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Bremerhaven

TJäger lässt probieren: So schmeckt Nutria vom Grill

Testessen bei den Bartels: Bremerhavens Stadtjägermeister grillt Nutria im Garten.

Testessen bei den Bartels: Bremerhavens Stadtjägermeister grillt Nutria im Garten. Foto: Wessolowski

In Bremerhaven werden jährlich 70 bis 80 Nutrias gefangen. Die Population des durch Pelzfarmen eingeschleppten Tieres muss kontrolliert werden. Jäger legen sich Nutrias auf den Grill.

Von Maike Wessolowski Sonntag, 09.11.2025, 12:00 Uhr

Bremerhaven. Schon mal Nutria probiert? Die Reaktion vieler Mitmenschen ist dieselbe: ungläubiger Blick, das Gesicht spiegelt Abscheu wider. Obwohl wir in einer globalisierten Welt des kulturellen Austauschs leben, hört beim Essen für viele der Spaß auf.

Wie schmeckt Nutria? Stadtjägermeister grillt den Nager

Anders bei Bremerhavens Stadtjägermeister Holger Bartels. Er hat das Nutria regelmäßig auf dem Grill. „So sorgen wir dafür, dass das, was wir erlegen, möglichst zu 100 Prozent genutzt wird“, sagt der Bremerhavener.

Nutrias vermehren sich stark.

Nutrias vermehren sich stark. Foto: Büttner

Ein Stadtjägermeister ist ein sachverständiger Berater der Unteren Jagdbehörde. Er managt Mensch-Wildtier-Konflikte auch bei Überpopulationen von Wildarten wie Ringeltauben oder Waschbären, die nicht durch reguläre Jagd abgedeckt werden kann.

Mit viel Geduld beantwortet er auch zum 100. Mal die Frage, was zu tun ist, wenn Anrufer eine kranke Möwe entdeckt haben. Auch, wenn die Antwort anders ausfällt, als es sich mancher wünschen mag: Dass Wildtiere sterben, gehört zum Wildleben dazu.

Nutria vermehren sich besser als die sprichwörtlichen Karnickel

Ein Nutria hat mit der Ratte nur eine Gemeinsamkeit – den unbehaarten Schwanz. Bartels vermutet, dass deshalb viele vor dem Verzehr des Tieres zurückschrecken.

Die südamerikanischen Nutrias sind über Pelzfarmen nach Deutschland gekommen, haben keine natürlichen Feinde und in der Nähe von Gräben oder dem Tidepolder der Luneplate vermehren sich die Vegetarier besser als die sprichwörtlichen Karnickel.

Frisch vom Grill auf den Teller: Nutria aus Bremerhaven.

Frisch vom Grill auf den Teller: Nutria aus Bremerhaven. Foto: Wessolowski

„Fünfmal im Jahr gibt es sechs bis zehn Junge, die nach fünf Monaten selbst geschlechtsreif sind. Das Jagdjahr geht von April bis Ende März – doch 2025 habe er schon im September mehr Nutria in der Falle gehabt als im ganzen letzten Jagdjahr.

Im Auftrag von Bremenports werden an der Luneplate Nutria lebend gefangen und getötet. Nicht selten hängen die vier bis neun Kilogramm schweren Tiere bei ihm zu Hause. „Frischer und nachhaltiger geht es nicht“, sagt er über die in Bremerhaven gefangenen Tiere.

Ob Fleisch oder Felle – Abnehmer zu finden, ist schwer

Bartels lässt sich auch Felle gerben und eine Jacke oder Mützen aus dem unglaublich weichen Pelz der Tiere machen. Er gibt sie weiter als Anschauungsobjekt, ebenso präparierte Schädel. Obwohl viele Eltern Schaffelle in die Wiege legen, sei das vorurteilsbehaftete Nutria auch dabei nicht beliebt.

Bartels würde die Felle gern für einen weiteren Nutzen abgeben, ebenso das Fleisch. Doch anders als in Bremen wollten Restaurants in Bremerhaven nicht mal testweise Nutria auf die Karte setzen. Er verkauft es über die Waldfleisch-App: „In der Zucht kostet das Kilo 36 Euro, so viel kostet es beim Jäger nicht“, sagt er.

Auf dem Grill benötigt die Nutriakeule sechs bis zehn Minuten: wie Geflügelkeule sollte das Fleisch durchgebraten sein. „Die Würzung ist Geschmacksache, Wildgewürz oder einfach nur Salz und Pfeffer“, sagt er.

Nutria vom Grill: Wie schmeckt es denn?

Bartels beschreibt es als „Top-Fleisch“: sehr zartes, kurzfaseriges, helles Fleisch, ganz zart. „Schmeckt nicht wie Hühnchen, nicht wie Kaninchen, es schmeckt wie eine Art für sich“, sagt er.

Im Onlinelexikon ist zu lesen: Nutriafleisch gilt als sehr schmackhaft, stand früher als „Biber“ – vom Beinamen Sumpfbiber abgeleitet – in Speisekarten.

„Das Fleisch der Nutria ist in Südamerika bei der einheimischen Bevölkerung geschätzt. Es ist sehr zart und wohlschmeckend, kommt geschmacklich dem Spanferkel gleich.“

Auf dem Teller der Reporterin liegen eine Wildwurst und zwei Stücke Nutriakeule, ausgelöst, eine gewürzt, eine pur.

Bei Wild kommt es aufs einzelne Tier an: Das unmarinierte ist sehr zart mit leichtem Wildgeschmack – das kommt mir als „Filet-Fan“ entgegen.

Das zweite ist sehnig und ein bisschen zäher. Nicht ganz mein Geschmack, aber wer Nackensteaks isst, dürfte nichts zu beanstanden haben. Die Wildwurst mit Nutria ist extrem lecker.

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