaufhaus gebe es keine Alternative in Stade.

Bis Ende nächster Woche wird die Ladenfläche des Awo-Kaufhauses leer sein, sagt Volker Schulz

Bis Ende nächster Woche wird die Ladenfläche des Awo-Kaufhauses leer sein, sagt Volker Schulz Foto: Alexandra Bisping

Hätte es eine Möglichkeit gegeben, weiterzumachen? „Es gab sehr viele Angebote, auch Geldangebote. Ich habe jedes einzelne geherzt“, berichtet Volker Schulz. Anfragen von Leuten, die es gerne als Sozialkaufhaus weiterbetrieben hätten, waren auch dabei. Wohl nicht immer komplett durchdacht.

„Ich habe immer meine Unterstützung angeboten, aber einfach mal eben einen Laden aufmachen funktioniert nicht.“ Vielen sei nicht klar, was als gemeinnütziger Verein alles beachtet werden müsse. „Das ist sehr viel Arbeit, die mir aber Spaß macht.“

Kartons hat Thomas schon vollgepackt und auf die Läden in Buxtehude und Neu Wulmstorf verteilt. Für das Awo-Kaufhaus läuft der Mietvertrag noch bis Ende Juni. So lange will Volker Schulz nicht warten. „Bis Ende nächster Woche wollen wir komplett raus sein und erst mal durchatmen, uns erholen.“ Doch dann, sagt er, müsse es weitergehen - vielleicht auch eines Tages mit einem neuen Laden.

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